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Bemüht Euch endlich um die Zukunft des Fußballs

flw24-Kolumnist Schorsch Horz.

02.09.2018, der Ball rollt seit Wochen wieder. Die Sommerpause ist vorbei, von den Qualifikationen für Europäische Wettwerbe über die Bundesligen bis hin zu den untersten Amateurklassen wird wieder gekickt und dafür sorgt, dass die WM 2018 in Russland immer mehr in Vergessenheit gerät. Nur die Granden Grindel, Bierhoff und Löw sorgen in Pressekonferenzen noch für Verzögerungen. Ganz konnte ich mich den bescheuerten Aussagen nicht entziehen, weil auch jede Nachrichtensendung die Statements der Herren eine kleine Einspielung wert waren. Schockiert war ich über die Löw-Aussage, er hätte den Ballbesitzfußball perfektionieren wollen. Stinklangweiligen Fußball perfektionieren? Geht’s noch. Hoffentlich setzt sich die FIFA mit ihrer Forderung nach ausschließlich Kunstrasenplätzen nicht durch. Es war interessanter, dem Gras beim Wachsen zu zusehen als dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft. Dies fiele bei einem Kunstrasen auch noch flach.      
                                                                                                                                            
Dies soll hier aber nicht mein Thema sein. Von den meisten Kickern unbeobachtet, hat auch der Jugendspielbetrieb wieder begonnen, ab dem 06.08.2018 steht für kleine Hessen und Hessinnen die mehr oder weniger geliebte Schulbank wieder an. Das Positive am Beginn des Schuljahres ist regelmäßiger Trainingsbetrieb und Spiele gegen Altersgenossen aus dem Kreis oder dem Bezirk. Meine 2 Agenten Felix und Lucas, heute 23 und 25 Jahre alt, haben bei den Minis mit dem Kicken angefangen, sie sind schuld, dass mein Herz besonders am Jugendfußball hängt und auch über ihre Jugendzeit hinaus hängengeblieben ist. Dort sehe ich die Fußballspiele, die mich am Besten unterhalten. Ich war Jugendleiter und Betreuer und durfte beim DFB-Stützpunkt Limburg-Weilburg lange Jahre den nachrückenden Nachwuchs sichten. Als Schiedsrichter habe ich in dieser Saison bereits einige Jugendspiele leiten dürfen.

In Vorbereitung auf diese Kolumne habe ich den Jugendfußball im Kreis Limburg-Weilburg mal unter die Lupe genommen. Bei den A-Junioren spielt keine Mannschaft im Verband, der letzte heimische Vertreter hat in der Saison 17/18 kampflos geschenkt. 5 Mannschaften in der überregionalen Gruppenliga hören sich gut an, darunter im Kreis mit 13 Mannschaften beginnt die Flaute.

Bei den B-Junioren spielen Dietkirchen / Offheim in der Verbands- und Hintertaunus und der VfR 07 Limburg in der Gruppenliga. Ob es im Kreis bei den 14 Vereinen bleibt, halte ich für ausgeschlossen, es gibt einen Verein, der schon einmal nicht angetreten ist, nach wenigen Spielen gab es auch schon 2 zweistellige Ergebnisse. Erfahrungsgemäß streichen solche Mannschaften während der Saison auch schon mal die Segel.                                                   

Bei den C-Junioren spielen der JFV Dietkirchen / Offheim im Verband und der VfR 07 Limburg in der Gruppenliga, der 13 Mannschaften angehören. Dotzheim musste in einem Spiel mit 18 zu 0 die Segel streichen, würde die Mannschaft die Saison zu Ende spielen, hätte die Spieler und Verantwortlichen meinen Respekt. Die Zahl der Mannschaften, die sich um den Kreismeister streiten, ist gegenüber früheren Jahren auch überschaubarer geworden.                                                                                                               
Nicht viel besser sieht es bei den D-Junioren aus. Eine Verbandsliga gibt es nicht, JFV Dietkirchen / Offheim und der VfR 07 Limburg vertreten den Kreis in der Gruppenliga. 34 Mannschaften bei der D/9 und 8 Teams bei der D/7 wollen Kreismeister werden.               

"Der Jugendfußball wird kaum beachtet und erst recht nicht gefördert"

Mein Freund Rüdiger Schmid aus Heringen ist Klassenleiter der E-Junioren. Auf dem Daaberner Markt an der Theke berichtete er mir von 15 Mannschaften weniger gegenüber der Vorsaison. Hier will ich es genug sein lassen, die Zahlen bei den F-Junioren und den Minis werden nicht besser sein/im geschilderten Trend liegen, mehr Frust kann ich nicht ertragen.           

Warum habe ich die Zahlen hier mal gelistet? Ich bezweifle, dass den meisten Vereinsfunktionären und den Mitgliedern die Situation, die ich als dramatisch bezeichne, weil die Vereine und somit der Fußball in den nächsten Jahren in ihrer Existenz bedroht werden, überhaupt bewusst ist. Seniorenfußball hier und da, oben und unten, links und rechts, vorne und hinten, Seniorenfußball über alles. Der Jugendfußball wird kaum beachtet und erst recht nicht gefördert, zumindest in der Masse nicht.

Bei der Suche nach den Gründen des Abwärtstrends kommt man am demografischen Wandel nicht vorbei. 2015 habe ich einen Versuch eines Jugendfördervereins Goldener Grund (von Niederbrechen bis Bad Camberg Stadt) gestartet und Zahlen der männlichen Kinder und Jugendliche bei den Kommunen besorgt. Die Zahl der von 1996 bis 2004 geborenen Jungs reduzierte sich für die Jahrgänge 2005 bis 2014 auf 60 Prozent.

Schon damals fiel auf, dass weniger als 50 % der D-Junioren irgendwann in den A-Junioren ankommen. Und von den Ältesten gehen bestimmt nicht alle zu den Senioren. Auch dort ist es in den letzten Jahren zu massiven Einbußen gekommen, dies lässt sich an mehr Spielgemeinschaften festmachen. Aber es gibt ja genug Legionäre, die heute hier und morgen für einen Euro mehr beim nächsten Verein spielen. Eine Mannschaft ohne ein einziges heimisches Gesicht – nicht nur eine Katastrophe, auch der Anfang vom Ende.                                                                                                        

Seit Jahren wäre es an der Zeit, sich den Problemen mal anzunehmen. Leider muss hier bei Vereinsfunktionären, Trainern/Betreuern und auch bei Verbandsfunktionären absolute Fehlanzeige vermeldet werden, alles ist gut. Wer sich Gedanken um die Zukunft des Fußballs und der Vereine macht und negative Entwicklungen aufzeigt, steht schnell als Querulant am Pranger.

Ich habe selbst höherklassig gespielt und war froh, dass meine Söhne bei Vereinen außerhalb unseres Wohnortes Eisenbach Möglichkeiten gefunden haben, sich fußballerisch entwickeln und ausleben zu können. Vor der Saison haben zahlreiche Vereine, deren Jugendmannschaften Kreisauswahlcharakter haben, Sichtungseinheiten angeboten, ich fand das stark übertrieben. In jedem Falle hat es die kleinen Vereine an der Basis noch weiter geschwächt, gute Spieler haben Zugpferdcharakter.                            

"Engagiert Euch gefälligst"

Die Gründung der Verbandsligen von der A bis zur C war ein Affront gegen die kleinen Vereine und hat den Spielbetrieb im Kreis weiter ausgedünnt. Was bei Jugendmannschaften mitunter als Trainer / Betreuer an der Linie steht, verursacht Kopfschütteln. Warum dem Seniorentrainer nicht mal 200 oder 300 Euro weniger zahlen und dieses Geld in qualifizierte Jugendtrainer und somit in die Zukunft investieren? Seniorenspielern möchte ich sagen: viele von Euch werden irgendwann auch mal Väter, möglicherweise von fußballbegeisterten Söhnen. Dass die dann auch eine Möglichkeit haben, in ihrem Ort kicken zu können, liegt auch in Eurer Verantwortung. Engagiert Euch gefälligst.                                                                                                                                                    
Ein Jugendtrainer im Südkreis wechselte selbst bei einer 22:0-Führung seine etwas schwächeren Spieler nicht ein, das Endergebnis 23:0 wird ihn und seine Mannschaft immens weiterbringen.

Wie wäre es bei Jugendspielen mit einer 3. Halbzeit, wenn die Ersatzbänke gut besetzt sind? Das Ergebnis zählt nach der 2. Halbzeit, in der dritten Halbzeit kriegen die Kinder Spielmöglichkeit, die in den beiden ersten Hälften wenig oder nicht gespielt haben. Sie bleiben dann vielleicht auch bei der Stange. Das Kind, das 5 mal aufgestellt war und keine 5 Minuten gespielt hat, hat mein Verständnis, wenn es „und tschüss“ sagt.                 

Jugendspieler von den C- bis zu den A-Junioren sollten, um ausreichend gefordert und gefördert zu werden, mindestens 25 Spiele, eher noch mehr, in der Saison haben. Wenn der eigene Kreis nicht die entsprechende Zahl der Mannschaften hergibt, warum schaut man sich nicht mal in benachbarten Kreisen um, es gibt ja auch den Schiedsrichteraustausch.    

Wer glaubt, Kinder könnten nicht vom Computer weggelockt werden, wird spätestens dann eines Besseren belehrt, wenn der Platzwart endlich den Sportplatz aufschließt. Zur Qualität des heutigen Fußballs möchte ich mich nicht äußern, wieder mehr Straßenfußballer wären bestimmt nicht von Nachteil.

Eigentlich bin ich noch nicht fertig. Aber, Schiedsrichteransetzer Wolfgang Sontowski hat angerufen. Bei dem Spiel der D/7-Junioren TUS Staffel gegen die JSG Wirbelau / Schupbach / Heckholzhausen ist der angesetzte Schiedsrichter krank geworden. Ich muss hin, ich will meinen Beitrag zum Erhalt des Fußballs und der Vereine leisten. Ich hoffe, Ihr auch.

Bis bald auf einem Sportplatz 

Schorsch Horz