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Fußball mit Herz statt Kommerz - eine Einladung

flw24 Kolumnist Georg "Schorsch" Horz.

FLW24-Boss Domink Groß hat von mir eine Kolumne für nächste Woche bestellt. Großzügig wie er ist, hat er mir das Thema überlassen. Über was soll ich schreiben? Soll ich mich mit den Aussagen vom anderen Kolumnisten, meinem Freund Max Stillger und seinen Aussagen vom 15.11.2018 zu Börsengängen und anderen Transaktionen auseinandersetzen? "Geld regiert die Welt" und "für mich bedeutet das: der Fußball wird immer mehr als Wirtschaftsfaktor erkannt", schreibt er. Ganz bestimmt will ich das nicht. Erstens habe ich keine Ahnung vom "Big Business" und außerdem ist mir scheißegal, ob Bayern München und Borussia Dortmund aus dem DFB und UEFA ausscheiden und mit anderen elitären europäischen Spitzenclubs eine Inzuchtsvereinigung (ein geschlossener Kreis von Vereinen spielt nur noch gegeneinander) gründen, wo keiner absteigen kann. Sollen sie sich doch verpissen, ich heule ihnen keine Träne nach und werde mir auch keines dieser Spiele ansehen.

Wobei mir das schon etwas Spaß macht, dass der UEFA und dem DFB die Muffe geht, dass diejenigen, die am meisten von ihnen hofiert wurden, ihren Abflug planen. 

Einer der Totengräber des Deutschen Amateurfußballs, Präsident Grindel, ist übrigens am Donnerstag, den 22.11.2018, 19.00 Uhr, Gast des Limburger Kreises, Veranstaltungsort ist der Brunnen in Niederselters.

Meine Fußballwelt ist eine andere: D-Junioren Bad Camberg gegen Waldbrunn, beliebig austauschbar gegen jedes andere Jugendspiel, was ich pfeifen darf, oder A-Junioren Hessenpokal Hünfelden gegen Wehen mit über 300 Zuschauern.

Leider aber auch: heute war ich als Schiedsrichter bei TSV Ostheim II gegen SV Schwalbheim eingeteilt. Nein, es hätte mir nichts ausgemacht, ein B-Ligaspiel in Butzbach zu pfeifen. Auch Spiele in den unteren Ligen müssen gepfiffen werden. Um 13.00 Uhr sollte das Spiel beginnen, meine Tasche war gepackt, Vereinbarungen mit der Frau für Aktivitäten nach der Rückkehr am späten Nachmittag waren getroffen. Sie hatte sich darauf eingerichtet, mit den beiden Söhnen, einer mit Wadenbeinbruch verletzt, der andere kickt nicht mehr, alleine zu Mittag zu essen. Armin Kling, Klassenleiter, hat mir dann um 11.00 Uhr telefonisch mitgeteilt, das Spiel fällt aus, Ostheim kriegt keine Mannschaft zusammen. Woher nehmen sich die kurzfristig absagenden Vögel von Ostheim eigentlich die Berechtigung, der gegnerischen Mannschaft und dem Schiedsrichter die Möglichkeit zu nehmen, sich am Sonntagnachmittag körperlich zu ertüchtigen/ihrem Hobby nachzugehen und dies erst 2 Stunden vor Spielbeginn?

Ein Einzelfall? Nein, am Sonntag, den 18.11.2018 wurden im Seniorenfußball im Kreis Limburg-Weilburg 3 Spiele kampflos entschieden:

SG Selters 2 gegen SC Ennerich, FV Weilburg gegen TUS Obertiefenbach 2, TUS Lindenholzhausen 2 gegen SV Allendorf. 

Es geht auch anders herum. Sonntag, den 11.11.2018, Vormittag, Kaffeetrinkenszeit. Mit Helmut Griesand vom SC Dombach sitze ich mehrmals in der Woche vormittags im REWE Niederselters mit einigen Rentnern zusammen. Mit Walter Klein von der SG Selters haben wir einen dritten Fußballexperten in der Runde. Helmut Griesand ríef mich an, er suchte für das Reservespiel einen Schiedsrichter, der eigentlich angesetzte hatte kurzfristig abgesagt. Helmut ist einer der Garanten, weshalb in dem kleinen Örtchen seit vielen Jahren mit 2 Mannschaften Seniorenfußball angeboten wird, er kämpft um den Fortbestand des Fußballs und seines Vereins. Die Klasse hat ohnehin nur wenige Mannschaften, 4 Mal waren Gegner zuvor nicht angetreten. Jetzt sollte in kürzester Zeit schon das 5. Spiel ausfallen. Helmut befürchtete, dass ihm die Spieler weglaufen, er wollte Alles tun, damit das Spiel stattfindet. Helmut war erfolgreich. Ich konnte ihm nicht helfen, hatte zwar keine Spielleitung, war aber Wahlhelfer bei der Stichwahl zum Landrat. Luca Hammerl vom FSV Würges sicherte den Erfolg, er stellte sich kurzfristig zur Verfügung und hat seine Sache laut Helmut toll gemacht.

Wieso muss sich eigentlich ein Vereinsvertreter um einen Schiri kümmern?

In meiner Zeit beim TUS Hahnstätten im Fußballverband Rheinland war das besser geregelt. Die Schwarzkittel hatten eine Ersatzbank, eine kleine Anzahl stand für kurzfristige Absagen Gewähr bei Fuß. Allerdings bewegten sich damals die Absagen der Spielleiter in wesentlich kleinerem Rahmen. Da muss sich die eine oder andere Pfeife mal kritisch hinterfragen, was er den Ansetzern mit Absagen an Mehrfachansetzungen, insbesondere den kurzfristigen, an zusätzlicher Arbeit aufbürdet.

Den Fernsehbericht dieser Woche, wonach es immer schwieriger wird, alle Spiele zu besetzen, habe ich im Netz nicht gefunden. Lösungsansatz könnte - neben Gewinnung von Neulingen, die dann auch bei der Stange bleiben - sein, dass die Zahl der zu leitenden Spiele (derzeit 12) verdoppelt würde. Über den Daumen gepeilt ist das momentan 1 Spiel in 4 Wochen, mir wäre das zu wenig. So, wie sich die Spieler, die Betreuer und die Zuschauer aber teilweise gegenüber dem Spielleiter benehmen, kann ich das verstehen. Jeden Sonntag muss man sich das nicht antun, von Gott und der Welt bepöbelt und beleidigt zu werden und für grottenschlechte Leistungen und Ergebnisse anderer verantwortlich gemacht zu haben.  

Mir wäre daran gelegen, dass sich die Funktionäre auf Verbands- und Vereinsebene mal mehr Gedanken über die Zukunft des Amateurfußballs machen würden. 2 Vereine A und B brauchen nach den Vorschriften jeweils 3 Schiedsrichter. Verein A hat sie, diese pfeifen ihre 12 vorgeschriebenen Spiele, bringen sich also mit 36 Spielen in den Spielbetrieb ein, Verein A wird nicht bestraft. Verein B hat nur 2 Spielleiter, diese stehen den Ansetzern aber für jeweils 100 Spiele zur Verfügung. Trotz der 200 Spiele wird der Verein B bestraft. Das soll verstehen, wer will, Fairplay ist das nicht, sichert dem Verband aber Gelder durch Bestrafungen.

Apropos Fairplay: jeder Schiedsrichter muss im Rahmen des Spielberichtes einen Zusatzbericht über rassistische und diskriminierende Vorfälle schreiben. Ein solcher hat mich am ersten Sonntag im September 2018 am späten Abend eine Stunde gekostet. Ein Spieler hatte den Linienrichter wegen dessen körperlichen Behinderung und des Aussehens beleidigt und dadurch übel diskriminiert. Mich kotzt es an, diesen Täter Sonntag für Sonntag, offensichtlich nicht mit einer Sperre bestraft, in der Mannschaftsaufstellung und bei den Torschützen zu lesen. Der Verband sollte die immer weniger werdenden Ehrenamtlichen hegen und pflegen und besonders schützen.  

Müssen wir als Limburger Schiedsrichter in die Wetterau und nach Frankfurt fahren? Die Vereine können mit den spärlichen Zuschauereinnahmen schon lange nicht mehr die Schiedsrichterkosten decken. Schiedsrichteraustausch mit der direkten Nachbarschaft ist okay.

Wieso wird ein Spiel der Alten Herren, Spielzeit 2 x 35 Minuten, mit 22.- € entlohnt, während für die Spiele von der D bis zur A nur 12.- € Spesen gezahlt werden. Auch wenn es traurig ist - bei gleicher Entlohnung von Jugend- und Seniorenspielen hätten die Ansetzer wesentlich weniger Schwierigkeiten, die Jugendspiele zu besetzen.  

Aber probiert es ruhig einmal: Seniorenspiele werden mangels Schiedsrichter nicht mehr komplett besetzt, Betreuer von Mannschaft A pfeift die 1. Halbzeit, einer von B die 2. Hälfte. Ihr werdet großes Kino / Kasperletheater erleben und unseren Sport endgültig der Lächerlichkeit preisgeben.  

Was ich eigentlich sagen wollte: ich mache mir große Gedanken um die Zukunft unseres Amateurfußballs, es geht in vielen Bereichen stark bergab. 

Wir müssen die Menschen für unseren Amateurfußball und unsere Vereine wieder begeistern, endlich dem Abwärtstrend entgegenwirken.

Von Euch, Dominik Groß, und Max Stillger, weiß ich, dass Ihr sehr oft beim Profifußball in Frankfurt, in Nürnberg, in Dortmund, in Russland und in der Bundesliga und bei der Nationalmannschaft unterwegs seid.

Ihr seid beide Brecher Bube. Am kommenden Freitag, 23.11.2018, 18.00 Uhr, steigt in Oberbrechen das Spitzenspiel der D-Junioren-Kreisliga zwischen der JSG Brechen / Weyer, Tabellenzweiter, 5 Spiele, 10 Punkte, plus 11 Tore, gegen den Tabellenführer JSG Hünfelden, 5 Spiele, 13 Punkte, plus 14 Tore. Hier fühle ich mich besonders wohl. Ich lade Euch recht herzlich zu der Veranstaltung Fußball mit Herz statt Kommerz ein, Ihr werdet Euer Kommen nicht bereuen, ich habe beide Mannschaften diese Saison schon geschiedrichtert, ich erwarte ein tolles Spiel. Natürlich ist auch jeder andere Fan herzlich willkommen, Eintritt wahrscheinlich frei.