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Den Hebel im Kopf umlegen

flw24-Kolumnist Michael von Kunhardt

Nun sortieren sich nach dem 3. Spieltag der Fußball-Bundesliga die Mannschaften bereits im wesentlichen schon wieder dort ein, wo man sie auch standardmäßig erwartet. Schalke 04 ist als Tabellenvorletzter sicher eine Ausnahme und erfahrungsgemäß gibt es auf Schalke sehr schnell beträchtliche Unruhe, wenn es nicht wie gewünscht läuft. Was mir persönlich bei dem vielfachen oft sehr unsachlichen Gezeter - ob regional, national und auch international - insgesamt fehlt, ist:

1.   die sportliche faire Anerkennung der Leistung des möglicherweise verdient siegreichen Gegners

2.   die Akzeptanz, dass es bei starker Leistungsdichte vollkommen normal ist, dass Spiele verloren gehen

3.   eine angemessene Analyse warum es aktuell nicht läuft

4.   ein konstruktiver, lösungsorientierter Vorschlag wie es zukünftig wieder besser funktioniert

5.   eine intensive Stärkung des Teams und des gesamten Systems, denn wie in der ersten Kolumne bereits   erwähnt, ist Selbstvertrauen die Siegermentalität Nr. 1 – und schließlich soll das Team ja wieder gewinnen 

Konstruktivität anstelle Destruktivität

Mental starke Mannschaften und mental starke Einzelsportler haben genau diese Fähigkeit, sich rasend schnell konstruktiv wieder neu auszurichten. Hierzu ein Beispiel aus dem Tennis: Novak Djokovic, Weltranglistenerster im Tennis, hatte bis Mitte letzten Jahres alle wichtigen Turniere der ATP-Tour mindestens 1 x gewonnen  - nur die French Open nicht und unterlag in Paris wieder im Finale. Wenige Wochen später gewann er in Wimbledon in grandioser Manier gegen einen extrem stark aufspielenden Roger Federer. Nach dem Wimbledonsieg fragte ihn ein Journalist folgendes: „Novak Djokovic, wie haben Sie es geschafft, dass Sie nach der erneuten Niederlage in Paris sich innerhalb weniger Wochen wieder so aufgerichtet haben, dass sie auf solch herausragend starke Art und Weise das Turnier in Wimbledon gewinnen konnten? Denn die erneute Niederlage in Paris hatte Ihnen doch sicherlich richtig weh getan - oder?“ Djokovic antwortete: „Ja, es stimmt – die Niederlage hat mir weh getan, sie hat mir sogar für einen Moment das Herz heraus gerissen. Aber wissen Sie, wenn es eine Sache gibt, die ich im Sport gelernt habe, dann die: wenn etwas schief geht, Du scheiterst oder verlierst, musst Du die Sache abhaken, hinter Dir lassen und nach vorne blicken (Anm. des Autors: bis hierhin kennen wir das...und jetzt wird`interessant...:). Und dazwischen musst Du Dich so schnell es geht erholen“. Vor allem den letzten Teilsatz finde ich bemerkenswert: „so schnell es geht erholen“.  Wie lange benötigt ein Team, ein Einzelsportler, um sich wieder lösungsorientiert auf Erfolg auszurichten? Und auch dazu gehört schon wieder ein starkes Selbstvertrauen des Trainers und des gesamten Teams, mit ruhigem und kühlen Kopf auch gegen mögliche Widerstände und begleitendem Gezeter eben exakt das zu unternehmen, was dem Team genau jetzt hilft. Mental aufgeräumte Athleten und Teams agieren immer lösungsorientiert, mental schwache Teams verwenden hingegen viel mehr Zeit auf wenig hilfreiche Selbstzerstörung.

Resilienz 

Um nach Niederlagen und Fehltritten wieder schnellstmöglich in Tritt zu kommen, benötigen wir vor allem ein sich agil und selbst regulierendes System. Und das lässt sich als generelle Haltung präventiv, also im Vorfeld, trainieren. Denn wir wissen doch: Ein Sportler / ein Team kann noch so gut trainiert und vorbereitet sein – es kann jedoch immer zu Störungen kommen. Da nicht alle Störungen vorhersehbar sind, ist es sehr hilfreich, eine generelle förderliche Haltung einzunehmen / bzw. jederzeit einnehmen zu können, eben wenn Störungen auftreten.

Ein hilfreicher variabel einsetzbarer Ansatz ist Resilienz:

Als Resilienz wird die Fähigkeit bezeichnet, einer Druck – und Stress-Situation elastisch zu begegnen und zu überwinden. Wie z.B. ein Grashalm, der sich bei heftigem Winddruck zum Boden neigt, um sich, sobald die Unruhe vorbei ist, wieder unversehrt aufzurichten. Wäre der Grashalm starr, würde er frühzeitig brechen. Somit ist derjenige resilient, der in der Lage ist, im erforderlichen Moment elastisch statt starr zu sein, um sich anschließenden neu und mit Freude aufzurichten und die unbekannten Herausforderungen der Zukunft klug aufgestellt, gelassen und innovativ zu bewältigen. Es gibt verschiedene Ansätze, Resilienz zu definieren. Für eine Übertragung auf den Sport, finde ich das 7-Säluen-Modell sehr nützlich:

 Die 7 Säulen der Resilienz:

1 - Optimismus (dass es eine Lösung gibt, die nur noch nichtmidentifiziert ist)

2 - Akzeptanz (dessen was nicht mehr zu ändern ist)

3 - Lösungsorientierung

4 - Die Opferrolle verlassen

5 - Verantwortung übernehmen

6 - Netzwerke aufbauen (Hilfe suchen und sich helfen lassen)

7 - Zukunft planen (und konstruktiv nach vorne schreiten) 

Wir werden in den nächsten Kolumnen immer wieder mal auf resiliente Sportler und Teams eingehen und anhand konkreter Beispiele, mental erfolgreiche, resiliente Personen und Systeme in den Fokus stellen.

Für heute wünsche ich allen Teams, die einen schlechten Start in die Saison hatten, eine sehr resiliente Haltung und schnellstmögliche Erholung. Ich wünsche allen Teams auch eine souveräne Haltung denen gegenüber, die sowieso nur zum Sportplatz und ins Stadion gehen, um das eigene Team verlieren zu sehen, um sich durch Negativierung anderer selbst besser und stärker zu fühlen. Und einen klaren Blick für grandiose Unterstützer, die hingegen in bester Absicht wirklich helfen und dem Team gut tun.

Uns allen wünsche ich eine extrem spannende Saison in allen Ligen, die wiederum die Teams an deren mentale Grenze führt und somit insgesamt für Entwicklung sorgt.

Herzlichst und sportlichst und spätestens bis zur nächsten Kolumne

 

Michael von Kunhardt