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Wie schütze ich Muskulatur und Bänder vor der Zerreißprobe?

Interview mit dem Knappschaftsexperten, Sportmediziner Dr. Markus Bruckhaus-Walter.

Sportmediziner Markus Bruckhaus-Walter über Muskulatur und Bänder vor der Zerreißprobe.

Muskelverletzungen gehören im Fußball  fast zur Tagesordnung. Schon der harmlose Muskelkater ist Ausdruck feiner Risse in den Zellen. Schwerwiegender sind die Muskelzerrung oder gar der Muskelriss. Was sind die Alarmzeichen?

Markus Bruckhaus-Walter: Der Muskelkater ist das Resultat ungewohnter oder übermäßiger Belastungen. Positiv betrachtet ist es ein Anpassungsprozess. Der in der Regel einen Tag später einsetzende Muskelkaterreiz signalisiert Reparaturmechanismen. Dabei stellt der Körper die Muskulatur so wieder her, dass sie nachher ein höheres Niveau erreicht.

Schlimmer ist die Zerrung, die in der Regel  auf  unzureichendes Aufwärmen, Überlastung oder Ermüdung zurückzuführen ist.  Symptome sind ein ziehender oder krampfhafter Schmerz, der auch nach drei Tagen nicht verschwunden ist. Betroffen sind häufig die Adduktoren. Noch folgenschwerer ist ein Muskelfaserriss.

Warum laborieren Fußballer so häufig unter Muskelverletzungen? 

Der Muskelapparat ist am meisten belastet. Das Spiel ist schneller und intensiver geworden. Es werden mehr Zweikämpfe geführt und Sprints absolviert. Dabei erfolgen 80 Prozent der Verletzungen zumeist ohne äußere Einwirkung. Besonders häufig sind Verletzungen am Oberschenkel, wo die Muskeln oft verkürzt sind.

Wie kuriere ich die Verletzung am besten aus?

Bei einer Zerrung sollten sich Sportler drei bis sechs Wochen schonen, bei einem Muskelfaserriss noch länger. Einige machen den Fehler, im Zuge von Konkurrenzkampf und Leistungsdruck die Verletzung nicht auszukurieren. Wer zu schnell wieder belastet, läuft Gefahr, dass sich Sehnen und Bänder nicht mehr so stabil ausbilden und das Gelenk nicht sicher halten.

Ab wann wird es für die Gelenke bedrohlich?   

Viele Sportler hadern mit einem instabilen Sprunggelenk. Die Folge: Schwellungen und Schmerzen oder häufiges Umknicken. Um bei einer Blessur knöcherne Verletzungen und Bänderrisse auszuschließen, sollten sich Sportler röntgen lassen.

Vorbeugend können Sie verstärkt die Wadenmuskeln und Koordination verstärkt, zum Beispiel auf einem Wackelbrett. Wer nichts unternimmt, muss auch mit verschleißbedingten Veränderungen des Gelenks rechnen.

Viele Fußballer klagen auch über knöcherne Stressreaktionen oder ihnen droht gar ein  Ermüdungsbruch

Solche Stressreaktionen sind die Folge andauernder oder plötzlicher stark steigender Belastung. Betroffen sind neben Fußballern häufig auch Läufer oder Springer. Stressreaktionen im Unterschenkel können aber auch banale Ursachen haben wie fehlende Schuheinlagen. Fußballer mit vielen Start- und Stoppbewegungen sowie Richtungsänderungen klagen am meisten über Ermüdungserscheinungen. Symptome sind  Schmerzen im Vorfuß, vor allem beim Abrollen oder Schwellungen auf dem Spann. In jedem Fall heißt es unverzüglich: raus aus der Belastung. Betroffene sollten sich komplett durchchecken. Röntgen, Kernspin und Blutwerte überprüfen. Die Heilung kann zwei bis drei Monate dauern. Wer hartnäckig daran laboriert und noch größere Ziele verfolgt, sollte gegebenenfalls auch eine Operation in Erwägung ziehen.

Und wie verhält man sich, wenn es zum Bänderriss kommt? 

Die Bänderanriss oder gar Riss droht durch Krafteinwirkung, oft wenn man umknickt. Fußballspielern passiert es besonders häufig am Sprunggelenk – beispielsweise, wenn ein Gegenspieler reingrätscht. Je größer die Wucht dabei, desto schlimmer ist häufig die Verletzung. Ein Sprunggelenk kann auch brechen. In diesem Fall halten die Bänder, aber der Knochen darunter frakturiert.

Wenn das Gelenk nicht richtig verheilt, kann es instabil bleiben. Ebenso droht Gelenkverschleiß mit nachhaltige Schmerzen und Bewegungseinschränkung. Arthrose. Darunter leiden viele Fußballer auch nach ihrer aktiven Zeit.

Wie verläuft die Diagnose?

Im Akutstadium muss das Sprunggelenk hochgelagert und mit Eis gekühlt werden. Das soll die Schwellung unterbinden oder stoppen. Die Diagnose sollte zeitnah erfolgen. Im  Sprunggelenkbereich empfiehlt sich eine MRT-Untersuchung, also Kernspintomographie. Dabei wird die Weichteilstruktur besser dargestellt als beim Röntgen, das nur etwaige Brüche ausschließen kann.

Konservative Behandlung oder Operation? Was ist die beste Behandlungsmethode? 

Früher wurden Bänderrisse gerne operiert. Heute tendiere man hingegen eher zur konservativen Therapie. Der Bänderriss verheilt durchaus gut von selbst. Je nach Schwere der Beschwerden muss das Sprunggelenk allerdings kurzzeitig entlastet werden. Der Betroffene sollte  ein bis zwei Wochen Gehhilfen nutzen. Wichtig danach ist einer Orthese, also eine Schiene, die der Verletzte länger tragen muss.

Was ist während der Regenerationsphase zu beachten? 

Der Heilungsprozess beansprucht in der Regel  sechs bis acht Wochen. Wenn Fußballprofis besonders schnell wieder fit werden wollen, lassen Sie sich mitunter Eigenblut, genauer gesagt zentrifugiertes  Blutplasma, injizieren. Das enthält Wachstumsfaktoren und entzündungshemmende Stoffe, die die Regeneration positiv beeinflussen sollen. In der frühen Heilungsphase sind Belastungen und Dehnungen tabu. Krafttraining oder Fahrradfahren auf dem Ergometer ist schon etwas früher wieder möglich. Mit voranschreitender Genesung sind dann auch schonende Bewegungen zunehmend erlaubt.

Haben Sie noch einen Tipp für den Heilungsprozess ?

Wer als Amateursportler eine Bänderverletzung im Sprunggelenk erlitten hat, sollte sich in der Phase der Wundheilung nicht nur um den stabilen Fuß sorgen, sondern den Rest des Körpers fit halten. Sie können die Zeit nutzen, um Bauch und Rückenmuskulatur zu stärken. Auch das hilft, schneller in den Sport zurückzukehren.

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