„Wir hätten als Deutscher Meister nach Rostock fahren müssen“
Uwe Bein: Vergeigt haben wir die Schale; und das nicht in Rostock! Wir hätten nur in Wattenscheid (1-1) und zuhause gegen Bremen (2-2), die noch siegestrunken vom Europapokalsieg gegen die AS Monaco in Lissabon waren, gewinnen müssen - und als Meister nach Rostock zum Schaulaufen fahren können.
flw24: War Frankfurt trotzdem Ihre schönste Zeit?
Uwe Bein: Am Anfang schwierig und dann schön, ja. Die Eintracht hatte nach dem Uefa-Cup-Sieg 1980 und dem Pokalsieg 1981 einen enormen Bruch zu verkraften. Wichtige Weltklasse-Spieler wie Jürgen Grabowski, Bernd Hölzenbein, Bruno Pezzey oder Bum Kun Cha hörten auf oder gingen nochmal woanders hin. Auch junge Spieler wie Thomas Berthold wechselten. Die Eintracht musste in der Saison 1983/84 gegen den MSV Duisburg und 1988/89 gegen Saarbrücken gleich zweimal die Relegation spielen. Bernd Hölzenbein, der nach seinem Amerika-Abenteuer 1988 zurückkam und als Vize-Präsident Manageraufgaben übernahm, hatte dann die Idee, Spieler aus der Region zurück zu holen. Ich gehörte dazu.
flw24: Es passte doch eigentlich alles. Die Eintracht spielte mit Ihnen und einem Dream-Team von 1989 bis 1995 den sogenannten „Fußball 2000“ - und immer um die Meisterschaft und im Europapokal. Wenn auch Titel ausblieben. Woran lag das Ihrer Meinung nach?
„Es gab zu meiner Zeit immer Theater bei der Eintracht“
Uwe Bein: Es ist im Grunde kaum erklärbar. Es war damals trotz der Erfolge immer Theater und Unruhe im Verein. Davon zeugen ja drei Trainer in nur 5 Jahren: Jörg Berger († 2010), Dragoslav Stepanovic und Klaus Toppmöller.
flw24: Manni Binz spricht in unserem flw24-Interview rückblickend auch von Streit im Team. Und von Grüppchenbildung, die den Erfolg gekostet hätten. Worum ging es damals?
Uwe Bein: Darum, dass mehrere Spieler das Sagen haben wollten. Es gab verschiedene Gruppen und Spannungen, ja.
flw24: Und wer hatte das Sagen?
Uwe Bein: Das ist alles lang her und man muss das heute nicht mehr aufwärmen. Aber wer die Geschichte der Eintracht kennt, hat das alles sicher noch in Erinnerung. Und was wichtig war damals: Wir spielten ja trotzdem guten Fußball als Team auf dem Platz!
flw24: Es wurde damals in der Presse oft von einem Konkurrenzverhältnis zu Andi Möller geschrieben.
Uwe Bein: Ich hatte mit keinem Mitspieler Probleme, und mit Andi habe ich mich immer gut verstanden, damals wie heute. Manche Journalisten lagen einfach daneben.
flw24: Und in der Saison 1993/94, unter „Toppi“: Wo war nach dem Startrekord mit 20:2 Punkten der Bruch?
Uwe Bein: Ich denke, es war Tony Yeboahs Verletzung im Februar 1994. Wir waren zu abhängig von seinen Toren. Alles, was danach kam, mit den Entlassungen von Toppi und Uli Stein nach dem Spiel in München gegen die Bayern im April, folgte dem bekannten Muster: Unruhe, Misserfolg, Schuldige suchen.
„Der Umgang mit Bernd Hölzenbein nach dem Abstieg war ungerecht“
flw24: Die Reputation der Eintracht damals litt sehr. Vom zwielichtigen Skandalverein war die Rede.
Uwe Bein: Ja, und nach dem Abstieg 1996 wurden dann Schuldige gesucht. Und mit „Holz“ (Anm. d. Redaktion: Bernd Hölzenbein) glaubten einige Mitverantwortliche dann den Alleinschuldigen gefunden zu haben. Ich habe den Umgang mit Bernd damals aus der Entfernung als sehr ungerecht empfunden. Was man ihm da rund um den Yeboah-Transfer alles unterstellt und vorgeworfen hat. Schulterklopfer von einst haben ihn fallen lassen.
flw24: Sie spielen darauf an, dass sich damalige Präsidiumsmitglieder aus der Verantwortung stehlen wollten?
Uwe Bein: Auch hier: Jeder, der die Geschichte der Eintracht kennt, weiß, was ich meine.
flw24: Warum sind Sie 1994 gegangen? Die Eintracht war ja immer noch oben dabei.
Uwe Bein: Mein Vertrag war ausgelaufen. Die Eintracht wollte mir damals nur noch einen Ein-Jahres-Vertrag anbieten. Und das vorliegende Angebot aus Japan war zu lukrativ. Damals boomte der Fußball dort, denn die WM 2002 war gerade nach Japan und Südkorea vergeben worden. Mir war klar, dass ich dort noch zwei, drei Jahre Fußball spielen konnte.
„Der Weltmeistertitel bleibt für immer“
flw24: Sie sagen, Sie haben einige Titel verpasst. Aber den größten, den es gibt, haben Sie gewonnen: Weltmeister in Italien 1990. Damit sind Sie nach „Don Alfredo“ Pfaff, „Grabi“, „Holz“ und Andi Möller der fünfte im Bunde der Eintracht-Weltmeister. Und Thomas Berthold sollte man auch dazu zählen.
Uwe Bein: Stimmt! Aber auch in Italien hatte ich etwas Pech. Ich war als Stammspieler gesetzt und bestritt alle drei Vorrundenspiele im Guiseppe-Meazza-Stadion über die kompletten 90 Minuten. Im Achtelfinale gegen Holland saß ich dann auf der Tribüne.
flw24: Warum das?
Uwe Bein: Aus taktischen Gründen. Der Teamchef (Anm. d. Red.: Franz Beckenbauer) wollte einen kopfballstarken Mittelfeldspieler gegen die kopfballstarken Holländer um Ruud Gullit aufbieten. Ich war nur sauer, dass der Franz mir das vor dem Spiel nicht persönlich gesagt hat. Aber wir haben dann später in einem guten Gespräch die Irritationen ausgeräumt - Wir verstehen uns bis heute prima und ich bin Franz immer dankbar, dass er mich ins Team geholt hat damals. Gegen die damalige Tschechoslowakai im Viertelfinale spielte ich dann wieder von Beginn an. Ich hatte das 2-0 auf dem Fuß und vergab. Wenig später ging ich in einen Zweikampf, in den ich in einem weniger engen Spiel nie gegangen wäre. Dabei verletzte ich mich und musste Mitte der 2. Halbzeit raus. Gegen England in Turin saß ich noch etwas angeschlagen, gegen Argentinien im Finale von Rom dann wieder fit auf der Bank. Aber egal, wie die Umstände waren: Dieser Titel bleibt für immer.