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„Schon Angst, wenn sie im Wald die Stahlrohrtribünen sahen“

Denis Kaiser. Foto: Claus Coester

Interview mit Denis (Theo) Kaiser am 13.09.2016 in Nentershausen

61 Jahre, Vereine als Spieler: Niedererbach (Jugend), Eisbachtal (ab 12 Jahre), TUS Frickhofen, SV Hintermeilingen, SG Hintermeilingen/Ellar, TuS Dietkirchen (Spielertrainer), Eisbachtal.

flw24: Denis, schön, dass wir uns zum Gespräch treffen. Wie geht es Dir?

Denis Kaiser: Meistens gut.

flw24: Alle Welt kennt Dich unter dem Vornamen Denis, der aber ein Spitzname ist. Kannst Du uns kurz aufklären?

Denis Kaiser: Das ist richtig. Mein richtiger Vorname ist Theo. Wenn man so will, ist mein früherer Mitspieler in Eisbachtal, Arthur Stein, an der Namensänderung schuld. Arthur verpasste mir den Namen, als ich acht Jahre alt war. Wir Burschen waren damals in einer Art Gang und mussten eine „Aufnahmeprüfung“ machen. So was wie eine Mutprobe. Das alles zu erzählen, würde den ganzen Morgen füllen. Die Streiche, die wir Burschen damals gemacht haben, sind jedenfalls alle verjährt (lacht).

flw24: Als aktiver Spieler hast Du einige Stationen durchlaufen. Darunter war  Eisbachtal in der Regionalliga Südwest und der Oberliga Südwest oder auch Rheinlandliga sicher die erfolgreichste.

Denis Kaiser: Das ist absolut richtig. Das waren ja die meisten Jahre. Da gibt es eine Menge zu erzählen.

flw24: Kannst Du zunächst ein paar Spielernamen nennen?

Denis Kaiser: Das wäre eine endlose Reihe. Wieviel Zeit hast Du? Hier eine kleine Auswahl: Der schon erwähnte Arthur Stein, Horst Hommrich, Paul Werner Hofmann, Jörg Bach, Waldemar Pagojus, Norbert Otto, Klaus Kloft, Thomas Schuy und viele andere.

"Gegen Mainz oder Saarbrücken kamen so um die 5.000 Leute"

flw24: In Deiner frühen Zeit spielten die „Eisbären“ ja in der zweithöchsten deutschen Spielklasse, der Regionalliga Südwest. Welche Highlights hast Du in Erinnerung?

Denis Kaiser: Das waren nicht wenige. Die Spiele gegen 1.FC Saarbrücken und Mainz 05 ragen heraus. Die fuhren aus ihrer Sicht aus den großen Städten in den Westerwald ja aufs Land. Aber wir haben ihnen das Leben schwer gemacht.

flw24: Wo fanden damals Eure Heimspiele statt?

Denis Kaiser: In der Anfangszeit auf dem Waldsportplatz in Großhollbach. Da bekamen die Gastmannschaften schon Angst, wenn sie im Wald die Stahlrohrtribünen sahen, die Hermann-Joseph Schuy aus Oberweyer aufgebaut hatte. Das war wirklich abenteuerlich. Gegen Mainz oder Saarbrücken kamen so um die 5.000 Leute. Die Autos standen bis nach Nentershausen am Straßenrand.

flw24: Zu den absoluten Highlights gehören die Spiele im DFB-Pokal gegen Schalke.

Denis Kaiser: Das kann man wohl sagen. 1979 und 1985 war Schalke in der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde bei uns zu Gast. Da war das neue Eisbachtal-Stadion schon gebaut. Zweimal haben wir den Kürzeren gezogen. Aber es war bei weitem keine eindeutige Geschichte. Bei Schalke war übrigens 1985 mein direkter Gegenspieler Olaf Thon. Und Klaus Kloft und meine Wenigkeit haben als einzige beide Spiele gegen Schalke bestritten.

"In der Vorbereitung spielten wir gegen Dynamo Bukarest, Arsenal London oder den FC Aberdeen"

flw24: Was gibt es international zu berichten?

Denis Kaiser: Gelegentlich spielten wir in der Saisonvorbereitung gegen ausländische Mannschaften, die hier in der Gegend ihr Trainingslager machten. Es ging gegen Dynamo Bukarest, Arsenal und den damals aktuellen schottischen Meister FC Aberdeen. Der wurde von keinem Geringeren als Alex Ferguson trainiert.

flw24: Das sind ja schon Kaliber. Denis, Du hast auch Rheinlandauswahl gespielt.

Denis Kaiser: Richtig. Das ist mir in der Jugend schon geglückt. Und bei den Senioren durfte ich auch mitmachen. Unser Trainer bei den Auswahlmannschaften war jeweils Ewald Hammes. Der war langjähriger Amateurnationalspieler und spielte in der Olympiaauswahl 1972 mit. Ich glaube, er ist heute noch Verbandstrainer in Koblenz.

flw24: Wogegen ging es in der Auswahlmannschaft bei den Senioren und welche namhaften Mitspieler hast Du in Erinnerung?

Denis Kaiser: Damals gab es noch den Amateurländerpokal, in dem die Landesverbände einen Meister ausspielten. In der Rheinlandauswahl standen u.a. Klaus Toppmöller und Harald Kohr.

"Wir waren gerade 11 Leute beim Anpfiff"

flw24: Irgendwann war dann Schluss als Aktiver bei den Eisbären.

Denis Kaiser: Meinen Ausstand als Aktiver in Eisbachtal gab ich nach dem letzten Punktspiel in der Oberliga Südwest bei Eintracht Trier. Das war eine besondere Geschichte.

flw24: Inwiefern?

Denis Kaiser: Nun, es war der Saisonausklang. Für uns ging es um nichts mehr. Aber Eintracht Trier kämpfte noch um die Qualifikation für die Aufstiegsrunde zur zweiten Bundesliga. Wir spielten im Moselstadion. Trier benötigte einen Sieg mit sechs Toren Unterschied, um an dem Konkurrenten Salmrohr vorbeizuziehen.

flw24: Wie ging es aus?

Denis Kaiser: Wir verloren 0:5 und damit war Salmrohr für die Aufstiegsrunde qualifiziert. Für Trier war’s das dann.

flw24: Und für Dich war’s das dann auch?

Denis Kaiser: Langsam. Das Schönste kommt ja noch. Personell pfiffen wir in Trier auf dem letzten Loch. Die meisten Spieler waren mit dem Bus angereist. Aber drei mussten mit dem PKW kommen und blieben irgendwo im Stau stecken.

flw24: Hört sich richtig spannend an.

Denis Kaiser: Kann man wirklich sagen. Wir waren gerade 11 Leute beim Anpfiff. Klaus Kloft verletzte sich dann und musste raus. Auf der Bank war kein Ersatz.

flw24: Wie ging’s weiter?

Denis Kaiser: Die Trierer fragten zuerst mal: „Wo ist denn euer Physio?“ Das war Harald „Hacki“ Müller. Ja, der lief sich gerade warm, war aber gar nicht im Kader, wurde aber dann auf den rechten Verteidiger gesetzt. „Und wo habt Ihr Eis?“ Auf dem Platz hatten wir keines. Das Trockeneis war im Bus und kühlte das Bier für die Heimfahrt.

flw24: Und der arme Klaus Kloft?

Denis Kaiser: Den hat zum Glück der Trierer Mannschaftsarzt medizinisch versorgt.

flw24: Und nach dem Spiel ging die Party los.

Denis Kaiser: Und wie! Es war ja wie gesagt mein Ausstand als Aktiver bei den „Eisbären“. Bier hatten wir jede Menge im Bus gebunkert. Die Rückfahrt in den Westerwald gestaltete sich dann etwas länger bis in den Sonntagmorgen.

"Die Prämie reichte um den Deckel der dritten Halbzeit zu bezahlen"

flw24: Denis, erneuter Themenwechsel. Es heißt ja immer „Über Geld spricht man nicht“. Ich tu’s trotzdem. Ihr wart ja zu Deiner Zeit immerhin in der zweithöchsten oder später in der dritthöchsten Liga. Wie war das mit den Bezügen?

Denis Kaiser: Bestimmt ganz anders als heute. Gut, es gab Prämien. Das war ein gutes Taschengeld. Es reichte zumindest immer aus, um nach der dritten Halbzeit die Deckel zu bezahlen. Bestimmte auswärtige Spieler wie z.B. Paul-Werner Hofmann, der ja in der zweiten Bundesliga lange Profi bei SpVgg Fürth und FSV Frankfurt war, hatten sicher ihre Vereinbarungen. Aber das hat uns als Mannschaft nicht interessiert. Für uns standen immer der Fußball und die Kameradschaft im Mittelpunkt.

flw24: Gab es wenigstens bei den Pokalschlachten wie gegen Schalke ein größeres Bonbon?

Denis Kaiser: Gegen Schalke hatte man uns Spielern je 1.000 Zuschauer einen Hunderter versprochen. Bei fast 10.000 Zuschauern hätte das ja einen Tausender bedeutet. Am Ende sprangen so um die 200 Mark heraus. Die Nebenkosten hatten wohl eine Menge weggefressen.

flw24: Noch einmal Themenwechsel. Kommen wir zu Deiner Zeit als Spielertrainer. Welche Stationen waren das und welche Bilanz kannst Du aufweisen?

Denis Kaiser: Mit TUS Frickhofen, wo ich sieben Jahre war, bin ich als Spielertrainer aufgestiegen. Dann war ich als Spielertrainer in Hintermeilingen und als Trainer schließlich ein paar Jahre bei Hintermeilingen/Ellar.

flw24: Gab es Besonderheiten?

Denis Kaiser: Erst mal war es eine schöne Zeit. Sonst bleibt man ja nicht sieben Jahre. Brisant war es, als wir mit Hintermeilingen gegen Frickhofen, meinen früheren Verein, in die Relegation um den Aufstieg spielten und Hintermeilingen den Aufstieg schaffte. 

flw24: Denis, ein paar Jahre warst Du bei Deinem Stammverein auch in anderer Funktion tätig.

Denis Kaiser: Das ist richtig. Fünf Jahre war ich der erste Vorsitzende bei Eisbachtal. Man hat mich damals bekniet, das zu machen. Ich kannte die damalige wirtschaftlich desolate Situation hinter den Kulissen zu wenig. Ich will nur kurz sagen: Die Zeit hat mich viele Nerven gekostet. Dabei möchte ich es belassen.

flw24: Erneuter Themenwechsel. Viele bringen Dich seit langer Zeit mit Japan in Verbindung. Was steckt dahinter?

Denis Kaiser: Takayika Omo, den wir alle Taka nennen, hat 2014 eine deutsche und japanische Firma aufgebaut. Taka, der ja auch bei Eisbachtal gespielt hat und in Neuseeland bei Wynton Rufer in der Fußballschule tätig war, organisiert für Japaner eine Menge Sachen von Stadionführung bis hin zu Trainingslagern für japanische Mannschaften. Und er vermittelt japanische talentierte Amateurspieler nach Deutschland, wo sie dann ein oder zwei Jahre verbringen.

flw24: Und welchen Part übernimmst Du dabei?

Denis Kaiser: Ich erledige für Taka die behördlichen Aufgaben.

flw24: Und das Ganze für ein Vergelt’s Gott?

Denis Kaiser: Ich helfe ihm, wie gesagt. Taka mietet die Wohnungen für die Jungs an.

flw24: Abschließend: Welche behördlichen Aufgaben fallen an?

Denis Kaiser: Die Jungs müssen hier selbstverständlich gemeldet sein. Die Spielberechtigungen erledigen meistens die Vereine. Aber auch da sind wir behilflich. Sie müssen Sprachkurse in Limburg oder Montabaur besuchen. Das muss bis hin zum Transport geregelt sein. Ansprechpartner ist jeweils das Ausländeramt in Limburg oder Montabaur. Die Mitarbeiter dort sind übrigens sehr kooperativ.

flw24: Dennis, herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute.