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KOLUMNE: Wo Champions League und C-Liga auf Augenhöhe sind

FLW24-Kolumnist Claus Coester. (Foto: CC)

Realstars lassen sich nach dem Sieg über PSG in die Seele schauen


Wunderbar – da hat einer sein Handy genommen und ist in die Innereien des Estadio Santiago Bernabeu eingedrungen. Was passiert eigentlich, wenn nach einem großartigen Spiel von 22 Fußballartisten die Sieger den langen Weg in die Kabinen und Ermüdungsbecken zurücklegen? Die Triumphatoren des spanischen Weltklubs, der den wohl magischsten Namen aller Fußballvereine trägt, hatten gerade das Starensemble PSG aus der französischen Hauptstadt auf die Plätze verwiesen.

Vor mehr als einem Jahrzehnt zu Zeiten eines Zinèdine Zidane hat jemand den Begriff vom „Weißen Ballett“ erfunden. „Weißes Ballett in den Kabinen“ könnte der Streifen heißen. Das Filmdokument hat einen Preis verdient. Ohne Drehbuch und Regisseur werden Multimillionäre ganz menschliche emotionale Wesen. Sie freuen sich wie die kleinen Burschen, die gerade den Kreispokal gewonnen haben. Vergessen hatten alle in den Katakomben von Bernabeu ihre dicken Konten und ließen ihren Emotionen freien Lauf. Richtig sympathisch! Anrührend! Nicht anders geht es nach einem besonderen Sieg auf dem Dorfsportplatz zu.

Könige gab es an diesem zauberhaften Abend in Madrid eine ganze Reihe. Man könnte sich darüber streiten, wer zu den Größten gehörte. Karim Benzema hatte sich durch seinen Dreierpack selbst die Krone aufgesetzt. Das wird keiner bezweifeln. Aber den Weg dahin hat ihm ein unscheinbarer, schmächtiger Fußballer geebnet, der vor 36 Jahren das Licht im kroatischen Zadar erblickte. Als ich den kleinen Luca vor mehr als 10 Jahren im alten Tottenham Stadion an der White Hart Lane zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich „Nanu? Was ist das denn für einer?“ Diese Weltkarriere hätte ich ihm nicht zugetraut. So kann man sich gewaltig irren. Seit 10 Jahren schwingt er bei den Madrilenen den Taktstock. Was ist der nur 172 Zentimeter große Bursche doch für ein unverwüstliches Energiebündel! Luca Modric war der eigentliche König in der rauschenden Ballnacht von Madrid. Die Vorbereitung zum dritten Treffer – da stockt einem der Atem.

Nach dem Schlusspfiff ging es in die Kabinen zum Film, der keinen Regisseur brauchte. Man kann dem heimlichen Kameramann nur gratulieren. Da waren die Multimillionäre ganz menschlich. Einer wie du und ich. Kein Gedanke an fette Geldpolster. Ungewollt hatte Luca Modric auch hier die Hauptrolle übernommen. Alle seine Mitspieler spürten das. Am Ende saß der kleine Große ganz versunken in sich selbst. Sicher wusste er, dass es für Real und speziell für ihn ein ganz besonderer Abend war.