Der ehemalige Bundesligaprofi von Eintracht Frankfurt und Mainz 05, Thomas Zampach, berichtet in regelmäßigen Kolumnen für flw24 über die Themen Motivation und mentale Einstellung. Der 45-Jährige, der nach seiner aktiven Fußballer-Laufbahn noch in verschiedenen Positionen (Scout, Fan-Beauftragter, Betreuer) bei seinen früheren Vereinen tätig war, arbeitet heute als Potenzialentwickler und versucht dabei Menschen an ihre Grenzen zu führen und die letzten Prozente aus sich heraus zu holen. Wir haben „Zampe“, wie er gerne genannt werden möchte, zum Interview getroffen und über seine Zeit als „Fußball-Gott“ bei Eintracht Frankfurt und seine heutige berufliche Tätigkeit gesprochen.
flw24-Redaktion: Hallo Zampe, unser Fußballportal flw24 berichtet über die Vereine und Spieler der Kreisligen in der Region Limburg/Weilburg. Was hast Du als ehemaliger Profi mit der Kreisklasse bzw. speziell mit dem Fußball in unserem Kreis zu tun?
Thomas Zampach: Zunächst einmal habe ich vor meiner Karriere auch im Amateur-Bereich gespielt. Ich habe meine ersten Spiele nach der Jugend in der B-Klasse bei der zweiten Mannschaft von Bad Vilbel gemacht. Später bin ich in die Landesliga gewechselt und erst mit 21 Jahren bin ich zu Mainz 05 in die zweite Bundesliga gewechselt.
In der Limburger Region habe ich mit Schlossborn und Zeilsheim (als Trainer) gespielt, unter anderem gegen den RSV Weyer. Mit dem Trainerteam von Wehen Wiesbaden II, wo ich übrigens mit dem heutigen Dorndorf-Coach Friedel Müller zusammengearbeitet habe, hatten wir in der Oberliga auch das ein oder andere Gastspiel beim RSV Würges. Zudem ist mir die Region gut bekannt, da ich selbst jahrelang zu meiner Profizeit zwischen Limburg und Wiesbaden an der B417 in Görsroth (Hünstetten) gewohnt habe.
flw24-Redaktion: Wenn man einen Eintracht-Fan mit Deinem Namen konfrontiert, kommt zwangsläufig die Antwort „Fußball-Gott“. Weißt Du eigentlich wie Du zu diesem Status gekommen bist? Gibt es eine spezielle Geschichte dazu?
„Mit Taucherbrille und Schnorchel über den Platz“
Thomas Zampach: Ich kann mich nur daran erinnern, dass ich nach unserem Erstrunden-Pokalspiel 1997/98 - ich glaube es war in Halle - die Sprechchöre zum ersten Mal gehört habe. In dieser Partie habe ich die rechte Seite ordentlich beackert und bin rauf und runter gelaufen. Die Fans haben gesehen, dass ich alles gegeben habe und schließlich meine Leistung mit ihren Rufen honoriert. Anschließend wurde ich auch ein wenig der Spaßvogel in der Mannschaft und bin auch mal mit Taucherbrille und Schnorchel über den Platz gelaufen. Da kann man über mich ja auch die eine oder andere Anekdote nachlesen (Zampe lacht). Ich denke die Fans hatten auf jeden Fall viel Spaß mit mir und haben meine Einstellung auf dem Platz gewürdigt.
flw24-Redaktion: Wir Amateur-Kicker träum(t)en natürlich öfter von einem Dasein als Profi-Fußballer – den ganzen Tag Fußball spielen, viel schlafen, Kohle ohne Ende und dicke Autos (Redaktion lacht). Ist das Leben als Profi wirklich so schön oder gibt es auch Schattenseiten?
Thomas Zampach: Natürlich ist es ein sehr angenehmes Leben. Man macht ja schließlich sein Hobby zum Beruf und kann etwas machen, was man als Kind schon gerne gemacht hat. Das ist grandios. Die erfreulichen Nebenerscheinungen wie Geld und Status sind selbstverständlich auch sehr schön, sind aber sicherlich nicht alles. Bei mir war es so, dass ich einfach sehr gerne Fußball gespielt habe – schon seit meinem vierten Lebensjahr trete ich gegen den Ball und ich glaube das wird sich auch nie ändern (Zampe lacht). Ich bin ganz einfach sportbegeistert und sportverrückt.
„Mein Bauchgefühl hat mich nach Mainz geleitet“
Meinen ersten Profivertrag hätte ich damals bei Darmstadt 98 unterschreiben können, habe mich aber für Mainz 05 entschieden, obwohl es da weniger Geld gab und Darmstadt zu dieser Zeit auch der angesehenere Club war. Aber mein Bauchgefühl hat mich nach Mainz geleitet und nicht dahin, wo es das Geld gab. Mir war und ist immer wichtig, dass ich mich bei meinen Engagements wohlfühle.
flw24-Redaktion: Was war das größte Erlebnis in Deiner Eintracht-Zeit? Und was würdest Du als schmerzhafteste Erfahrung im Profigeschäft bezeichnen?
Thomas Zampach: Der Nicht-Abstieg mit dem 5:1-Erfolg gegen Kaiserslautern gehört sicherlich zu den größten Momenten meiner Eintracht-Zeit. Und auch die Aufholjagd unter Felix Magath im Jahr darauf, als wir in der Vorrunde mit neun Punkten abgeschlagen waren und am letzten Spieltag gegen den SSV Ulm die Klasse halten konnten, gehört sicherlich auch zu den schönsten Erlebnissen. Das waren zwei echte Fußball-Wunder. Aber auch die Aufstiege mit Wehen Wiesbaden, mit Darmstadt 98 in die dritte Liga oder der Verbleib mit Mainz 05 in der zweiten Liga waren tolle Geschichten und unvergessliche Erlebnisse.
Eine bitterste Erfahrung kann ich jetzt auf Anhieb gar nicht sagen. Vielleicht habe ich im Nachhinein betrachtet, etwas zu früh mit dem Profi-Fußball aufgehört. Mein letztes Jahr war schwierig, ich war oft verletzt und agierte unter Felix Magath nur noch als Stand-by-Profi.
flw24-Redaktion: Von der „Rampensau“ zum Potenzialentwickler. Kannst Du uns mehr über Deine gegenwärtige Tätigkeit erzählen?
Thomas Zampach: Ich möchte die letzten Prozente aus Menschen – seien es Fußballspieler, andere Sportler, Handwerker oder Manager – rausholen und einfach das Potenzial, was in jedem steckt, herauskitzeln und fördern. Das ist wie gesagt nicht nur auf den Sport bezogen, sondern trifft auf alle Lebensbereiche zu. Jeder hat Potenzial, erkennt es aber oft nicht oder kann es nicht richtig ausschöpfen. Das möchte ich ändern und mit demjenigen daran arbeiten. Darin sehe ich mein Potenzial.
flw24-Redaktion: Wie kamst Du zu diesem Job? Wie hast du dein eigenes Potenzial für Dich entdeckt?
„Der Spaßvogel war eine Schutzfunktion“
Thomas Zampach: Ich hatte vor zwei Jahren eine schmerzhafte Erfahrung gemacht, als meine Mutter gestorben ist. Danach hatte ich ein sehr hartes und tiefes Jahr und bin ich in eine Art Loch gefallen. Daraufhin habe ich mich zurückgezogen, bin an den Tegernsee gezogen und habe mein Leben, was ich in Frankfurt geführt hatte, reflektiert und aus der Ferne betrachtet. Da habe ich auch erstmal gemerkt, dass dieser „Spaßvogel Zampach“ ein gewisser Schutz von mir war, den ich irgendwann einmal ablegen musste. Ich habe mich dann gefragt, was ich eigentlich in meinem Leben machen möchte. Heute bin ich sehr dankbar über diese Erfahrung und die Auszeit, die ich mir genommen habe.
flw24-Redaktion: Was genau machst Du als Mentaltrainer und wen trainierst Du?
Thomas Zampach: Das ist völlig unterschiedlich. Ich trainiere am liebsten junge Menschen, weil man ihnen noch am meisten mit auf den Weg geben kann. Aber im Prinzip trainiere ich alles und jeden – von kompletten Mannschaften bis hin zu einzelnen Spielern oder auch Leute, die gar nichts mit Sport zu tun haben. Ich war jetzt beispielsweise mit der Zweitliga Hockey-Mannschaft vom SC Frankfurt 1880 in Den Haag im Trainingslager oder mit der Börsen-Mannschaft in Madrid. Ich habe aber auch einzelne Sportler, die ich betreue, wie etwa den Moritz Steul, der ja beim FC Dorndorf kickt. Mit Moritz bin ich auf die Zugspitze hochgegangen und habe mit ihm gemeinsam auf seinen bisherigen Werdegang geschaut. Er hat bisher so viel in den Fußball investiert und wir haben uns dann gefragt, wo er hin möchte und was er wirklich will.
„Der eine braucht einen Arschtritt, der andere muss gestreichelt werden“
Wichtig ist: Man muss als Erstes herausfinden, wie man sein Gegenüber zu nehmen hat. Der eine braucht einen Arschtritt, der andere muss gestreichelt werden, um seine Höchstleistung abzurufen. Mit dem einen fahre ich drei Stunden Fahrrad oder laufe auf die Zugspitze, mit dem anderen rede ich einfach nur oder begleite ihn bei Events. Auch ich bekomme dadurch immer wieder positive Energie, die mich weiter antreibt.
flw24-Redaktion: War die tägliche Fahrgemeinschaft mit Jürgen Klopp von Frankfurt zum Training nach Mainz rückblickend die beste Ausbildung zum Motivationscoach (Redaktion lacht)? Und hast Du noch Kontakt zu Jürgen?
Thomas Zampach (lacht): Ja, das mit dem Jürgen war eine sehr lustige Zeit. Wir hatten natürlich im Auto einen riesen Spaß gehabt und konnten auch immer über das Reden, was im Training oder im Spiel passiert ist. Wir hatten da immer einen guten Austausch, der in der damaligen Zeit auch sicherlich sehr hilfreich war.
Heute sehen wir uns eher selten. Jürgen hat oder hatte ja die letzten Jahre in seinem Trainerjob immer genug um die Ohren. Wenn wir uns sehen, dann quatschen wir natürlich immer noch gerne miteinander und reden über die alten Mainzer Zeiten.
flw24-Redaktion: Was werden wir in Deinen flw-Kolumnen lesen können? Werden es Motivations-Ratgeber?
Thomas Zampach: Ja, ich werde natürlich über Motivation und Potenzial schreiben. Jeder Mensch sollte sich immer reflektieren und über seine Möglichkeiten nachdenken. Ganz wichtig ist, dass man sich über seine Ziele Klarheit verschafft und man für sich herausfindet, was man vom Leben erwartet. Ich kann nur jedem empfehlen, einfach mal bei sich selbst anzukommen. Kurzum es geht um grundsätzliche Fragen und Blickweisen im Sport wie auch im Leben.
flw24-Redaktion: Zu guter Letzt – nicht nur als Fußballer, auch als Footballer steigst du nun in die erste Bundesliga, nämlich die German Football League, auf. Gratulation dazu. Du bist Kicker bei Frankfurt Galaxy. Wie kam es dazu und was fasziniert Dich an diesem Sport?
Thomas Zampach: Ich war früher immer Galaxy-Fan und habe aus Spaß unter anderem auch mit der Steffie Jones mal ein bisschen mit dem Ei gekickt. Zusätzlich war ich damals Botschafter für „Respekt- kein Platz für Rassismus“, was auch auf den Trikots der Galaxy stand. Daher sollte ich vor einem Galaxy-Spiel mal die Platzwahl (coin toss) und den Kickoff machen. Nach dem Spiel wurde ich dann gefragt, ob ich mal gegen den Ball treten möchte und dann habe ich das anscheinend ganz gut gemacht und sie haben mich direkt ins Training eingeladen. Dann bin ich ins Training und jetzt bin seit drei Saisons dabei. Jetzt bin ich als Fußballer und als Footballer in die erste Bundesliga aufgestiegen.
Football ist für mich zudem eine richtig geile Erfahrung: Wenn du einen Extra-Punkt schießt und dann kommt dir ein Koloss von 2,03 Meter und 140 Kilogramm entgegengesprungen, der sich wie ein Achtjähriger freut, nur weil du einen Punkt gemacht hast, das ist wirklich eine tolle emotionale und positive Sache, die dich mitreißt.
flw24-Redaktion: Zampe, besten Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Timm Henecker.