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INTERVIEW mit der eSportlerin "Ebru Önal" vom SV Wehen Wiesbaden

Ebru Önal - im eSport-Team des SV Wehen Wiesbaden. (Foto: SV Wehen Wiesbaden)

An dem Controller macht Ebru so schnell keiner etwas vor. (Foto: SV Wehen Wiesbaden)

Beim 1.FFC Montabaur gibt die feine Technikerin auch immer Vollgas. Durch Ihre Kreativität, Ballsicherheit und Technik wird Sie von allen Spielerinnen sehr geschätzt. (Foto: 1.FFC Montabaur)

Vor kurzem sprachen wir mit Ebru Önal vom 1.FFC Montabaur. Die 21-Jährige, die im Grenzgebiet Diez/Limburg wohnt, ist nicht nur auf dem grünen Rasen eine talentierte Fußballerin, sondern auch an der Konsole. Seit dem Sommer ist sie als eSportlerin beim SV Wehen Wiesbaden aktiv und gibt uns interessante Einblicke in die noch recht junge Sportart. Die sympathische und bodenständige junge Frau erzählt, wie ihr Alltag als eSportlerin aussieht, wie es um die Präsenz von Frauen in dem Bereich steht und welche Ziele sie in Zukunft anstrebt.

Wir wünschen Euch viel Spaß beim Lesen!

 

FLW24: Wie bist du überhaupt zum Fußball gekommen?

Ebru
: Die Begeisterung kam durch die WM 2006, danach wollte ich unbedingt selbst aktiv Fußball spielen. Ich habe meine Eltern so lange genervt, bis sie mich im Verein angemeldet haben. Mein erster Verein war dann der TuS Staffel.   

 

FLW24: Wo hast du anschließend gespielt und was waren deine bisherigen Vereine?

Ebru: Beim TuS Staffel habe ich insgesamt 6 Jahre bei den Jungs gespielt, von 2006 bis 2012. Danach bin ich für eine Saison zur MSG Altendiez gewechselt und seit 2013 spiele ich beim 1.FFC Montabaur. Mit der U17 haben wir sogar ein Jahr lang in der Juniorinnen-Bundesliga gespielt. Das war eine schöne Zeit und ich konnte viele Erfahrungen sammeln.

 

FLW24: Neben dem Fußball auf dem grünen Rasen bist du auch als eSportlerin aktiv. Wie bist du zum eSport gekommen? Hast du schon immer gerne gezockt?

Ebru: Ja, wir hatten zuhause immer eine Konsole, an der ich viel gezockt habe. Durch Fußball kam dann das Interesse an FIFA. Mein erstes PC-Spiel war FIFA06. Später habe ich eine PlayStation 2 bekommen und FIFA10 gespielt. Seitdem habe ich dann jedes Jahr die neue FIFA-Version gekauft. Da ich schon immer relativ gut war, hat es mir extrem viel Spaß gemacht. Gerade von 2010 bis 2013 habe ich viel gezockt, aber durch die fehlende Zeit hatte ich ab 2015 dann irgendwie keine Lust mehr und generell das Interesse am Zocken verloren. In der Phase, als ich pausiert habe, habe ich mich sogar gefragt, ob ich die Playstation verkaufen soll. Meine Begeisterung wurde letztes Jahr dann eher zufällig wieder geweckt, als die Nachbarskinder (12 und 13 Jahre alt) mich aufgefordert haben, mit ihnen etwas an der Playstation zu spielen. So kam wieder das Interesse an dieser Sache und ich habe den Spaß an FIFA wiedergefunden.

 

FLW24: Und wie ist dann dein Engagement beim SV Wehen Wiesbaden zustande gekommen?

Ebru: Vor allem durch Fabienne (FIFA Content Creatorin bei Fokus Clan) habe ich die Motivation gehabt, einen Schritt in die Öffentlichkeit bzw. in den eSport zu wagen. Daraufhin hat mich ein Freund entdeckt. Dieser hat mich dann weiterempfohlen an den SV Wehen Wiesbaden bzw. an Mocki (Sascha Mockenhaupt, Drittligaspieler vom SV Wehen Wiesbaden und Abteilungsleiter der eSport-Abteilung des Klubs) und meine jetzige Agentur.

 

FLW24: Wie sieht deine Tätigkeit beim SVWW genau aus?

Ebru: Ein typischer Tag beim eSport beim SVWW sieht so aus, dass ich bei Heimspielen ca. 2 Stunden vor dem Spieltag vor Ort in der eSport Area bin – dort wird dann einfach locker gezockt und man erklärt den Teilnehmern ein paar Skills und hat eine schöne Zeit. Danach wird das Spiel des SVWW gemeinsam angeschaut. Das habe ich bisher dreimal gemacht. Es ist alles ganz locker ohne Druck und einfach schön. Ansonsten spiele ich noch bei anderen Turnieren mit (z. B. DFB ePokal), bereite Videos vor und spiele und moderiere Frauenturniere.

 

FLW24: Was waren deine Beweggründe, beim SVWW im eSport mitzumachen? Willst du auch für mehr Sichtbarkeit von Frauen im eSport sorgen?

Ebru: Zum einen war der regionale Bezug ein Grund, warum ich mich für den SVWW entschieden habe und weil dort die Erfahrung mit einer Bundesliga-Mannschaft vorhanden ist. Zum anderen liegt hier auch ein Fokus auf der Förderung von Frauen.

 

FLW24: Du sprichst gerade die Förderung von Frauen in dem Bereich an. Wie war es am Anfang, die einzige Frau im Team zu sein? Haben dich deine Kollegen gut aufgenommen?

Ebru: Sie haben sich sehr über eine Frau im Team gefreut. Es war keinesfalls schwer, mich da einzufinden. Beim SVWW werde ich von allen Personen mehr als wertgeschätzt. Man merkt deutlich, dass dort der Fokus auf Frauenförderung liegt.

 

FLW24: Dass Mädchen bzw. Frauen Fußball spielen, ist ja heutzutage Normalität und keine besondere Sache mehr. Im eSport sieht es aber noch anders aus, gerade auf professionellerer Ebene gibt es nur sehr wenige weibliche E-Sportlerinnen. Musst du dich dort bei deinen männlichen Kollegen und Gegnern besonders "beweisen" und gegen Widerstände kämpfen?

Ebru: Am Anfang muss man sich als Frau besonders durchsetzen, da man meist belächelt wird und viele es gar nicht wahrnehmen, dass es einige Frauen gibt, die auch sehr gut sind. Ich musste mir anfangs auch einige Kommentare anhören. Aber unter Mitspielern bzw. Gegnern ist es sehr respektvoll.

 

FLW24: Und gibt es auch weibliche Vorbilder, an denen du dich orientierst?

Ebru: Für mich ist Fabienne, die ich eben schon erwähnt habe, ein Vorbild. Sie ist mittlerweile eine echte eSport-Größe und ist auch eher auf Content aus und möchte gar nicht unbedingt in den Profibereich vordringen.

 

FLW24: Was tut ihr beim SVWW, um noch mehr Frauen in euer eSport-Team zu holen? Gibt es besondere Aktionen oder Turniere, um gezielt Mädchen und Frauen anzusprechen?

Ebru: Es gibt spezielle FIFA-Frauenturniere, bei denen nur Mädels mitmachen dürfen. Ich habe mir auch für mich selbst vorgenommen, Mädchen, die ich in meiner Community finde, beim Einstieg in den Bereich zu helfen. Ich bekomme von meinen (weiblichen) Fans oft zu hören, dass sie gerne so sein möchten wie ich. Deshalb möchte ich sie auch fördern, verbessern und mein Wissen übertragen.

 

FLW24: Hast du den Eindruck, dass mittlerweile mehr Mädels an der Konsole zocken oder ist das immer noch eher eine typische Jungs-Sache? Wie ist das in deinem Freundes-/Bekanntenkreis und in deiner Mannschaft?

Ebru: Es gibt immer mehr Frauen, die zocken. Aber viele trauen sich nicht, sich auch zu zeigen. Aber durch die Präsenz einiger eSportlerinnen wie Fabienne oder mir ist es besser geworden und die Mädels trauen sich mehr. Man findet immer mehr Frauen, die sich auch öffentlich zeigen. In meiner Mannschaft gibt es leider keine, die auch im eSport mitmischt. Es gibt eine, die ganz gut mit dem Spiel umgehen kann, da sie als kleines Kind viel FIFA gespielt hat, aber nur aus Spaß.

 

FLW24: Du hast in der Jugend bereits in der Juniorinnen-Bundesliga gespielt und mit der 1. Mannschaft des 1.FFC Montabaur in der Regionalliga. Aktuell spielst du in der 2. Mannschaft in der Bezirksliga. Was sind dort deine sportlichen Ziele? Willst du dich in Zukunft eher auf den "realen" Sport konzentrieren oder willst du mehr in Richtung eSport gehen?

Ebru: Ich möchte eher in Richtung eSport gehen, da ich das zu meinem Beruf machen kann. Den "realen" Fußball möchte ich trotzdem nicht vernachlässigen und mit meiner Mannschaft die Meisterschaft holen.

 

FLW24: Und was sind deine sportlichen Ziele im Bereich eSport?

Ebru: Mein Ziel ist es, spielerisch ein sehr hohes Niveau zu erreichen. Außerdem will ich mein Hobby zum Beruf machen und dabei den Spaß an der Sache aber nicht verlieren. Aktuell probiere ich auch die Qualifikation für die virtuelle Bundesliga. Ich sehe mich aber eher als Content Creator denn als eSport-Profi. Darauf liegt momentan mein Fokus und das soll in Zukunft auch so bleiben.

 

FLW24: Wie sieht dein Alltag als eSportlerin aus? Was machst du sonst noch beruflich und ist der aktive Sport ein guter Ausgleich?

Ebru: Ich studiere in Koblenz BWL, mache aber momentan Pause mit dem Studium. Mein Alltag sieht daher so aus, dass ich morgens spazieren gehe und den Haushalt mache. Danach fange ich direkt an, Videos für meine Social-Media-Kanäle zu machen. Gegen Mittag fange ich an, auf Twitch zu streamen, wo aktuell mein Hauptfokus liegt. Wenn ich an dem Tag Training habe, muss ich früher aufhören. Die Tage sind meist sehr stressig, aber dafür tut der Sport natürlich sehr gut und ist ein super Ausgleich. Vor allem, da ich meist vor dem Bildschirm sitze.
 

FLW24: Was muss man deiner Meinung nach tun, um im eSport erfolgreich zu sein?

Ebru: Vor allem muss man viel spielen, um gut zu werden und um sich einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. Wichtig sind auch Coachings. Durch den aktiven Fußball im Verein kann man auch viele Aspekte auf den eSport übertragen, wie zum Beispiel Antizipation. Die meisten guten eSportler*innen kommen auch aus dem aktiven Bereich und haben so das Wissen auf den eSport übertragen.

 

FLW24: Wie oft trainierst du an der Konsole bzw. auf dem Platz? Wie hoch ist dein Pensum?

Ebru: Beim FIFA-Training ist es mir selbst überlassen, ob und wie viel ich mache. Aktuell mache ich das 1 Mal die Woche. Fußball spiele ich 2-3 Mal pro Woche.

 

FLW24: Und welche Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede siehst du zwischen dem Fußball auf dem Platz und dem Fußball an der Konsole?

Ebru: Ein Unterschied ist, dass man an der Konsole als Frau auch mit den Männern mithalten kann, hier gibt es keine physischen Unterschiede wie im Fußball. Außerdem ist man an der Konsole auf sich allein gestellt. Andererseits kann man das Gelernte auf dem Feld super auf die Konsole übertragen.

 

FLW24: Welche Teams oder Spieler stehen im eSport eigentlich an der Spitze?

Ebru: Gute professionelle Teams im eSport-Bereich sind meiner Meinung nach Leipzig und Leverkusen.

Der Däne Anders ist aktuell das Übertalent bei RB Leipzig im eSport – er war letztes Jahr mit ca. 530 Spielen ungeschlagen. Er ist erst 15 Jahre alt und auch eine Art Vorbild für einige eSportler.

 

FLW24: Zum Abschluss noch eine letzte Frage: Was macht dir mehr Spaß – selbst kicken oder zocken?

Ebru: Wenn es allein ums Spiel geht, dann manchmal schon eher Fußball, da einen FIFA auch ab und zu mal schnell aggressiv macht. Aber alles um FIFA herum macht mir aktuell extrem viel Spaß, wie die Interaktion mit der Community. Vor allem jetzt im Winter macht mir FIFA mehr Spaß als Fußball.

 

Wir bedanken uns bei der super sympathischen und bodenständigen jungen Frau und wünschen Ihr für Ihren weiteren Verlauf alles Liebe und Gute, viel Erfolg auf allen Ebenen sowie natürlich viel Gesundheit und Zufriedenheit. Bleib so wie Du bist !!!

FLW24 - Team