Er ist eine Legende bei Eintracht Frankfurt! Alex Schur spricht über die bislang eher unbekannten Umstände seiner Trainerentlassung beim e.V., sein neues Aufgabenfeld in der AG - und warum der erste Abstieg der Eintracht ein echter Glücksfall für ihn war.
Er ist verewigt als eine Säule der Eintracht an der U-Bahn-Station am Willy-Brandt-Platz: Alex Schur! Der gebürtige Frankfurter, der in der Jugend beim VfR Bockenheim und später im Seniorenbereich bei Rot Weiß und beim FSV Frankfurt spielte, wurde 1995 ein Adler: entdeckt von Charly Körbel. „Schui“ blickt auf 251 Einsätze als Bundesligaprofi zwischen 1996 und 2006 sowie 11 Jahre beim e.V. als U17-, U19- und U23-Trainer (2007 bis 2018) für seine Eintracht zurück. Keine Titel und Pokale, dafür bittere Abstiege (1996, 2001, 2004) aber auch unvergessene Aufstiege (1998, 2003, 2005), ein DFB-Pokalfinale (2006) sowie der Ruf, ein Vorzeigeprofi und treuer Adler zu sein, zieren seine sportliche Vita und machten ihn zum Kapitän. Viele Eintrachtler fragen sich nach der Demission als U19-Trainer Anfang dieses Jahres: „Was macht eigentlich der Alex?“ Über die Vorgeschichte seiner Entlassung, seine neue Tätigkeit in der AG und warum der erste Abstieg der Eintracht ein echter Glücksfall für ihn war spricht die einstige Nr. 24 im flw24-Interview.
flw24: Alex, viele Eintracht-Fans fragen sich, wie Du mit dem vorzeitigen Ende als U19-Trainer der Eintracht im Februar diesen Jahres umgegangen bist. Das hat in der Frankfurter Öffentlichkeit hohe Wellen geschlagen und auch für Kopfschütteln und gar Empörung gesorgt. Die F.A.Z. titelte „Frankfurt feuert Eintracht-Legenden“. Und die Frankfurter Rundschau vernahm gar ein „Erdbeben am Riederwald“ und wollte „Bombeneinschläge im Club“ bemerkt haben. Nicht wenige Fans meinten, so könne man nicht mit einem so verdienten Spieler und einer Club-Ikone wie Dir umgehen. Das gleiche gilt für den ebenfalls entlassenen Uwe „Zico“ Bindewald, Deinen Co-Trainer. Wiegt bei Dir die Enttäuschung über die Geschehnisse noch schwer, oder ist das mittlerweile verarbeitet?
„Ich war natürlich enttäuscht, aber nicht überrascht, dass sich unsere Wege getrennt haben“
Alex Schur: Ich war natürlich enttäuscht, dass sich die Wege getrennt haben. Denn ich bin überzeugt, dass ich mit Uwe und den U19-Jungs erneut den Klassenerhalt geschafft hätte. Meine Trainerzeit war aus meiner Sicht insgesamt nicht unerfolgreich.
flw24: Blicken wir kurz zurück.
Alex Schur: Ich habe das Trainergeschäft von der Jugend bis zur U23 kennengelernt und meinen A-Lizenz-Trainerschein gemacht. In der Saison 2009/10 sind wir mit der B-Jugend (U17) Deutscher Meister geworden. Trotz geringer Etats und starker Konkurrenz haben wir über Jahre mit der U19 die Bundesliga und mit der U23 die Regionalliga gehalten. Zudem haben es in meiner Zeit als Trainer zahlreiche Jugendspieler in den Profibereich geschafft: Sebastian Jung, Marc Stendera, Sonny Kittel, Timothy Chandler, Luca Waldschmidt oder Marc-Oliver Kempf. Mehr war, gemessen an den zur Verfügung stehenden Ressourcen im e.V. für den Jugend- und Nachwuchsfußball, nicht drin!
flw24: Das heißt, Du hast als Trainer auch Grenzen kennengelernt, weil der e.V. finanzielle Grenzen hat. Dafür spricht ja auch die Auflösung der U23.
Alex Schur: Ja. Aber auch die vielen engen sportlichen Abstiegskämpfe, die wir aber allesamt positiv gestalten konnten, haben Kraft gekostet.
flw24: Das heißt, es war in der Saison 2017/18 ein eher schleichender Prozess, der zu Deiner Entlassung führte? Keine kurzfristige Aktion der sportlichen Leitung. Wie genau aber lief das ab?
Alex Schur: Das kann man so sehen. Und was viele bis heute vielleicht gar nicht wissen: Ich habe bereits im Sommer 2017, also während der Planungen und der Vorbereitung auf die anstehende Saison, gegenüber dem e.V. signalisiert, nach dem Sommer 2018 eventuell nicht als Trainer weiterzumachen. Es gab dann auch während der angelaufenen Saison immer wieder mal Gespräche mit Armin Kraaz, der ja als Leiter des Eintracht Frankfurt Fußball-Leistungszentrums verantwortlich ist für den sportlichen Nachwuchsbereich im e.V., und auch mit Fredi Bobic, der ja immer nach jungen Spielern aus den eigenen Reihen für den Profi-Kader Ausschau hält.
flw24: Das heißt, die Eintracht hat lediglich früher reagiert, als die U19 sportlich im Februar 2018 auf einem Abstiegsplatz stand? Laut Medien war ja vor der Saison 2017/18 von der sportlichen Leitung ein Platz unter den ersten Drei anvisiert worden.
Alex Schur: So kann man das sehen. Nochmal: Ich war selbstverständlich enttäuscht, als Armin und Holger Müller (der Jugendsport-Koordinator im e.V., Anm. d. Red.) mich und Uwe ins Büro baten und uns dann mitteilten, dass unsere 10-jährige Trainerzeit nun vorbei sei! Aber überrascht war ich nicht, denn es gab eben diese Vorgeschichte.
flw24: Also ist auch nichts hängen geblieben? Armin Kraaz hat sich mehrfach geäußert, wie professionell ihr die Entscheidung, die man nur schweren Herzens und zum Wohle des Vereins getroffen habe, aufgenommen habt. Es sei um Aufbruchstimmung gegangen, und dazu hätte man eben neue Impulse setzen müssen, auch personell.
„Ich habe auch keine Aufstiegschance mehr als Trainer im Verein gesehen“
Alex Schur: Es gibt meinerseits keine Differenzen und keine offenen Fragen, die man in anderen Fällen dann im Nachhinein bei der erstbesten Gelegenheit in den Medien loswerden will. So ist bei mir nichts hängengeblieben. Zudem habe ich rein realistisch betrachtet auch keine Aufstiegschancen mehr für mich als Trainer bei der Eintracht gesehen.
flw24: Das heißt, Du hast auf das Amt des Trainers der Profimannschaft spekuliert? Dein Name fiel ja immer mal wieder in diesem Zusammenhang.
Alex Schur: Armin Veh hatte mich in seiner letzten Saison 2015/16 in den Trainerstab der Profi-Mannschaft berufen. Da habe ich Höhenluft geschnuppert und bin sozusagen auf den Geschmack gekommen. Als dann Niko Kovac als Trainer kam und ich ihn erlebt habe, war mir klar, dass sich mir diese Perspektive hier nicht eröffnet. Das habe ich dann schnell abgehakt.
flw24: So, wie Du das sagst, klingt es aber eher so, als sei Niko ein toller Trainer?
Alex Schur: Absolut! Niko hat die Eintracht gerettet, zweimal ins Pokalfinale und zum Titel und nach Europa geführt. Er ist ein charismatischer Fußballfachmann mit klaren Vorstellungen und Zielen, der seinen Weg erfolgreich weiter gehen wird als Trainer.