Anzeige

Rückenschmerz o weh - Das Kreuz mit dem Kreuz

Als vor etwa 3 Millionen Jahren ein Teil unserer Vorfahren vom Baum fiel, begann das Martyrium mit der Wirbelsäule. So, oder so ähnlich könnte man die ersten menschenähnlichen Wesen auf der Erde und “Kreuz mit dem Kreuz” beschreiben. Die Weite der Grassteppen Afrikas zwang die Ur-Menschen von vier auf zwei Beine, um den Überblick zu behalten. Er geht aufrecht, und die vorderen Gliedmaßen sind zu Armen und Händen entwickelt. Als Kleinkind vollzieht übrigens jeder Mensch diese Entwicklung in wenigen Monaten nach. Die Wirbelsäule und Becken- Konstruktion des Menschen machten auf der Jahrmillionen langen Evolutionsleiter jedoch kleinere Schritte als sein Intellekt. Zwar formte sich die Wirbelsäule zum Doppel-s-förmig gekrümmten Stab, der zur Bewegung, zur Rumpf Stabilisierung und zum Nervenschutz fähig ist, die Lendenwirbelsäule als Zone höchster Belastung blieb aber ihr anfälligster Teil.

Rückenschmerzen sind ein komplexes Geschehen. Sie sind daher keinesfalls nur einseitigen Belastungen oder Baufehlern individueller oder gesamtmenschlicher Natur zuzuschreiben. Sie haben in jedem Fall auch psychische und soziale Ursachen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Patienten mit ständigen Rückenschmerzen als ein besonderes Verhaltensmuster eine hohe Leistungsanforderungen an sich selbst stellen. Bei Problemen mit der Selbstbehauptung (Selbstvertrauen, Durchsetzungsvermögen, Selbstsicherheit) kommt es beispielsweise häufig zu Beschwerden der Halswirbelsäule. Menschen mit einem Bandscheibenvorfall zeigen sehr häufig hohe Stressoren.

Neben ständigem Zwangshaltungen, zum Beispiel die Schreibtischarbeit oder die Tätigkeit am Computer, kann auch eine Überlastung durch Sport zu Beschwerden führen. Leistungssportliche Ambitionen bei unzureichenden muskulären Voraussetzungen sind für die Wirbelsäule genauso gefährlich wie Bewegungsmangel und Sitzzwang. Wirbelsäulenprobleme können aber auch durch Fußdeformationen oder anatomische Baufehler der Wirbelsäule bedingt sein. Oftmals handelt es sich bei den Rückenbeschwerden aber um einen Mix verschiedener Faktoren. Einen großen Anteil der Beschwerden verursachen so genannten neuromuskuläre Dysbalancen!

Unter dem Begriff muskuläre Dysbalance versteht man die Verkürzung einer aktiven Muskelgruppe (Agonisten) bei gleichzeitiger Erschlaffung des muskulären Gegenspielers (Antagonisten).

So wird beispielsweise durch die krumme Sitzhaltung am Bildschirm, im Auto, auf der Couch mit nach vorne hängenden Schultern der große Brustmuskel ständig verkürzt. Gleichzeitig wird die Muskulatur des oberen Rückens überdehnt. Die Folge: es bildet sich ein RundRücken, der die gesamte Statik der Wirbelsäule und das Muskelsystem beeinträchtigt.

Allgemein entstehen Ungleichgewichte, wenn bestimmte Muskeln durch zu einseitige Beanspruchung im Alltag überlastet werden und sich verhärten, während andere Muskeln aufgrund ständiger unterforderung Muskelmasse abbauen. Durch diese unterschiedlichen Zug- und Druckverhältnisse wird der passive Bewegungsapparat zu sehr in eine Richtung gezogen. Gelenke, Bänder, und Sehnen geben dem größeren Zug nach und verändern ihre Position in der Statik. D.h. die Schultern kippen nach vorne wenn die Brustmuskulatur zu stark zieht. Gleiches passiert im Bereich des unteren Rückens wenn dich das Verhältnis Bauchmuskulatur und Rückenmuskulatur nicht in der Ballance befindet.

Auch hieraus ist die Folge, dass ein Gelenk den unterschiedlichen Zugverhältnissen nachgeben muss. In diesem Fall ist es die Hüfte die entweder bei zu starker Bauchmuskulatur nach hinten kippt oder bei zu starker Rückenmuskulatur nach vorne. In 80 % der Fälle haben Rückenschmerzen ihre Ursachen also nicht in einer deformierten Anatomie des Knochengerüstes, sondern sind auf muskuläre Dysbalancen und einseitige Fehlhaltungen in Kombination mit Bewegungsmangel zurückzuführen.

Hier gilt es mithilfe der richtigen Übungen entsprechende Muskulatur zu stärken und zu dehnen. Entsprechende Dehneinheiten sollten nicht zwingend mit Bewegung kombiniert werden. (siehe letzter Kolumnen-Artikel).

Euer Ralf