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WM-Tagebuch Teil 1: „Einer muss der August sein“.

Jetzt haben alle Teams Ihren ersten Auftritt hinter sich und wie in der ersten Runde beim DFB-Pokal gilt: „Einer muss der August sein“.

Das „Leverkusen“ dieser WM heisst für mich eindeutig Argentinien.

Nach einem frühen Führungstor verpassten die „Gauchos“ den Sack zuzumachen und der krasse Außenseiter Saudi-Arabien konnte das Spiel mit einem Doppelpack in der 2. Hälfte drehen.

Wenn ich die Frage beantworten muss, welches Team mich in dieser ersten Runde am meisten begeistert hat, muss ich zunächst relativieren und sagen, dass ich nicht alle Spiele gesehen habe.

Ich genieße zwar das „Privileg der freien Zeiteinteilung“, aber die Arbeit auf dem Schreibtisch muss trotzdem gemacht werden, notfalls nachts um drei.

Am meisten beeindruckt hat mich der Auftritt der kanadischen Mannschaft, die über weite Strecken das Spiel gegen den „ewigen Geheimfavoriten Belgien“ beherrschte und dann nur mit viel Pech am Ende mit leeren Händen dastand.

Das Tor der Woche war auch gleichzeitig das letzte und der Abschluss dieses ersten Spieltags. Der Brasilianer Richarlison sorgte mit einem fussballerischen Leckerbissen für die Entscheidung im Spiel gegen Serbien.

Die Brasilianer sind für mich nach diesem Auftritt der Top-Favorit auf den Titel, aber das Turnier ist noch lang und „einmal schwächeln“ kann – insbesondere in den K.O. Spielen dann doch für eine plötzliche und unerwartete Heimreise sorgen.

Ansonsten waren die Europäer der große Gewinner der ersten Runde. Außer Serbien (gegen Brasilien kann man verlieren) steht nur die deutsche Mannschaft mit leeren Händen da.

Wenig überrascht hat mich dagegen der schwache Auftritt der Heim-Mannschaft. Für mich haben die Kataris höchstens Drittliga-Niveau und werden in allen drei Spielen als Kanonenfutter durchgereicht werden. Insofern ist es auch für mich kaum nachvollziehbar, dass eine solche „Gurkentruppe“ – auch wenn Sie Ausrichter sind - bei der Auslosung auch noch als Gruppenkopf gesetzt wird. Die Gruppe A besteht im Prinzip nur aus drei Mannschaften.

Das ist neben der ganzen „LGBTQueer“ – Diskussion auch ein gewichtiges sportliches Argument, was dagegen spricht die WM in ein fussballerisches „Entwicklungsland“ zu vergeben.

Am heutigen Freitag eine Niederlage gegen den Senegal und bei einem gleichzeitigen Unentschieden zwischen Holland und Equador würde bereits nach fünf Tagen das Ausscheiden der Gastgeber besiegeln und man könnte sich in Doha wieder auf die Kamelrennen konzentrieren. Ansonsten bestehen gute Chancen, dass sich die deutsche Mannschaft dann am Sonntag den Titel „first team eliminated“ sichert.

Dabei hatte es gegen Japan gar nicht so schlecht angefangen.

Aber genau wie Argentinien verpasste es „die Mannschaft“ nach der 1:0 Führung diese auf 2:0 auszubauen, dann wäre die Messe gelesen gewesen. So kamen die Männer aus dem „Land der Sushis“ (Zitat: Jörg Dahlmann) durch teilweise gravierende Abwehrschnitzer zurück ins Spiel und konnten die Partie drehen.

Durch den gleichzeitigen Kantersieg von Spanien gegen Costa Rica befinden wir uns in einer noch schlechteren Ausgangsposition als 2018 in Russland nach dem ersten Spiel. Da man davon ausgehen kann, dass Japan gegen Costa Rica nichts anbrennen lässt, würde ein Unentschieden gegen Spanien praktisch das frühe „WM-Aus“ bedeuten, da bei Punktgleichheit nicht der direkte Vergleich, sondern das Torverhältnis zählt.

Meine beiden „Dortmunder Freunde“ möchte ich am Sonntag jedenfalls nicht mehr auf dem Platz, sondern auf der Bank sehen. Und die Auswechslung von Musiala war für mich auch nicht nachvollziehbar.

Aber wen interessiert das überhaupt ? Wahrscheinlich wird dann die wichtigste Frage sein, ob der Flieger, mit dem sie dann zurück nach Frankfurt fliegen, in den Regenbogenfarben lackiert ist.

Mir geht diese ganze Diskussion jedenfalls tierisch auf den Zeiger und jeder hat sich so gut blamiert, wie er kann.

Wenn wir uns jetzt nicht schleunigst auf den Fussball konzentrieren, heisst es am Sonntag abend „Abflug“.

Die ganzen „drumherum-Probleme“ müssen nach dieser WM endlich angepackt werden, nachdem dieses 12 Jahre vor dieser WM versäumt wurde.

Aus meiner Sicht macht die FIFA weiterhin was Sie will und das Thema bekommen wir nur geregelt, wenn die 50 größten Verbände sagen: „Wir spielen nicht mehr mit und gründen unseren eigenen Verein.“

Wenn dann noch Burkina Faso, Burundi und der Süd-Sudan übrig bleiben, gibt es für Herrn Infantino künftig auf Dienstreisen Reisbrei und stilles Wasser und ein Dreibett-Zimmer im Youth-Hostel. Dann wird der „Glatze“ das Dauergrinsen ganz schnell vergehen.

Mein Dank gilt den Kameraleuten in aller Welt – ich habe ihn diese Woche nicht oft gesehen.