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Auch Kolosse haben kleine Ursprünge

Ein paar Farbtupfer aus der Steinzeit des deutschen Fußballs

Das Stadion Köln Weidenpescher Park war 1905 und 1910 Austragungsort des deutschen Endspiels. Fotos: Claus Coester

Der DFB ist bekanntermaßen der größte und reichste nationale Sportverband auf diesem Planeten. 1900 aus dem Ei geschlüpft, zählt er heute rund 7 Millionen Mitglieder. Das gehört quasi zum Basiswissen des fußballgebildeten Zeitgenossen. Rund 160.000 Mannschaften kicken unter dem Dach des DFB. Da beginnt schon das Spezialwissen über diesen Riesen. 

Bescheidene Ursprünge

Klein hat alles angefangen. Vor Gründung des DFB gab es immerhin einen einzigen Meister des „Bundes deutscher Fußballspieler von 1891“. Diesen Titel – ein Unikat also - darf für sich der Berliner FC Germania 1888 beanspruchen. In der Folge wurde elfmal seit 1892 unter dem Dachverband „Deutscher Fußball- und Cricket Bund“ ein Titel vergeben.  Hier spielten sich ausnahmslos Berliner Klubs in den Vordergrund. Die Hauptstadt wurde zum Trendsetter für das Spiel mit dem runden Leder. Fünfmal trug sich der Berliner TuFC Viktoria 1889, viermal der Berliner FC Vorwärts 1890 in die Liste der Meister ein. Die Reihe startet mit dem English FC 1890 Berlin und schließt mit dem Berliner SC 1893.

Bühne frei für den DFB

Seit 1903 gibt es einen unter der Ägide des DFB ermittelten deutschen Meister. Die Liste wird für immer vom VFB Leipzig angeführt werden. Der VFB besiegte im Stadion auf der Exerzierweide in Hamburg-Altona den Deutschen FC Prag. Bitte nicht verwirrt sein! Der Verbrecher aus Braunau mit dem Schnurrbart war noch nicht an der Macht. Er ließ seine Wehrmacht erst mehr als 30 Jahre später gegen das Völkerrecht nach Böhmen und Mähren einmarschieren. Da hatten die Großmächte Frankreich und England noch die Augen zugedrückt und das faschistische Italien sein Plazet gegeben. Der Überfall auf die sog. Rest-Tschechei ging dann auf Hitlers eigene Kappe. Wie kommen also die Prager Kicker in ein deutsches Endspiel? Ganz einfach: Dieser Prager Fußballklub, der noch zur k.u.k. Monarchie Österreich-Ungarn gehörte, hatte sozusagen Gastspielrecht und nahm am Spielbetrieb des DFB teil. Die Prager Jungs zogen beim 7:2 gegen die Sachsen deutlich den Kürzeren.

Leider konnte der erste deutsche Meister ein Jahr später seinen Titel nicht bestätigen. Er war zwar wieder im Finale, der Gegner hieß jetzt Berliner TuFC Britannia 1892 (Berliner Thor- und Fußballclub). Doch das für Kassel vorgesehene Endspiel fand einfach nicht statt. Der Verband hatte wegen einiger Proteste von Endrundenteilnehmern gegen den Austragungsmodus den Wettbewerb vor dem Finale kurzerhand annulliert. Ein Jahr später trug sich der Berliner TuFC Britannia 1892 dann als zweiter deutscher Fußballmeister in die Liste ein. Der Karlsruher FV wurde am 21. Mai 1905 von den anglophilen Jungs  aus der Hauptstadt mit 2:0 besiegt. Der Ort des Triumphes Köln Stadion Weidenpescher Park, das mit 3500 Zuschauern gefüllt war. Die Haupttribüne, die in ruinösem Zustand im Norden der rheinischen Metropole neben der großen Galopprennbahn denkmalgeschützt ihr kümmerliches Dasein fristet, kann noch aus den Kindertagen des deutschen Fußballs erzählen.

Anheimelnde Fußball-Sportplätze

Was waren das noch für Namen, als unsere Altvorderen den deutschen Meister ermittelten! Der VFB Leipzig holte sich zum zweiten Mal die Trophäe auf dem 1.FCN-Platz an der Ziegelgasse in Nürnberg. Der Berliner TuFC Viktoria 1889 – den kennen wir jetzt schon – reiste zum Finale 1910 nach Dresden zum Sportplatz an der Hygieneausstellung, um dem VFB Leipzig das Nachsehen zu geben. Da muss es auf jeden Fall sauber zugegangen sein. Zu den Sandhöfer Wiesen in Frankfurt hätten es die Eintracht und die Offenbacher Kickers 1920 nicht weit gehabt. Aber sie waren nicht mehr in der Konkurrenz. Anreisen aber mussten aus Mittelfranken die Finalisten 1. FC Nürnberg und Spvgg. Fürth. Der Club besiegte die Kleeblätter vom Ronhof mit 2:0 und eröffnete die glorreiche Serie von bis heute neun deutschen Meistertiteln. 

Kühle High-Tech-Arenen

In den Namen der heutigen Fußball-Stadien spiegelt sich die Entwicklung dieser wohl weltweit populärsten Sportart wider. Der Fan wandert heute in die Allianz-Arena, die Commerzbank-Arena oder die Mercedes-Benz-Arena. Die Stadien-Namen müssen heute vermarktet werden, um mitzuhelfen, die wahnsinnigen Etats der Profiklubs mit den ebenso wahnsinnigen Spielergehältern zu stemmen. Natürlich bestätigen Ausnahmen die Regel. Am Niederrhein oder an der Weser geht man (noch) in den Borussen-Park oder das Weser-Stadion.

Dritte Halbzeit in Mannheim

Das waren noch Zeiten, als der Freiburger FC im Jahr 1907 – ja da ist er schon wieder – beim 3:1 über den Berliner TuFC Viktoria 1889 zum ersten und einzigen Male die Viktoria, die Wandertrophäe von 1903 bis 1944, auf dem MFG-96-Platz an den Brauereien in Mannheim in den Himmel stieß. Dass da das Bier nicht ausging und die dritte Halbzeit zünftig gefeiert wurde, versteht sich von selbst.