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"BEGEISTERND !!!" - eine Kolumne von Joachim Lahnstein

Begeisternd

 

Für alle, die dem gestrigen Spiel des FCD gegen die TSG Wörsdorf nicht beiwohnen konnten oder denen mein Pressebericht zu nüchtern und zu sachlich war, hier noch ein paar persönliche Eindrücke von diesem Match: Zunächst legten die Gäste los wie die Feuerwehr. Hurrah, das war richtig gut! Paul Lutterbuese, dieser Irrwisch! Kaum vom Ball zu trennen, messerscharfe Pässe zu seinen wieselflinken Stürmern Toure und Njie. Und dann das 0:1. Schlitzohr Nikolic sah, dass FCD-Keeper Flo Hammel etwas zu weit vor seinem Kasten stand, und schon rappelte es. In Manier vom Torschützen des Monats bzw. Jahres Michael Stahl bugsierte er das lederne Spielgerät haargenau unter die Latte, aus 50 Metern! Munter ging`s weiter, die FCD-Elf hatte wohl nicht mit so viel Offensiv-Power gerechnet. Okay, jetzt wurde langsam das Spiel ausgeglichener, aber die überfallartigen Angriffe der Wörsdorfer hatten schon etwas Unheimliches. Da lief das Bällchen wie an der Schnur gezogen, und nach 16 Minuten rappelte es erneut im Kasten von Flo Hammel. Ein schneller Antritt auf links von Stürmer Noah Gideon Zeyfun Ay (ein Name wie ein Kunstwerk!), ein Pass in die Schnittstelle, keine Zuordnung, da zu schnell gespielt: 0:2. Au weia!

Pause, Zeit zum Durchatmen und Neu-Sortieren.

Spätestens mit Beginn der zweiten Halbzeit sahen die Zuschauer bei bestem Fußballwetter dann, warum es im Oiwernpark nur sehr schwer sein wird, als auswärtiger Gegner den Platz siegreich zu verlassen. Angetrieben vom nimmermüden Flo Hammel und seinem Co David Koca, der an der Seitenlinie mit ruhigen und sachlich fundierten Anweisungen bestach, spielte der FCD nun "Alles oder Nichts". Franjo Tuzlak wurde auf die linke Seite gezogen und war dort wesentlich effektiver als in der ersten Halbzeit auf zentraler Sechser-Position. Herrlich, wie er sich immer wieder mit seinem linken "Sahne-Fuß" in Szene setzte! Thomas Wilhelmy riss seine Mitstreiter mit seinen unwiderstehlichen Soli mit und erzielte das herrliche Anschlusstor aus 20 Metern. Nix zu halten für Keeper Max Kunze. Und noch ein anderer Max  drehte auf: Max Kunz nämlich, ja, der ohne "e", der an seinem 24. Geburtstag hinten links grätschte, was das Zeug hielt und noch Zeit hatte, sich in die Angriffe mit einzuschalten. Ja, der Druck war groß, denn Mama und Papa standen ja am Spielfeldrand!

Da standen übrigens auch Hadamar`s Coach Heiko Weidenfeller und die Trainer der drei nächsten Gegner. Hornau, Diedenbergen, Würges. Was werden sie ihren Teams mit auf den Weg geben, wenn es gegen den FCD geht. Gewiss, das alles ist eine Momentaufnahme (5 Euro in`s Phrasenschwein!). Aber Respekt vor unserer Elf, wenn sie dann mit dieser Leidenschaft wie gestern zu Werke geht, werden sie nun haben, so viel ist zu vermuten.

Ach ja, die Gäste hatten Mitte der zweiten Hälfte ihr Pulver verschossen, wenngleich nach wie vor zwei schnelle Konter gefahren wurden, die aber keine Gefahr für den Abwehrverbund des FCD darstellten. Jetzt lag das Unentschieden in der Luft. Franjo Tuzlak zog über links davon, flankte butterweich auf den zentral freistehenden Thomas Wilhelmy. Dessen Kopfball landete zwar im Fangzaun, war aber das endgültige Signal, die Aufholjagd nun endlich mit Toren zu krönen. Aber noch war es nicht so weit. Max Kunz hämmerte mit links einen Drehschuss an die Latte, den Abstauberversuch von Fabio Dahlem machten gleich zwei Gästespieler kurz vor der Torlinie zunichte. Dann war Spielführer Flo Kröner dran. Direktabnahme aus 20 Metern, schade, dass

wiederum ein gegnerischer Verteidiger einen Fuß dazwischen bekam - die einheimischen Zuschauer hatten den Torschrei schon auf den Lippen. Begeisternd! Koca-Freundin Jana fieberte mit und drückte beide Daumen - das hatte Erfolg: Franjo Tuzlak feuerte aus halblinks eine Rakete ab, Keeper Kunze (ja, der mit dem "e") boxte das Leder nach vorne weg, und Fabian Dahlem stand da, wo ein Mittelstürmer stehen muss. Abstauber, 2:2. Klasse!

Jetzt bebte der Oiwernpark. Der FCD war wie ausgewechselt aus der Kabine gekommen und hatte das Spiel fast schon gedreht. Ausgewechselt wurde übrigens in der Halbzeit auch die Biersorte, die der FCD künftig im Oiwernpark seinen Gästen anbietet. Der launige Stadionsprecher Tom Schumacher hatte sogar ein passendes Lied gefunden, mit dem er das kühle Nass einer bekannten Brauerei aus der Eifel den Besuchern zum Verzehr auf dem Sportgelände feilbot. Herrlich!

Zurück zum Match: der FCD wollte nun den Sieg, wenngleich das Damoklesschwert eines Wörsdorf-Konters ständig über dem Geschehen hing. Allzu frisch waren die Erinnerungen an die starke erste Halbzeit der Taunusmänner! Dann kam die Schlussminute. Samim Mansur hatte bereits einige Vorstöße auf der rechten Seite gewagt, hatte sich immer wieder in der Gästeabwehr festgedribbelt. Jetzt kam er mit Siebenmeilenstiefeln nach vorne, wurde auf halbrechts angespielt und nutzte den freien Raum, um das runde Leder ins entfernte linke Eck zu dreschen. 3:2 - Unglaublich!

Lediglich die Gelb-Rote Karte von Kerim Hindic, der 10 Minuten vor Schluss mit der Gelb-Roten Karte wegen Foulspiels bestraft wurde, passte nicht so recht in`s Bild, aber: der FCD hatte den Mut, auch mit 10 Mann weiter nach vorne zu spielen und nicht nur das Unentschieden zu verwalten. Chapeau!

Der Rest des Abend ist schnell erzählt: nach dem Schlusspfiff fiel jeder über jeden her, und Vorsitzender und Mannschaftsbetreuer Jonas Lahnstein in Personalunion sprang an "seinen" Spielern so hoch wie einst nur Uwe Seeler beim Kopfball. Begeisternd!

Ein schöner Fußballabend endete erst nach Mitternacht mit neuem Bier, aber der alten Weisheit: "Beim nächsten Spiel geht wieder alles von vorne los!"

 

Joachim Lahnstein