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Zum Abschluss schließen sich drei Kreise – Interview mit Uli Deisel zu seinem Karriereende

Uli Deisel sagt Goodbye. Fotos: Thorsten Wagner

Der A-Lizenzinhaber verabschiedet sich mit dem besten Saisonergebnis seit 20 Jahren.

Uli Deisel, bis Saisonende Trainer der SG Selters, geht in den Trainer-Ruhestand. Im Interview mit flw24 verrät der A-Lizenz-Inhaber, warum sich mit seinem Abschied gleich drei Kreise schließen, was ihn mit dem neuen Selterser Trainer Moritz Steul verbindet, warum ihm seine Kicker in Sachen Kondition nichts vormachen konnten, unter welchem noch aktiven Trainer er selbst die „Höchststrafe“ bekam und warum er mit einer gewonnen Wette seinen Ausstand bezahlen konnte.

„Für die SG Selters ist der fünfte Tabellenplatz im Endklassement der größte Erfolg seit dem Kreispokalsieg 1998. Trainer damals wie heute: Uli Deisel“ – so schließt der Spielbericht der SG Selters zum letzten Spieltag der Kreisoberliga den ersten Kreis aus Ulis Trainerkarriere. Mit diesem größten Erfolg seit 20 Jahren endete die Fußballkarriere von Uli Deisel. Eine Karriere, die zu großen Teilen im Zeichen der SG Selters stand.

„In der Jugend-Verbandsliga teilweise mehr Zuschauer als die Senioren“

Als Knirps fing Uli beim SV Oberselters an, der in der Jugend rasch eine Jugendspielgemeinschaft mit dem SV Niederselters gründete. Das Ergebnis dieses Zusammenschlusses war eine talentierte Mannschaft, die mehrmals Kreismeister und Vizebezirksmeister wurde. In der B-Jugend qualifizierte sich die JSG Selters schließlich für die Verbandsliga Hessen Süd. „Dort spielten wir gegen Teams wie die Offenbacher Kickers und Eintracht Frankfurt – und hatten teilweise mehr Zuschauer als die Senioren in der B-Liga“, erinnert sich Uli gerne zurück. Das Spiel gegen den OFC hätte allerdings beinahe ausfallen müssen, „die Offenbacher sind nämlich versehentlich nach Selters im Westerwald gefahren. Als sie den Fehler bemerkt haben, sind sie in den Löhnberger Ortsteil Selters gefahren, bevor sie schließlich doch noch zu uns in den Taunus kamen“, erzählt Uli lachend.

Sein Jugendtrainer Horst Schönbach war es auch, der Uli zeigte, dass ein Trainer seine Spieler wirklich weiterbringen kann. „Von ihm haben wir erste taktische Dinge gelernt, aber auch praktische Kniffe wie Hinterlaufen und Doppelpässe. Das war damals noch nicht selbstverständlich“, schwärmt Uli von dieser Zeit. Davon inspiriert machte Uli Mitte der Achtziger selbst die Trainer-B-Lizenz. Voraussetzung damals: Man musste ein Jahr lang eine Jugendmannschaft trainiert haben. „Also übernahm ich die F-Jugend unserer JSG, woraus sich eine tolle Geschichte entwickelte. Angefangen habe ich mit neun Spielern, zum Ende des Jahres tummelten sich mehr als 20 Spieler auf dem Platz.“

„Uwe-Bein-Typ mit tödlichem Pass“

Selbst aktiv war der zweifache Familienvater auch nach wie vor – weiterhin bei der SG Selters. Sich selbst beschreibt er als „Uwe-Bein-Typ mit tödlichem Pass“, hat ansonsten mal vorne und mal hinten gespielt, „wo es eben gebraucht wurde“. In dieser Zeit spielte er unter anderem unter dem Trainer Friedel Müller – „von ihm bekam ich mal die Höchststrafe, als ich erst ein- und dann wieder ausgewechselt wurde. Allerdings auch zurecht“, kann Uli heute darüber lachen. Seinen Heimatverein verließ er erst im Jahr 1994, als er als Spielertrainer zum TuS Niederems wechselte. „Der Verein hatte gerade einen Aderlass hinter sich – überraschend schafften wir dann mit vielen jungen Spielern als Vizemeister den Aufstieg in die Bezirksliga“, erzählt Uli stolz. Die Bezirksliga sollte sich allerdings als zu hohe Hürde erweisen, sodass sich der TuS Niederems direkt wieder aus der Liga verabschiedete – was auch zum Abschied von Uli Deisel führte, den es als Spielertrainer zurück zu „seiner“ SG Selters zog, die in der Bezirksliga Limburg-Weilburg beheimatet war.

Auf der Schulbank mit Hansi Flick

Die SG führte er als Coach zum oben bereits erwähnten größten Erfolg der Vereinsgeschichte: dem Gewinn des Kreispokals im Jahr 1998. Der Start in die darauffolgende Saison ging allerdings gehörig schief, sodass Uli im Herbst seinen Hut nahm und Platz machte für einen Nachfolger. Die folgende Trainer-Pause nutzte Uli, um in der Saison 1999/2000 den fünfwöchigen A-Lizenz-Lehrgang zu besuchen. Dort drückte er unter anderem die Schulbank mit Hansi Flick (ehemaliger Co-Trainer von Jogi Löw), Rainer Widmayer (Co-Trainer von Pal Dardai bei Hertha BSC) und Uwe Stöver (ehemaliger Geschäftsführer Sport beim SV Wehen-Wiesbaden, heute Geschäftsleiter Sport beim FC Sankt Pauli). Während des A-Lizenz-Lehrgangs lernte Uli das Talentförderprogramm des DFB kennen, das nach dem desaströsen Abschneiden der Nationalmannschaft bei der EM 2000 stark ausgebaut wurde.

Der „legendäre“ Jahrgang 1993 – mit seinem Nachfolger Moritz Steul

„Ich fand das interessant und hatte richtig Lust, wieder mit Jugendlichen zu arbeiten und sie besser zu machen“, führt Uli aus, „also habe ich mich als Trainer beworben und schließlich 2002 eine Stelle als Honorartrainer bekommen.“ Damit begann ein neues Kapitel in Ulis Trainerleben, das bis ins Jahr 2014 andauern sollte. Vor allem ein Jahrgang ist Uli in dieser Zeit in Erinnerung geblieben, womit wir beim zweiten Kreis sind, der sich mit Ulis Karriereende schließt. „Als Stützpunkttrainer durfte ich unter anderem den legendären Jahrgang 1993 trainieren. Dort waren Spieler dabei wie Jannis Ackermann, Julius Duchscherer, Markus Neugebauer, Jannik Ernet – und Moritz Steul, der nun mein Nachfolger bei der SG Selters wird. Daran sieht man, wie die Zeit vergeht.“

Einige Zeit ist nun auch bei seiner letzten Station vergangen – die Uli zu seinem Karriereende noch einmal zur heimischen SG Selters geführt hat, womit sich auch Kreis Nummer drei schließt. Fünfeinhalb Jahre war er dort bis zum Ende dieser Saison für das sportliche Geschick der SG verantwortlich. „Vorgenommen hatte ich mir drei Jahre – also zumindest länger als bei meinem ersten Engagement“, wirft Uli mit einem Augenzwinkern ein. Im Jahr 2012 hatte sich die SG von ihrem damaligen Trainer Daniel Meuth getrennt und war auf der Suche nach einem Nachfolger. „Samstags habe ich von der Trennung erfahren, sonntags habe ich mir die Mannschaft beim Spiel in Ellar angeschaut und sonntagabends gesagt, dass ich es machen würde.“ Warum? „Weil ich Potential in der Mannschaft gesehen habe und als Trainer nochmal was probieren wollte.“

Starke Saison zum Abschluss – trotz namhafter Abgänge

Dass die Mannschaft Potential hat, hat sie in den fünfeinhalb Jahren zur Genüge nachgewiesen – gekrönt von der starken Saison 2017/2018 mit Rang fünf im Endklassement und dem ersten Platz in der Fairnesstabelle. Und das trotz namhafter Abgänge vor der Saison, allen voran Toptorjäger Jonas Gangl. „In den letzten Jahren konnten wir die Abgänge tatsächlich immer gut kompensieren und viele A-Jugendliche in die Mannschaft integrieren.“ Aber auch das „Probieren“ kam als Trainer der SG Selters nicht zu kurz, denn „ich kannte von der Jugend ja nur noch die Viererkette und kam dann nach Selters, wo noch mit Libero gespielt wurde. Also hieß es gleich in den ersten Trainingseinheiten: ‚Der Libero ist gestrichen, wir spielen jetzt mit Dreierkette.‘“ Über das 3-5-2 kam die Mannschaft von Uli Deisel dann zum 3-4-3, das prima funktioniert.

Anteil daran hat natürlich auch Ulis Co-Trainer Patrick Jahn. „Nach drei Jahren habe ich gemerkt, dass ich etwas Entlastung brauche und habe selbst vorgeschlagen, mit Patrick ein Trainerteam zu bilden. Trotz schlechtem Start in die Saison 2016/2017 hat das bis heute auch super funktioniert – gerade nach diesem schwachen Start sind wir in der Rückrundentabelle auf Platz zwei gestürmt. Das war schon toll!“

Reisen, Triathlon und Marathon

Nun hat Uli also mehr Zeit für seine Hobbies. Da seine Frau Flugbegleiterin ist, gehen die beiden gerne gemeinsam auf Reisen. „Jetzt bin ich einfach flexibler und kann in Urlaub fahren, wann ich möchte“, freut sich Uli auf die kommende Freizeit. Am liebsten reist der Projektmanager bei einem Chemieunternehmen mit seiner Frau nach Südafrika. Dort hat er sich im März auch einen Traum erfüllt, indem er an der „Cape Town Cycle Tour“ teilgenommen hat. „Das ist das größte Jedermannradrennen der Welt mit mehr als 35.000 Teilnehmern und geht über 109 Kilometer.“ Ein Klacks für den Ausdauersportler Uli, der schon an einigen Triathlonrennen teilgenommen hat und bereits zweimal einen Marathon gelaufen ist. Konditionell haben ihm seine Spieler also so schnell nichts vorgemacht.

„Ein Bayern-Fan kommt mir nicht ins Haus“

Einer konnte ihm in seiner Laufbahn dann doch etwas vormachen: Sein Schwiegervater, der dem damaligen Bayern-Fan Uli klar zu verstehen gab, dass ihm ein Bayern-Anhänger nicht ins Haus käme. Also schwenkte Uli seiner Gattin zuliebe auf die Eintracht um. Die Eintracht findet er heute so gut, dass er sich sicher war, dass die Eintracht den Pokal holen würde gegen den FC Bayern. Also setzte er 50 Euro auf den Pokalsieg der Eintracht – das Ergebnis ist bekannt. Dank Neuner-Quote war Ulis Ausstand mehr als gesichert.

Für die Frankfurter war diese Saison übrigens – wie eingangs erwähnt auch für die Selterser – der größte Erfolg seit langer Zeit. Damit schließt sich also eigentlich sogar ein vierter Kreis – denn wie sein Kollege Niko Kovac sagt Uli seinem bisherigen Verein nach einem tollen Erfolg „Auf Wiedersehen“.

Lieber Uli, das flw24-Team wünscht dir alles Gute im Fußball-Ruhestand! Man sieht sich sicher auf dem einen oder anderen Sportplatz im Kreis!