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Auf einem guten Weg

flw24 Kolumnist Max Stillger. Foto: pivat

Achtung Satire:

Nachdem ich meinen mir selbst auferlegten Boykott der Länderspiele jetzt über die ersten vier Spiele durchgezogen habe, bin ich dann beim „Zappen“ doch zufällig bei der ARD hängen geblieben und hörte mir die Interviews der Protagonisten nach dem Frankreich-Spiel an.

Mit Sätzen wie „Wir haben gute Ansätze gesehen“, „Darauf kann man aufbauen“ analysierte ein allseits wegen seiner fußballerischen Kompetenz geschätzter führender Verbandsmitarbeiter messerscharf die aktuelle Situation.

Man könnte denken: Dann ist ja nach der schlechtesten WM aller Zeiten alles wieder in Ordnung und wir sind auf einem guten Weg.

Aber leider ist Fussball immer noch eine ergebnisorientierte Ballsportart. Und die Weisheit „die Tabelle lügt nicht“ wird so oft verwendet, dass man nicht mehr weiß, wer denn die Urheberrechte auf diesen Spruch hat. 

Ich fühlte mich jedenfalls nahtlos an die Diskussion nach der Bayern-Wahl erinnert, wo man fast allen Parteienvertretern eigentlich sagen muss „Geht nach Hause“, aber jeder dieser Schwätzer meint, er könne sich sein schlechtes Ergebnis „schön reden“

Auf alle Fälle kann die deutsche Mannschaft aus eigener Kraft den Klassenerhalt in der Gruppe A nicht mehr schaffen und ist auf Schützenhilfe angewiesen. „Dann steigen wir halt ab,“ so ein sichtlich gelangweilter Joachim Löw, als er im Interview auf diese Konstellation angesprochen wurde. Körpersprache und Wortwahl des Bundestrainers bei diesem kurzen Interview haben bei mir jedenfalls den Eindruck verfestigt „eigentlich habe ich gar keinen Bock mehr“.

Und mal ganz im Ernst: Bei jedem Bundesligaverein wäre er nach den jüngsten Ergebnissen – unabhängig von seinen vergangenen Verdiensten – hochkant rausgeflogen.

Aber der Deutsche-Fussball-Bund im Jahr 2018 ist ein „ehrenwerter Verein“ – dort herrscht nach außen stramme Geschlossenheit und „Treueschwüre“ werden hier noch eingehalten. 

Hammer-Gruppe droht

Bis jetzt hat mich diese „Nations-League“ so gut wie nicht interessiert, außer dass ich mich freue, dass Länder wie Luxemburg oder Gibraltar, die bisher nur Kanonenfutter darstellten, plötzlich binnen einer Woche jeweils zwei Siege feiern konnten. 

Und der Sieger der Gruppe D, der in den Playoffs unter den vier „Untergruppen“-Siegern ausgespielt wird, bekommt einen Startplatz bei der EM-Endrunde 2020.

Aber jetzt kommts: Bei der Auslosung der Qualifikationsplätze für die EM 2020 werden die besten zehn Teams der Nations-League gesetzt. Die Gruppe A hat aber zwölf Plätze und bei einer Niederlage im letzten Spiel gegen die Niederlande steigt die deutsche Mannschaft nicht nur ab, sondern belegt auch ziemlich sicher einen der beiden letzten Plätze in der übergreifenden Tabelle aller Gruppe A-Teams.

Also aufgepasst in der Otto-Fleck-Schneise: Es droht nicht nur Abstieg in die Gruppe B der Nations-League, sondern auch noch eine Hammer-Gruppe bei der für den 2.Dezember terminierten Auslosung für die von März-November 2019 stattfindende EM-Qualifikation.

Eine EM 2020 ohne die deutsche Mannschaft?

Vor der WM 2018 hat auch keiner gedacht, dass wir in der Vorrunde ausscheiden.

Aber auch für diesem Fall werden sich sicher gute Argumente finden, die dann mit einem angeknipsten Grinsen dem Volk verkauft werden.

Und wie gesagt: „Wir sind ja auf einem guten Weg“…

„Was darf Satire? Alles“ Kurt Tucholsky

„Wenn ich alles sage, was ich denke, werde ich ein Leben lang gesperrt“. Jürgen Klopp