Anzeige

Saisonendspurt: Der Druck steigt - Wer hat am meisten zu verlieren?

Kolumne von Thomas Zampach

flw24 Kolumnist Thomas Zampach

Liebe flw24-Leser,

jetzt ist es soweit, die entscheidende Phase der Saison beginnt. Meisterschaft, Aufstieg Abstieg, oder doch noch Relegation – jetzt geht es ans Eingemachte und auch darum, den ganzen Aufwand des Fußballjahres zu vergolden bzw. sich und sein Team zu belohnen.

Auch die Psychologie spielt jetzt eine Rolle: Wer geht mit dem ganzen Druck besser um und wer hat am meisten zu verlieren? 

Dazu möchte ich Euch gerne einige Beispiele aus dem Profi-Fußball schildern:

Beispiel Mainz 05 in der Saison 2011/02

Mainz 05 hatte beim ersten Versuch in die Bundesliga aufzusteigen (in der Saison 2001/02) unter Trainer Jürgen Klopp eine immens große Chance auf den Aufstieg. Die Mainzer waren einige Spieltage vor Schluss sechs Punkte vor den Nicht-Aufstiegsplätzen und mussten den Vorsprung eigentlich nur noch ins Ziel bringen. Dann kam das drittletzte Spiel in Duisburg und die Mainzer mussten sich mit einem 0:0 begnügen und auf einmal kam die Angst, doch noch Versagen zu können. Zu allem Übel kam am nächsten Spieltag Angstgegner SpVgg Greuther Fürth ins damalige Bruchwegstadion.

... der Druck steigt!

Fans und Medien fingen schon an, zu spekulieren und zu rechnen: Die Mannschaft der Mainzer, die 31 Spieltage lang einen so Herz erfrischenden Fußball gespielt hatte, wird doch jetzt nicht noch VERSAGEN – so das einhellige Credo bei Fans uns Medien. Doch der Druck beim Team stieg, doch noch etwas verlieren zu können. Einen Druck, den das Team vorher – vor der Endphase der Saison – ganz einfach nicht so verspürt hatte. Natürlich ist die ganze Saison entscheidend – und die Punkte, die ich am Anfang nicht geholt habe, kann ich hinten heraus nicht mehr aufholen – aber dennoch steigt der Druck zum Schluss enorm, weil man schlichtweg das Erarbeitete verlieren kann. Und bei den Mainzern kam es wie es kommen musste, die Partie gegen Fürth ging verloren. Aber man hatte ja immer noch den Showdown am letzten Spieltag bei Union Berlin und zwei Punkte Vorsprung vor dem ersten Nicht-Aufstiegsplatz.

„Werden wir jetzt die Deppen der Nation?“ 

In den Köpfen der Spieler reiften Gedanken wie: „Mainz und ganz Deutschland werden uns als die größten Deppen verspotten, wenn wir das jetzt doch noch Vergeigen.“ Versagensängste machen sich breit und man denkt einfach viel zu viel nach (im Fußball ist das nicht unbedingt das Beste ;)...). Zurück zu Mainz 05: Wenn dann im letzten und alles entscheidenden Spiel der Gegner auch noch in Führung geht, dann wird das Selbstvertrauen in die eigene Stärke noch kleiner und die Versagensängste wachsen. Die negative Spirale dreht sich weiter. Die Mainzer verloren die Partie und stiegen letztendlich nicht auf.

Das Gegen-Beispiel – „Nix zu verlieren“

Zwei Jahre später (Saison 2003/04) war Mainz 05 ca. fünf Spieltage vor Schluss sieben Punkte hinter den Auftstiegsrängen. Ich erinnere mich noch - damals sagte jeder, das mit dem Aufstieg ist rum, das schaffen wir nicht mehr. Ohne Druck und Ängste (man konnte ja nichts verlieren, sondern nur gewinnen) starteten die Mainzer eine Erfolgsserie, lagen vor dem letzten Spiel auf Rang vier der Tabelle und schafften mit einem 3:0 gegen Eintracht Trier und einer gleichzeitigen 0:1-Niederlage des Konkurrenten Alemannia Aachen tatsächlich noch den nicht für möglich gehaltenen Aufstieg in die Bundesliga - in der sie heute noch erfolgreich spielen.

Relegationsspiele von Darmstadt 98

Kommen wir zu dem Relegationsduell zwischen Darmstadt 98 und Arminia Bielefeld. In solchen Spielen nimmt die vorherige Entwicklung einer Mannschaft (Ergebnisse und Verfassung in den letzten Spielen vor der Relegation) eine äußerst entscheidende Rolle ein. Die Darmstädter gingen damals mit einer Reihe von Siegen und sehr viel Selbstvertrauen in die Relegationsspiele. Bielefeld hingegen blickte auf eine Negativ-Serie in den letzten Spielen  zurück. Bei der Relegation ist es durchaus entscheidend, wie ich in die Relegation hinein komme. Hab ich mich mit einen positiven Schlussspurt in die Relegation gerettet (und habe entsprechendes Selbstvertrauen und eine positive Einstellung) oder bin ich aus einer guten Ausganglage noch in die Relegation rein gerutscht (und nehme Selbstzweifel und eine negative Einstellung mit). Rutsche ich mit einem negativen Trend in die Relegation und habe auf einmal noch was zu verlieren, was vorher schon fast sicher geglaubt war oder schaffe ich etwas, mit dem ich vorher gar nicht so wirklich gerechnet habe und nehme den positiven Trend mit. Letzteres hatte Darmstadt getan und ist aufgestiegen.

Glück hat nur der Tüchtige 

Aber dennoch gilt: Jedes Spiel und jeder Treffer sind wichtig und nicht erst die Partien ab Spieltag 28. Oftmals spricht man am Ende von „Glück“, aber ich glaube, dass man sich „Glück“ erarbeitet – okay fünf Euro ins Phrasenschwein – aber dennoch, Glück hat nur der Tüchtige. Genauso wie man Talent trainieren muss, sonst schwindet es. Denn Qualität kommt von Qual und nur wer sich für den Erfolg schindet, wird selbigen auch haben.

Unseren hessischen Proficlubs wünsche ich allensamt den Klassenerhalt und Mainz 05 den Einzug in die Euro League. Und allen Kickern im flw-Land wünsche ich ebenfalls einen erfolgreichen Saisonendspurt – setzt Euch nicht unnötig unter Druck und versucht positiv und mit ganz viel Selbstvertrauen an die Aufgaben heran zu gehen. Ihr schafft das!

Euer Zampe