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Alexander Schraut: Trainer mit Herz und Leidenschaft

An der Seitenlinie bei der TSG Oberbrechen. (Foto: privat)

Bei einer sportwissenschaftlichen Testung. (Foto: privat)

Coaching bei den Eisbachtaler Sportfreunden. (Foto: privat)

Glückwünsche von Marc Schilling. (Foto: Andreas Egenolf)

Jubelszene nach dem Pokalgewinn. (Foto: Andreas Egenolf)

Nach Jubeltraube Rheinlandpokal. (Foto: Andreas Egenolf)

Freudestrahlend nach dem Doublesieg mit Rheinland-Pokal. (Foto: privat)

Alex mit "seinen" Jungs von den Eisbachtaler Sportfreunden. (Foto: Andreas Egenolf)

Alexander Schraut ist vielen im FLW-Land als langjähriger Hessenliga-Spieler des SV RW Hadamar bekannt und seit einigen Jahren auch als Trainer bei der 1. Mannschaft der TSG Oberbrechen. Der 30-jährige übt seine Trainertätigkeit mit maximaler Leidenschaft aus – das sieht man auch daran, dass er in der letzten Saison bei der U19 der Eisbachtaler Sportfreunde, bei der TSG Oberbrechen und dem DFB-Stützpunkt drei verschiedene Trainerämter ausfüllte und alle Hände voll zu tun hatte. Klar, dass er sich in der Sommerpause jetzt erstmal im wohlverdienten Urlaub befindet und Kraft tankt für die neue Spielzeit. Denn auch in der neuen Saison hat Alex wieder ehrgeizige Ziele und macht keinen Hehl daraus, dass er sich langfristig das Ziel gesetzt hat, im Profifußball zu arbeiten.

 

Oberbrechen, Eisbachtal, DFB – wie Alex mit der Dreifachbelastung umgeht

Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit im Profifußball sind neben der fachlichen Expertise unter anderem mentale Stärke und Resilienz. Diese musste Alex im Verlauf der letzten Saison immer wieder beweisen. Ihm sei im Vorfeld natürlich bewusst gewesen, dass dieses Jahr eine enorme Herausforderung für ihn wird und tatsächlich kam er auch an der ein oder anderen Stelle an seine Grenzen. „Aber genau diese Phasen treiben mich an, weil ich weiß, dass sie Zündstoff für den Entwicklungsprozess und am Ende notwendig für Erfolge sind.“ Alex schaffte es, auch in schwierigen Phasen die Weitsicht zu behalten und gegenüber seinen Spielern Ruhe auszustrahlen. Dies gelang ihm vor allem dank seiner Struktur und akribischen Organisation, denn „eine Saison mit wöchentlich ca. 70 Spieler unterschiedlichen Alters, 7 Trainingseinheiten unter der Woche und 2 Spielen an jedem Wochenende verlangt viel Disziplin und vollen Fokus.“ Kompliziert wird die Sache auch dadurch, dass Trainingsinhalte und Ansprachen in den unterschiedlichen Altersstrukturen von U12 bis zum 34-jährigen Seniorenspieler immer individuell angepasst werden müssen.

Die Zeit für die Trainings- und Spielvorbereitung kann sich Alex auch deshalb nehmen, weil ihn sein Arbeitgeber in vollem Maße unterstützt. „In meinem Hauptjob arbeitete ich gezielt in Teilzeit als Sportwissenschaftler in der Sporttherapie im Rehazentrum Meuser von morgens bis mittags und habe anschließend Zeit für Vorbereitungen, Videoanalysen oder andere Tätigkeiten.“ Doch damit nicht genug – um seinem Ziel, eines Tages hauptamtlich im Profifußball tätig zu sein, näher zu kommen, absolvierte Alex parallel dazu seit November 2022 das 7-monatige Zertifikatsstudium „Spielanalyst im professionellen Fußball“ in Köln. „Freie Tage waren demnach an zwei Händen abzählbar, die Intensität maximal hoch und die Lernkurve umso steiler.“

 

Der Reiz des Trainerjobs – Potentiale entfalten, Abwechslung, Intensität und zwischenmenschliche Interaktion

Die Leidenschaft und Motivation für den Trainerberuf sind bei Alex weiterhin ungebrochen. Der Reiz dieser Tätigkeit entstand bei ihm aus seiner eigenen aktiven Laufbahn. „Ich selbst habe in der Jugend von der U13 bis zur U19 7 Jahre lang in drei verschiedenen Nachwuchsleistungszentren in Deutschland und im Anschluss 7 Jahre lang in der Hessenliga einiges erlebt. Ich will für meine Spieler eine maximale Hilfe sein, wie ich sie damals gebraucht hätte, um evtl. noch einen Schritt weiterzukommen. Meine Leidenschaft liegt darin, Potentiale von Spielern zu aktivieren und ihnen bestmöglich zu helfen, ihre eigenen Ziele und letztendlich Mannschaftsziele zu erreichen. Dabei liebe ich die Intensität auf und neben dem Platz und die zwischenmenschliche Interaktion auf hohem sportlichem Niveau.“

Interessant ist für ihn der Trainerjob auch, weil er so abwechslungsreich ist. Gerade in der letzten Saison, als er drei Mannschaften verschiedener Altersstrukturen trainierte, wurde das sehr deutlich: „In aller erster Linie sind unterschiedliche Arten der Kommunikation notwendig und Empathie entscheidend, um die Spieler jeweils in den verschiedenen Altersstufen zu erreichen, wobei ein authentisches Auftreten die Basis ist. Junge und herangehende Erwachsene in einer leistungsorientierten A-Jugend müssen nicht nur sportlich maximal entwickelt werden, sondern müssen auch lernen, kommunikative und organisatorische Hürden zu bewältigen, um für den Seniorenbereich, aber auch für das Erwachsenenleben vorbereitet zu werden. Ein gesundes Maß an Disziplin, immer wieder neue fordernde Inhalte mit offenen Aufgabenstellungen und gezielt wiederkehrende Abläufe geben den Spielern Raum für Entwicklung ihrer Handlungsfähigkeit und Sicherheit in ihrem Rhythmus.“ Während Alex in der U19 gemeinsam mit den Spielern Inhalte erarbeitet, viel Kreativität fordert und mehr taktische Hintergründe erläutert, gibt er seinen Seniorenspielern etwas striktere, aber nicht weniger fordernde Vorgaben. „Sie sind in ihrem Auftreten konstanter und gefestigter, weshalb man sie als Trainer anders coachen und stellenweise direkter anpacken kann“, sagt er. Wieder abweichend sei es bei den talentierten Kindern im Stützpunkt: „Sie brauchen eine vielfältige und hochfrequentierte Entwicklungsförderung ihrer motorischen Fähigkeiten und in den Entscheidungsprozessen auf dem Platz. Die Kreativität ist in dieser Gruppe enorm hoch und muss gefördert werden. Die Konsequenz in den Entscheidungsprozessen fehlt hier aber oft, weil teilweise auch basistechnische Fähigkeiten noch nicht vorhanden sind. Diese müssen hier ebenfalls im Kern noch antrainiert werden, während sie in der U19 auf diesem Niveau weitestgehend Voraussetzung sind“, erklärt Alex die Unterschiede. Grundsätzlich möchte er aber allen jungen Spielern auf ihrem Weg folgendes mitgeben: „Vertraut euren Trainern, bleibt euch treu und hört nie auf, mutige Entscheidungen zu treffen, egal ob auf oder neben dem Platz. Es geht in diesem Alter um das Lernen, Widerstände zu bewältigen und nicht bei kleinsten Unbequemlichkeiten den Weg des geringsten Widerstands zu wählen.“

 

Etwas weniger abwechslungsreich, was die Trainingsarbeit angeht, aber nicht weniger herausfordernd und spannend wird für Alex die nächste Saison. Seine Trainertätigkeit in Oberbrechen endete in diesem Sommer, sodass er seinen Fokus in der neuen Spielzeit „voll auf meine Jungs in der U19 und weiterhin auf die Talentförderung des DFB“ legen wird. Seine erste Trainerstation bei der TSG war für ihn aber nicht nur sportlich ein sehr erfolgreicher Einstieg, sondern auch auf zwischenmenschlicher Ebene: „Ich habe tolle Menschen kennengelernt, mit denen ich auch darüber hinaus vertrauensvoll in Kontakt bleiben werde“, sagt er. Ob er sich mittelfristig eher im Senioren- oder Juniorenbereich sieht, „wird sich zeigen. Die Identifikation mit der Sache ist für mich dabei immer entscheidend. Vorstellbar ist grundsätzlich Beides.“

 

„Powerfußball mit Herz und Kopf“ – Der Spielstil von Alex‘ Mannschaften

Ob Senioren- oder Juniorenfußball – auch, was den Stil und die Ausrichtung seiner Mannschaften angeht, hat Alex klare Vorstellungen: „‘Powerfußball mit Herz und Kopf‘ heißt unsere Spielvision, von der wir alle unsere Spielprinzipien – also Handlungsleitplanken, die immer gelten – ableiten. Unter dem Strich stehen wir kurz erklärt für hohes Tempo durch variables Positionsspiel in Ballbesitz („Powerfußball“), frühe, aber kontrollierte Ballgewinne, schnelles und mutiges offensives Umschaltverhalten zum Tor („Herz“) und ein situationsbedingtes adaptiertes Verhalten nach Ballverlusten („Kopf“). Ungeachtet des Ergebnisses legen wir diese „Schablone“ über unsere Spiele und wollten uns auf dieser gemeinsamen Ebene messen und entwickeln.“ Die wesentliche Richtung des Spielstils seiner Mannschaften gibt Alex vor, allerdings lassen er und sein Trainerteam anfangs der Saison bewusst offenen Raum für die Spieler, um sich darin interaktiv mit einzubringen. „Nur wenn eine gemeinsame sportliche Art und Weise auf die Beine gestellt wird, entstehen Identifikation und die nötige Tiefe im Spielstil. Am Ende ist Fußball eine situative Sportart und ein Players Game, kein Coaches Game, bei dem die Spieler die Entscheidungen auf dem Platz treffen und nicht die Trainer mit dem Controller und Megafon in der Hand am Platzrand.“

 

Herausforderungen in der neuen Saison mit Regionalliga und DFB-Pokal

In der kommenden Saison tritt Alex mit den U19-Junioren der Eisbachtaler Sportfreunde in der Regionalliga und dem DFB-Pokal an, „was uns sicher alles abverlangen wird.“ Den Grundstein, um auch in der höheren Spielklasse zu bestehen, hat Alex mit seinen Jungs in der sehr erfolgreichen letzten Saison schon gelegt, als mit dem Gewinn der Rheinlandmeisterschaft und dem Rheinlandpokal das „Double“ perfekt gemacht wurde. Bedeutender als diese materiellen Erfolge, die Alex als „schöne Nebeneffekte“ beschreibt, waren für ihn aber die Entwicklungsverläufe jedes einzelnen Spielers. „Fünf von sechs Spielern des älteren Jahrgangs sind in die 1. Mannschaft übernommen worden. Jeremie Niklaus hat es sogar einen Schritt näher zum Profifußball, zu Hannover 96, geschafft. Alle anderen Spieler des jüngeren Jahrgangs aus 2022/23 sind taktisch, technisch und mental schon sehr gefestigt. Sie sind gewappnet für die bevorstehende Regionalliga Saison und die historische Runde im Junioren-DFB-Pokal.“ Die beiden Titel sieht Alex für sich und jeden daran Beteiligten als eine totale Bestätigung ihrer Arbeit: „Das gezeigte Vertrauen ineinander hat sich ausgezahlt. Als die Jungs den zweiten Pokal in die Luft rissen, hatte ich schon etwas wässrige Augen und vieles aus dem Jahr hat sich gelöst.“

Das Ziel für die neue Saison lautet, wieder ein Trainer-/Betreuerteam und einen 28er-Kader auf einem Sockel zu führen, auf dem das Team sportlich maximal gefordert wird, und sich in der Regionalliga tabellarisch möglichst auf einem einstelligen Tabellenplatz zu etablieren und wieder viele Spieler auf die nächste Ebene zu bringen. Persönlich hat sich Alex die nächste Lizenzstufe, für die er sich bereits qualifiziert hat, zum Ziel gesetzt. Mittelfristig möchte er seine sportlichen Hintergründe und Kompetenzen auf maximaler Ebene weiter vorantreiben. „Mittel- und langfristige persönliche Ambitionen im Fußball sehe ich mit etwas Glück klar in der professionellen Arbeit im Umfeld „Profifußball“. In diesem Zusammenhang kann ich mir verschiedene Konstellationen in den Bereichen Trainer/Spielanalyse/Athletik vorstellen. Wenn sich diese Tür allerdings nicht öffnen sollte, wird das meine Leidenschaft als Trainer nicht mindern.“ Und was wäre Alex‘ größter Traum im Fußballgeschäft? „Im Trainerteam der Nationalmannschaft wirken zu können und durch eigene Einflüsse unsere Nation wieder in Euphorie zu versetzen.“