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„Am Ende spielen wir nur Fußball“

Armin Alexander Leiter des Nachwuchsleistungszentrum in Wehen auf dem Halberg. Foto: SVWW

Es ist der kürzeste Weg aus der flw24-Region zum deutschen Profifußball. In 45 Minuten ist man von Limburg aus im Stadion des SV Wehen Wiesbaden und kann die Hauptstädter im Kampf um den Aufstieg in die zweite Liga unterstützen. Gute zehn Minuten kürzer ist der Weg zum Nachwuchsleistungszentrum des Drittligisten, welches auf dem Wehener Halberg beheimatet ist und vor kurzem für seine Arbeit mit einem Stern ausgezeichnet wurde. flw24 hat sich auf die Reise gemacht und die Talentschmiede der Wiesbadener besichtigt. Dort haben wir den NLZ-Leiter Armin Alexander zum Gespräch getroffen.

Der Wehener Halberg ist ohne Zweifel etwas Besonderes. In einer wohl einmaligen Lage thront das NLZ des SV Wehen Wiesbaden mit angeschlossenen Trainingsplätzen über der Region. Wo früher die Spielstätte des SV Wehen war, sind mittlerweile vier Fußballfelder, zwei Naturrasen- und zwei Kunstrasenfelder, das Nachwuchsleistungszentrum und Räumlichkeiten für die Profiabteilung des Drittligisten entstanden. Aktuell werden hier 165 junge, talentierte Kicker aus dem Umkreis von Wiesbaden ausgebildet. 

NLZ des SVWW mit Stern ausgezeichnet

Anfang Februar durfte die Talentschmiede des SVWW eine hohe Auszeichnung entgegennehmen! Im Rahmen der Zertifizierung durch die externe Expertengruppe „double pass“, welche im Auftrag des DFB und der DFL das Zertifizierungsverfahren durchführt, ist das NLZ des SVWW erstmalig mit einem Stern für seine Arbeit ausgezeichnet worden. Bei dem Prüfungsverfahren wurde die Nachwuchsarbeit der Rot-Schwarzen anhand eines umfangreichen Kriterienkatalogs untersucht. Neben der Qualität der fußballerischen Ausbildung wurden dabei unterschiedliche Aspekte wie Personal, Infrastruktur, Ausstattung, Strategie, Finanzen, Organisation, Kommunikation, soziale Unterstützung und Bildung sowie die Effektivität und Durchlässigkeit der Nachwuchsförderung genau unter die Lupe genommen. Die Prüfer kamen zu dem Ergebnis, dass im NLZ auf dem Halberg hervorragend gearbeitet wird und belohnten diese mit einem Stern.

Bundesligaluft auf dem Halberg

Derzeit ist der Nachwuchs des SV Wehen Wiesbaden mit acht Mannschaften aktiv im Spielbetrieb. Das Aushängeschild ist momentan sicherlich die U17 (B-Jugend), die in der Bundesliga Süd / Südwest auf Punktejagd geht und dort derzeit auf dem zehnten Tabellenplatz rangiert, sieben Punkte vor einem Abstiegsrang. Die Erfahrung Bundesliga durfte auch die U19 in der letzten Saison machen, doch nach einem dramatischen letzten Spieltag – lediglich ein Tor machte zum Ende den Unterschied - musste man den Abstieg hinnehmen. Die U19 der Wiesbadener würde selbstverständlich gerne in das Oberhaus zurückkehren - und die Chance für den direkten Wiederaufstieg ist da: Bei einem Spiel weniger liegt die U19 des SVWW fünf Punkte hinter dem Spitzenreiter Kickers Offenbach. Das absolute Spitzenspiel steigt dann Ende April, wenn die Mannschaft von U19-Coach Stefan Kühne nach Offenbach reist. Ein sehr wichtiges Spiel für die Nachwuchsabteilung der Kurstädter, denn langfristig sollen alle Juniorenteams in den höchsten Spielklassen etabliert werden. 

„Ausbildungsverein mit familiärem Charakter“

Für die Einhaltung und Umsetzung solcher kurz- und langfristigen Ziele sorgt Armin Alexander, Leiter des NLZ. Der 60jährige ist seit eineinhalb Jahren in Wiesbaden und leitet seitdem das Nachwuchsleistungszentrum auf dem Halberg. Seine Aufgabe ist es neben der Vorgabe und Umsetzung von Zielen und Richtlinien, die Kaderplanung der einzelnen Mannschaften voranzutreiben und Gespräche mit Trainern und Spielern zu führen. Derzeit arbeiten neben Alexander fünf weitere Mitarbeiter in Vollzeit für das Leistungszentrum, alle weiteren Mitarbeiter sind auf Teilzeit angestellt oder ehrenamtlich tätig. Alexander selbst beschreibt den SVWW als „Ausbildungsverein mit familiärem Charakter“, dessen übergeordnetes Ziel es ist, die eigenen Jugendspieler zu Profispielern auszubilden. Der Schwere dieser Aufgabe ist sich der gebürtige Unterfranke bewusst und stellt dazu eine einfache Rechnung auf: „Jedes Jahr kommt ein ganzer Schwung an Jugendspielern aus den Nachwuchsleistungszentren der deutschen Profivereine aus der Jugend und strömen auf den Profimarkt. Ein Jahrgang könnte dabei circa 50% der gesamten Stellen in den Profivereinen übernehmen, so viele sind natürlich in keiner Saison zeitgleich offen.“ Resultat ist, dass jede Saison nur 2-3 Spieler den Sprung aus der U19 des SVWW in den Profibereich schaffen. Auch deshalb stellt die persönliche und schulische Ausbildung der Spieler neben der sportlichen Entwicklung einen wichtigen Bestandteil der Arbeit des NLZ dar.

„Am Ende spielen wir nur Fußball“

Natürlich wollen wir auch wissen, auf welche Grundsätze in der sportlichen Entwicklung geachtet wird und ob die aktuellen Diskussionen um den deutschen Fußball Einfluss auf die Ausbildung des SVWW-Nachwuchses haben?  Hierzu hat der 60jährige eine klare Meinung. „Bei der WM im vergangenen Jahr hat lediglich eine Mannschaft versagt. Es gibt keinen Grund die komplette Ausbildung in Frage zu stellen, diese ist weiterhin gut.“, äußert er sich zu der Grundsatzdebatte, ob der deutsche Fußball am Scheideweg steht. Trotz weiterhin guter Ausbildung dürfe man sich aber dennoch nicht vor Änderungen versperren. So findet auch in Wiesbaden in letzter Zeit ein Wandel statt. Neben sogenannten „Mentalitätsspielern“, sollen „wieder mehr Spezialisten gefördert“ werden. „In den letzten Jahren haben wir uns zu sehr darauf konzentriert, die Schwächen der Spieler zu trainieren. Die Stärken wurden dabei oft vernachlässigt. Wir wollen wieder mehr Stärken stärken!“, so Alexander. „Wir können für eine gute Ausbildung sorgen, den Kader perfekt zusammenstellen und gute Trainingsbedingungen zur Verfügung stellen, sportlichen Erfolg können wir dennoch nicht gewährleisten“, fasst er die Arbeit des NLZ-Teams zusammen. „Aber am Ende spielen wir nur Fußball“, nimmt Alexander den Druck aus der Diskussion um den sportlichen Erfolg und unterstreicht dabei den ohnehin sympathischen, bodenständigen Eindruck, den wir im Gespräch von ihm und dem gesamten Verein gewinnen durften.

Wir bedanken uns beim SV Wehen Wiesbaden und Armin Alexander für den tollen Einblick in die Ausbildungsarbeit des Nachwuchsleistungszentrums. Mehr Informationen zum gesamten Verein findet ihr unter https://www.svwehen-wiesbaden.de/.

P.S.: Das Topspiel der U19 findet am 28.04. um 11.00 Uhr in Offenbach (KR2, SANA Sportpark) statt. Im Kampf um den Aufstieg in die Bundesliga würde sich das Team über Unterstützung freuen.