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Längst verpasst? Oder gibt es eine Chance?

Zum hellen Wahnsinn in Sinsheim, Gladbach, Köln und anderswo

flw24-Kolumnist Claus Coester.

Jetzt heulen sie alle von Flensburg bis Berchtesgaden. Das, was da am Samstagnachmittag in Sinsheim über die Bühne gegangen ist – einfach ekelhaft. Man mag schon gar nicht mehr ein Spiel im Fernsehen verfolgen, geschweige denn ins Stadion gehen.

Das Phänomen ist nicht neu. Aber wie eine Geschwulst ist es im Laufe der Jahre gewuchert. Die Metastasen sind überall. Die Symptome sind ein unbändiger Hass auf beispielsweise einen Ehrenmann wie Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp, antisemitische Auswüchse – noch nicht in den Stadien – oder  Rassismus. Der aber ist längst auf den Tribünen angekommen. Hätte man nicht nach der Binsenweisheit „Wehret den Anfängen“ vor Jahren schon massiv einschreiten müssen?

Gut - „Hätte, hätte Fahrradkette….“ hilft uns jetzt nicht weiter. Aber den Bossen in den Vereinen muss man die Frage stellen: „Warum habt Ihr nicht schon viel früher die Zeichen der Zeit erkannt?“ Heribert Bruchhagen, der lange Jahre in Frankfurt beste Arbeit geleistet hat, bekannte sich kürzlich in einer Talkrunde diesbezüglich zu einem Versäumnis. Das macht den Mann sympathisch. Was ist mit Karl-Heinz Rummenigge, dem Bayern-Boss, oder Aki Watzke in Dortmund? Auch diese beiden müssten wegen allzu langem Zögern die Faust an die eigene Brust schlagen: Mea culpa. Und da ist nicht zuletzt noch der Verband, der DFB, seines Zeichens der größte Sportverband auf dem Erdball. Dazu die DFL. Vielleicht haben die ja noch eine Chance. Aber sie müssen eine Task Force gründen

Des Problems Herr zu werden ist wahrlich nicht einfach. Die Frage, was in den Köpfen solcher Übeltäter vorgeht, müssen Psychologen beantworten. Das hat die, die nun mit aller Energie eine Lösung suchen müssen, nicht zu interessieren. Nichts wäre falscher, wenn Laien hier von „kranken Hirnen“  sprächen. Wären sie krank, dürfte man diese für ihr Tun nicht zur Rechenschaft ziehen. Aber die Ultras in der Fanszene, die sich solcher Methoden bedienen, sind nicht krank, nein sie sind kriminell. Daher müssen sie für ihr kriminelles Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden. Wer wie in Hoffenheim oder letztens in Mönchengladbach Menschen im Fadenkreuz zeigt oder bösartige Diffamierungen auf Transparente schreibt, hat keinerlei Schonung verdient. Er ruft öffentlich dazu auf, jemanden umzubringen. Mag das Problem noch so schwierig sein. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten, wenn diese auch nicht billig sind, lassen sich diese Elemente identifizieren.

Um auf den oben angewandten Vergleich mit einem Krebsgeschwür zurück zu kommen. Die Medizin versucht bei einem Menschen, der von einer bösartigen Krankheit befallen ist, diese mit Radikalität – d.h. an den Wurzeln – zu beseitigen. Übertragen auf die Chaoten in der Ultraszene sollte das bedeuten:

Verantwortliche beim DFB, bei der DFL und bei den Vereinen! Schöpft alle legalen Mittel aus, um dieses furchtbare Pack aus den Stadien zu verbannen. Ihr habt lange genug die Augen zugemacht. Dass Trainer, Manager und Spieler, wie am Samstag geschehen, ein Zeichen setzen wollten, ist aller Ehren wert. Aber dies kann nur symbolischen Charakter haben. Gefragt seid Ihr. Ran ans Werk.