flw24 Experten-Tipp

Der flw24 Experten-Tipp mit Gösta Kiefer

Unser heutiger Experten-Tipper ist Gösta Kiefer. (Foto: privat)

Gösta mit dem Basketball-Coach Jeff van Gundy, bei einem NBA-Spiel in Dallas von Dirk Nowitzki. (Foto: privat)

Gösta bei den Australien Open um Roger Federer anzuschauen. (Foto: privat)

Es ist schon wieder Donnerstag und der nächste Experten-Tipp steht an. Dieses Mal hat uns Gösta Kiefer, der beruflich als Pädagogischer Leiter beim Bundesligisten SV Darmstadt 98 tätig ist, spannende Einblicke in seine Tätigkeit gegeben. Früher selbst u.a. für die SG Kubach/Edelsberg, den FCA Niederbrechen, den TuS Drommershausen und den TuS Laubuseschbach am Ball, begann er früh als Trainer im Jugendbereich zu arbeiten und feierte auch als (Co-)Trainer im Herrenbereich einige Erfolge.

Mehr über Gösta und seine vielfältige fußballerische Laufbahn erfahrt ihr im folgenden Artikel. Viel Spaß!

 

 

Anfänge bei seinem Heimatverein TuS Kubach

Wenn der örtliche Bolzplatz nur 50 Meter vom eigenen Elternhaus entfernt ist, verwundert es nicht, dass aus einem kleinen Jungen ein leidenschaftlicher Fußballer geworden ist: „Da haben wir früher jeden Tag mit 10 bis 12 Jungs gekickt. Zwischendurch gab´s Wassereis. Und irgendwann haben die Eltern uns eingesammelt“, schildert Gösta die Zeiten auf dem Kubacher Bolzplatz. Wenn er nicht gerade auf dem Bolzplatz zu finden war, spielte er auf dem Sportplatz des TuS Kubach, wo er bereits als 5-jähriger mit dem Vereinsfußball anfing. Natürlich träumte er damals auch von einer Karriere als Profifußballer, realisierte aber schnell, dass es nur ein Traum bleiben würde: „Ich war wahrscheinlich nicht ganz blind, aber vom Profifußball meilenweit entfernt. Das geht uns ja fast allen so“, sagt Gösta. Es gab immer mal wieder Anfragen von höherklassigen Clubs, ein Wechsel kam für ihn jedoch nie infrage, da er lieber mit seinen Kumpels kicken wollte

Zu seinen besten Mitspielern aus der Jugendzeit zählte unter anderem Robert Winkler, als bester Gegenspieler blieb ihm der ehemalige Bundesliga- und Eintracht-Profi Christoph Preuß in Erinnerung, der damals noch in Großen-Linden spielte. Zudem war in seiner Zeit beim TuS Kubach in der C-Jugend ein gewisser Marco Ketter sein Trainer, mit dem sich die Wege später nochmal kreuzen sollten.

Denkwürdig war auch sein erster Einsatz in der A-Jugend, den Gösta bis heute nicht vergessen hat: „Ich habe mit 14, im April 1996, mein erstes A-Jugendspiel gemacht und habe 90 Minuten durchgespielt. Am nächsten Tag ist unsere Jugendabteilung ins Olympiastadion nach München gegen die Eintracht gefahren - ohne mich, da ich völligst dehydriert war und eine Woche das Bett nicht verlassen konnte. Witzigerweise habe ich Matthias Hagner, der die Eintracht damals in Führung geschossen hat, später trainiert und wir sind heute gut befreundet“, erzählt Gösta. Weitere (sportliche) Highlights aus der Jugendzeit waren auch die damals noch ausgespielten Bezirksmeisterschaften in Grünberg

Im zweiten A-Jugend-Jahr folgte dann der Wechsel zum FCA Niederbrechen, da es in Kubach keine Jugendmannschaft mehr gab und sein Onkel Bernhard Krämer, der damals die Senioren trainierte, ihn unbedingt haben wollte. „Bernhard war fußballerisch sicher mein größter Förderer und Kritiker. Er hat in mir auch immer ein bisschen mehr gesehen, als womöglich da war“, sagt Gösta lachend.

 

Übergang in den Seniorenbereich beim FCA Niederbrechen

Der Übergang in den Seniorenbereich verlief anschließend relativ problemlos. In Niederbrechen kamen gemeinsam mit Gösta damals unter anderem Dominik Groß, Thomas Liguori und Hasan Sis aus der Jugend raus, was die Umstellung erleichterte. Zudem hatten sie als Jugendspieler bereits oft bei den Senioren mittrainiert, sodass im Grunde genommen alles sehr entspannt war. Beim FCA wurde Gösta dann schnell Stammspieler in der 1. Mannschaft. „Gero Nierfeld war damals auch ein super Kapitän, der sich mir ein bisschen angenommen hat. Allerdings musste ich mir die Anerkennung von Spielern wie Klaus Schütz oder Andy Orgler erst erarbeiten. Ich glaube, Klaus hat mich in den ersten fünf Vorbereitungsspielen vielleicht dreimal angespielt, mich allerdings später immer gefördert und gepusht“, erzählt der heute 41-jährige. Klaus war auch der Mitspieler, von dem er am meisten gelernt hatte: „Für ihn hätte man keine Zeitlupe erfinden müssen. Gefühlt ist er in den zwei Jahren nicht einmal gesprintet, aber er war ein unglaublich guter Fußballer und Typ.“ Klaus und seine Spielweise waren also in gewisser Hinsicht ein Vorbild für Gösta, denn er selbst spielte meistens als Libero oder Spielmacher, also „irgendwo, wo halt wenig gelaufen werden musste. Irgendwann ab 30 ist es dann Innenverteidiger geworden.“

 

Erst der Aufstieg in die Bezirksoberliga, dann folgte die schwere Verletzung

In Niederbrechen spielte Gösta mit seiner Mannschaft nach einer durchwachsenen ersten Saison im zweiten Jahr in der Relegation zur Bezirksoberliga. Leider erkrankte sein Vater zu dieser Zeit schwer, sodass er nach der Saison wieder zurück zur SG Kubach/Edelsberg wechselte. Dort folgte in der Saison 2003/04 als Meister direkt der Aufstieg in die Bezirksoberliga. In jener Saison zog sich Gösta beim Spiel in Limburg einen komplizierten Schienbeinbruch zu, der ihn lange beeinträchtigte – „und das war es dann mehr oder weniger mit der aktiven Karriere. Nach meiner Verletzung habe ich zwei Jahre nur mit Schmerztabletten gespielt und trainiert und der vorher schon äußerst bescheidene Fitnesszustand hat einen noch tieferen Tiefpunkt erreicht. Dass es nicht mehr geht, wie ich will, war eine Zeitlang schon schwer zu akzeptieren“, sagt er. „So habe ich dann den Weg als Trainer eingeschlagen.“

Anschließend folgte der Wechsel zum TuS Drommershausen, wo er zwei weitere Aufstiege bejubeln durfte. Auch mit der Reserve der SG Kubach/Edelsberg gelang ihm einmal der Aufstieg. In der Relegation musste die SG damals gegen Schadeck/Hofen/Eschenau antreten und die Partie endete nach 14 Elfmetern mit einem 4:3-Sieg für Kubach. „Unser Torwart Peter Hofmann hat keinen Elfer gehalten (alle drüber!), aber den entscheidenden versenkt“, erinnert sich Gösta zurück.

 

Trainerstationen u.a. in der Jugend beim TuS Kubach, U19-Hessenliga mit dem SC Waldgirmes, ein Abstecher nach Neuseeland und 2015 Rückkehr in die Heimat zur SG Weilmünster/Laubuseschbach

Schon vor seiner schweren Verletzung trainierte der 41-jährige diverse Jugendmannschaften beim TuS Kubach. Irgendwann machte er dann seine erste Lizenz und „rutschte“ quasi rein in die Trainertätigkeit. Nach den Bambinis, der F- und der E-Jugend des TuS Kubach war er von 2006 bis 2012 in der Fußball-Akademie der Frankfurter Eintracht tätig. Danach folgten Stationen in der U19-Hessenliga beim SC Waldgirmes (2007-2009), ein kurzes Intermezzo bei „WYNRS New Zealand“, der Wynton Rufer Soccer Academy in Neuseeland, gefolgt von zwei Jahren als Co-Trainer in der Hessen- und Verbandsliga bei Eintracht Wetzlar (2010-2012).  Von dort ging die Reise weiter zu Rot-Weiß Darmstadt in der Gruppenliga (2012-2014), bevor es ihn von 2015 bis 2021 wieder in die Heimat verschlug zur SG Weilmünster/Laubuseschbach. Dort gelang 2019 die Meisterschaft und der damit verbundene Aufstieg in die A-Liga, zu dem Gösta nicht nur als Coach seinen Teil beitrug, sondern auch ab und an mal auf dem Platz. Trotz der durchaus vorhandenen sportlichen Erfolge lautet sein Credo für den Amateurbereich: „Erfolg sind 25 Mann im Training und 5 Kisten danach.“

Heute steht Gösta als Sportlicher Leiter bei der SG Oberlahn in der Verantwortung – gemeinsam mit Marco Ketter, seinem früheren C-Jugend-Coach. Über Marco sagt er heute, dass dieser ihn neben Bernhard Krämer als Trainer am meisten geprägt hat: „Seine Leidenschaft und sein Ehrgeiz haben uns damals angesteckt und führten dazu, dass er mit 51 Jahren noch in der ersten Mannschaft kickt mit Spielern, die seine Söhne sein könnten (und teils sind), sich aber nicht annähernd vorstellen können, wie gut er war“, findet er lobende Worte für seinen ehemaligen Coach.

 

„Ich habe den Fußball zu meinem Beruf gemacht“ – Gösta als Pädagogischer Leiter bei Darmstadt 98

Auch beruflich steht bei Gösta der Fußball im Mittelpunkt: „Ich habe das große Glück und Fußball zu meinem Beruf gemacht. Ich bin mittlerweile im siebten Jahr beim SV Darmstadt 98 als Pädagogischer Leiter tätig und habe bis zur abgelaufenen Saison das Fußballinternat geleitet. Seit zwei Jahren bin ich zudem Teil der Leitung des Nachwuchsleistungszentrums.“ Von 2020 bis 2022 fungierte er zusätzlich noch als Co-Trainer in der U19 Bundesliga bei den Lilien. Die Arbeit mit den Nachwuchskickern hat auch dafür gesorgt, dass Gösta den Begriff „Erfolg“ nicht nur über Meisterschaften oder Aufstiege definiert: „Mein Anteil ist wahrscheinlich ein relativ geringer, aber wenn Jungs wie Henry Crosthwaite, Dennis Owusu oder Clemens Riedel, der im September gegen die Ukraine sein Debüt in der U21 gefeiert
hat, die jahrelang im Internat gelebt haben und die ich in der U19 trainiert habe, ihren Traum vom Profifußball erfüllen, freut mich das unglaublich für sie, da ich unmittelbar mitbekommen habe, wie hart sie dafür gearbeitet haben und welche Entbehrungen dort dahinterstecken.

 

Leistungssport vs. Kreisligafußball – Gösta kennt beide Extreme

Durch seine berufliche Tätigkeit hat Gösta natürlich nochmal einen anderen Blick darauf, wie sich der Fußball speziell bei den Jugendlichen im letzten Jahrzehnt und darüber hinaus entwickelt hat. „Ich erlebe durch meine Tätigkeiten natürlich zwei Extreme. Auf der einen Seite Jungs, die unglaublich viel auf sich nehmen, um leistungsorientiert Fußball zu spielen und 20 bis 30 Stunden pro Woche investieren. Auf der anderen Seite Männer, die, so wie es in ihren Alltag mit Job/Freundin/Familie passt, in der Kreisliga ihrem Hobby nachgehen.“ Dabei hat er beobachtet, dass die Verbindlichkeit und der Wille, dem Fußball andere Dinge unterzuordnen, im Laufe der Zeit abgenommen haben, während gleichzeitig die (Freizeit-)Möglichkeiten neben dem Fußball vielfältiger geworden sind. Grundsätzlich zeigen seiner Meinung nach aber Vereine wie Linter oder Niederbrechen mit drei Mannschaften oder Drommershausen, wo man als relativ kleines Dorf weiterhin eigenständig bleibt, dass es trotzdem noch funktionieren kann. Und eine weitere signifikante Veränderung zu früher hat er wahrgenommen: „Es wird wesentlich weniger gewürfelt!“

 

Verschiedene Ansätze, um Jugendliche weiter für den Fußball zu begeistern

Um wieder mehr Jugendliche für den Fußball zu begeistern und dafür zu sorgen, dass sie dem Sport auch treu bleiben, wenn sie älter werden, müsste laut dem 41-jährigen unter anderem bei den Eltern und Trainern angesetzt werden: „Ganz utopisch wäre es ein Anfang, wenn weniger Eltern denken würden, dass ihr Kind mit 11 oder 12 Jahren den Verein wechseln muss. Und wenn weniger Trainer denken würden, dass sie Spieler in dem Alter verpflichten müssen, um „Erfolg“ zu haben. Wenn Erfolg nicht zuerst am Ergebnis festgemacht, sondern mehr auf Entwicklung geachtet würde. Das würde möglicherweise dazu führen, dass weniger Kinder in den Sack hauen und stattdessen den Vereinen erhalten bleiben. Und darum muss es im Amateurbereich doch gehen“, findet Gösta. Sein Vorschlag für den Amateurbereich wäre daher, ähnlich wie bei den Frauen, die A-Jugend abzuschaffen. „Der jüngere A-Jugend-Jahrgang könnte dann gegebenenfalls – ähnlich dem Niedertiefenbacher Modell – bei den B-Junioren mitspielen. Die Jungs aber ab 16,17 bereits bei den Senioren mitkicken. Das würde die Situation im Übergangsbereich meines Erachtens für Jugend und Senioren ein wenig entzerren.“ Denn das Ziel müsse weiterhin sein, möglichst viele Spieler aus der Jugend in die Seniorenmannschaften zu bringen. Den jungen KickerInnen von heute will Gösta noch folgendes mit auf den Weg geben: „Habt einfach Spaß am Kicken und der Gemeinschaft. Unterm Strich ist es schon ganz geil!“

 

Ausblick auf die EM 2024

Zum Schluss haben wir auch Gösta noch die Frage gestellt, wie er die Chancen der Nationalelf bei der Heim-EM im nächsten Jahr einschätzt.
„Ich wüsste gar nicht, wann ich das letzte Länderspiel außerhalb eines Turniers gesehen habe, da mich die Nationalmannschaft mittlerweile wirklich unglaublich
wenig interessiert und ich mit Dingen wie „Die Mannschaft“ oder der Nations-League herzlich wenig anfangen kann. Ich finde es völlig befremdlich, dass Entscheidungsträger denken, so was würde gebraucht und/oder gewollt. Geld entschuldigt ja nicht alles.

Die Vorzeichen vor der Heim-WM 2006 waren ähnlich, als Deutschland noch im März 4:1 gegen Italien verloren hat - und sich dann drei Monate später ein Autokorso an den nächsten gereiht hat. Von daher bin ich optimistisch, dass es auch nächstes Jahr ein ordentliches Turnier werden kann. Wenn man sich die Einzelspieler anschaut, ist es ja nicht hoffnungslos!

Ich bin gespannt, welcher Bundestrainer jetzt ausgegraben wird, aber eine Lösung in der Sandro Wagner involviert ist, ist erstmal keine schlechte. Wer sich die „All or Nothing“-Doku über die WM angesehen hat, könnte dort nämlich zumindest eine Idee bekommen haben, woran es gelegen haben könnte.

 

Wir bedanken uns ganz herzlich bei dem sehr sympathischen und lockeren Gösta Kiefer, dem wir nicht nur Gesundheit, sondern auch weiterhin gutes Gelingen und alles Gute für seine wichtige Arbeit beim SV Darmstadt 98 wünschen.

 

 

Wenn Du 3 Wünsche hättest, welche wären das?

 

  1. Gesundheit 
     
  2. Frieden
     
  3. Glück

 

 

Nachfolgende Begegnungen wurden von Gösta Kiefer und FLW24 getippt:

             
  Heimmannschaft   Auswärtsmannschaft   Experten-Tipper FLW24
             
Hessenliga SV Steinbach   TuS Dietkirchen   1:3 1:2
             
Verbandsliga SV RW Hadamar   SV Zeilsheim   3:1 2:0
             
Gruppenliga VfR 07 Limburg   SV Wiesbaden 1899   2:1 3:1
             
Kreisoberliga SG Nord   FCA Niederbrechen   2:3 2:2
             
Kreisliga A VfR 07 Limburg II   SG Oberlahn   0:4 1:3
             
Kreisliga B I SG Weinbachtal   TuS Drommershausen   3:1 2:1
             
Kreisliga B II FSG Bad Camberg/Dombach   FSG Dauborn/Neesbach   6:2 3:2
             
Kreisliga C I SV Thalheim   TuS Löhnberg II   4:2 3:2
             
Kreisliga C II TuS Staffel II   SG Weilmünster/Laubuseschbach II   1:4 2:2
             
Kreisliga B/C Reserve SG Weinbachtal II   TuS Drommershausen II   3:1 2:1
             
2. Bundesliga SV Wehen Wiesbaden   SV 07 Elversberg   1:1 2:1
             
1. Bundesliga VfB Stuttgart   SV Darmstadt 98   1:2 3:1