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SGS I: Rumpftruppe schnuppert am Punktgewinn!

SG Hoechst - SG Selters 1:0 (1:0).
 

Vor dem Gastspiel im Frankfurter Stadtteil reißen die negativen Nachrichten nicht ab. Aus dem ohnehin schon dezimierten Kader mussten kurzfristig auch noch Justin Wolter, Benjamin Maurer, Yannik Walli und Tom Rieth gestrichen werden, so dass die Voraussetzungen alles andere als optimal waren. Doch die SGS-Rumpftruppe, die einmal mehr beweist, dass Nachrücker aus der zweiten Garnitur ihr letztes Hemd geben können, ist lange Zeit ebenbürtig und schnuppert am Ende sogar am Punktgewinn. Letztlich setzt es beim 0:1 aber die zweite Niederlage nach Gang, die aber dennoch optimistisch macht.

Tag 16, Pflichtspiel Nummer 6 - für Amateurfußballer in der heutigen Corona-Zeit ein unfassbares Mammut-Projekt. Doch alles jammern nutzt nichts. Aufgrund des Europa-League-Viertelfinals Eintracht Frankfurt gegen FC Barcelona musste die Gruppenliga-Partie noch einmal zwei Tage nach vorne verlegt werden. Und trotzdem war es nicht so, dass die SG Hoechst nach ihrem 0:9-Desaster von Hornau die "Wassermänner" ihren ganzen Frust spüren ließ. Die Gäste um Abwehrchef Richard Müller verteidigten geschickt und ließen zunächst nicht allzu viel zu. Zwar hatte Angel Ramiro Garces Tezada zwei Halbchancen der ordentlichen Kategorie (8., 12.), so richtig gefährlich wurde es aber zunächst nicht. Selters wirkte - vermutlich auch durch fehlende Kraft - zuweilen mit Ball unkonzentriert, und schaffte es selten, die eigene Defensive zu entlasten. Und nach 20 Minuten war es dann passiert: Meikel Kocur bekam in Höhe der Mittellinie das Spielgerät, spazierte ungestört, auch aber mit feurigem Elan durch das Zentrum, ließ drei "Wassermänner" alt aussehen und vollstreckte aus 18 Metern platziert ins linke Toreck - 1:0, aus Gäste-Sicht ein fürchterlich ärgerlicher und ebenso vermeidbarer Gegentreffer. Dann meldete sich aus das Tabellen-Schlusslicht in der Offensive an, als Dominic Voss nach einem Toffeleit-Freistoß auf den kurzen Pfosten köpfte, Keeper Mustafa Kara aber zur Stelle war (23.). Im direkten Gegenzug war Luftanhalten angesagt: Ahmet Gök bediente Julien Antinac, der das Ziel per Volleyabnahme knapp verfehlte (24.). Zehn Zeigerumdrehungen danach durfte Torwart Niklas Muth eine erste Kostprobe abliefern, was er auf der Linie für ein starker Gruppenliga-Torhüter ist: Nach einer Hereingabe von der rechten Seite kam Julien Antinac aus der Luft zum Abschluss, die Kugel wurde sogar noch abgefälscht, doch Muth war mit einem Wahnsinns-Reflex zur Stelle (34.) und rettete seine Farben mit dem 0:1 in die Pause. In Selbiger wurden Ramadan-bedingt bei den Gastgebern erst einmal Rindswürstchen und reichlich Flüssigkeit gereicht. Für die mit vielen Muslimen gespickten Hoechster Akteure sicherlich auch keine einfache Situation. Aufgrund der Unterstützung zweier Edel-Fans, die mit Tröten, Anfeuerungs-Gesängen und Karel Gotts Gassenhauer "Biene Maja" für ein Stückchen Stadion-Atmosphäre gesorgt hatten, aber sicherlich verkraftbar. 

Nach Wiederbeginn steigerten sich die Selterser vor allem auch fußballerisch. Torraumszenen waren in den ersten 15 Minuten rar gesät, ehe Philipp Freppon mit einem 22-Meter-Schuss Hoechst-Schlussmann Mustafa Kara auf die Probe gestellt hatte (61.). Auf der anderen Seite war es der beste SGH-Spieler, Meikel Kocur, der um Haaresbreite links daneben zielte (62.). Und dann war sie da, die Monster-Chance zum Ausgleich: Fabian Fuchs spielte einen starken Pass auf den völlig aus dem Hoechster Radar verschwundenen Dominic Voss, der freistehend vor Mustafa Kara um Millimeter zu hoch zielte und den Querbalken anvisierte (68.). Die Gastgeber fürchteten plötzlich Gefahr, den Platz nicht als Sieger zu verlassen und erhöhten noch einmal das Tempo. Raul Marvin Sanchez-Mendez traf nur den Pfosten (69.) und wenige Sekunden danach fischte Niklas Muth nach einer Ecke einen eigentlich gut platzierten Kopfball Meikel Kocurs mit einer unfassbaren Parade aus dem Winkel (70.). Es blieb also spannend. Die Schlussminuten gehörten den nimmermüden "Wassermännern". Philipp Freppon bediente Felix Vormann, dessen Schussversuch abgefälscht auf dem Tordach landete (82.). Und dann war da noch der Vorbereiter selbst, der sich auf der Torauslinie behauptete, aus spitzem Winkel Richtung kurzem Pfosten abzog, doch Mustafa Kara klärte in höchster Not (90.). Auch ein letzter Freistoß Nils Toffeleits in den Strafraum, in dem sich alle 22 Beteiligten tummelten, verpuffte. 

Am Ende ging der Sieg der Hoechster aufgrund des Chancenplus in Ordnung, allerdings wäre ein Remis sicherlich nicht unverdient gewesen. Das weibliche Schiedsrichtergespann um Annika Hinrichs lieferte eine grundsolide Vorstellung ab, hätte allerdings ein bisschen mehr als 120 Sekunden Nachspielzeit draufpacken können. Aus Selterser Sicht stehen zwar zwei Niederlagen in Serie, allerdings konnte man die Leistung - wie schon allgemein in 2022 - auch an diesem Dienstagabend, betrachtet man vor allem die Belastung der letzten Wochen in Einklang mit der Personalmisere, nicht hoch genug anrechnen.

Nach sieben Tagen Pause, die wirklich jeder der Verantwortlichen gebrauchen kann, geht's am kommenden Dienstag zu Traditionsverein SV Wiesbaden in den Helmut-Schön-Sportpark.


Hoechst: Kara, Ulucay, Terzic (53. El Ouardani), Koustar, Ippolito, Antinac, Sanchez-Mendez, Kocur, Gök (46. Tayboga), Garces Tezada (30. El Arkoubi), Bendriss

Selters: Muth, M. Stähler, Müller, Toffeleit, Fuchs, S. Stähler, da Conceicao, Pabst (51. Annecke Petri), Jeck (77. Vormann), Freppon, Voss


SR: Annika Hinrichs (Eintracht Frankfurt)

Tor: 1:0 Meikel Kocur (20.)

Zuschauer: 80.