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Bauern kriegen kein Wasser ins Ermüdungsbecken - Andy Schuy hat so manches erlebt

Andy Schuy auf seiner Terrasse in Oberweyer mit Sohn Lennart. Foto: Claus Coester

Andy Schuy mit Olaf Thon im vergangenen Jahr nach dem Spiel der SG Ahlbach/Oberweyer Classics gegen die Schalke 04 Traditionsmannschaft. Foto: privat

flw24: Andy, schön, dass wir uns sehen und plaudern können. Du hast Dich rar gemacht. Früher warst Du auf allen Fußballplätzen zu Hause. Gibt es den Fußballer Andy Schuy nicht mehr?

AS: Der Fußball ist ins zweite Glied gerückt. Meine letzte Aktivität als Trainer war vor ein paar Jahren in Weyer. Da habe ich für ein paar Spiele ausgeholfen und die Jungs gecoacht.

flw24: Du hast doch bei dem Promispiel in Oberweyer gegen die Oldies von Schalke mitgemacht.

AS: Stimmt. Das hat Spaß gemacht. Mit den Jungs, die ich von hier alle kenne gegen die Traditionsmannschaft von Schalke. Die Knochen haben danach wehgetan. Aber nach dem Spiel haben wir alle zusammengesessen, war prima. Olaf Thon, Klaus Fischer und die anderen. Klaus Fischer hat kürzlich über WhatsApp unserem Lennart zur Kommunion gratuliert.

flw24: Das ist doch schön. Lass uns über Dein Leben als Fußballer sprechen. Wie fing das alles an?

AS: Wieviel Zeit hast Du mitgebracht? Mit sechs Jahren habe ich in Oberweyer angefangen. Im ersten Jahr A-Jugend ging es nach Eisbachtal. Wir spielten in der Rheinlandliga.

flw24: Hast Du vorher, d.h. C- oder B-Jugend Kreisauswahl oder sowas gespielt?

AS: Im Kreis Limburg war ich kein Thema.

flw24: Seltsam. War da jemand blind oder spieltest Du mit zwei linken Füßen?

AS: Keine Ahnung. Dass ich nach Eisbachtal wechselte, ist auch mehr oder weniger Zufall. Das hat Christoph Süss verbrockt. Auf den waren die Nentershäuser aufmerksam geworden. Christoph, der in Obetiefenbach in der Jugendspielgemeinschaft spielte, wechselte als Stürmer nach Eisbachtal. Er kannte mich und fragte die dortigen Verantwortlichen: „Warum holt Ihr den Andy Schuy nicht? Christoph holte sich mit mir ja einen Konkurrenten. Aber er war ehrlich.

flw24: Interessanter Transferablauf. Und dann startete Andy Schuy seine erfolgreiche Laufbahn. Wie sah das im Einzelnen aus?

AS: In der Rheinlandliga fiel ich offensichtlich auf und dann kam die Berufung in die Rheinlandauswahl. Ewald Hammes war unser Trainer. Aber das war dann eine kurze Geschichte und ging auch blitzartig zu Ende.

“Schuy, Du kannst nach Hause fahren.“

flw24: Was heißt das denn nun wieder?

AS: Wir hatten ein paar schöne Spiele mit der Auswahl. Wir hatten in Berlin ein Dreiländerturnier. Thomas Meuer und Dirk Metternich waren auch dabei. Und dann sollte es zum großen Turnier der Länderauswahlmannschaften nach Duisburg Wedau gehen, wo sich Berti Vogts, der damals verantwortliche Bundestrainer für die U-Nationalmannschaften, seine Kandidaten aussuchte.

flw24: Und wie war‘s in Duisburg?.

AS: Leider habe ich die Wedau nie gesehen

flw24: Was war passiert?

AS: Wir Jungs vom Rheinlandverband trafen uns für die Fahrt nach Duisburg im Koblenzer Oberwerth. Am nächsten Tag sollte es losgehen. Die Kost in der Unterkunft war, na ja spärlich. Ich habe dann im Einvernehmen mit den anderen Jungs den „Pizzablitz“ bestellt. Irgendein Maulwurf muss mich dann verpfiffen haben. Ich habe da einen begründeten Verdacht. Nenne aber keinen Namen. Jedenfalls stieß das den Offiziellen böse auf und beim Rapport am nächsten Morgen hieß es von Ewald Hammes:“Schuy, Du kannst nach Hause fahren.“

flw24: Da hat Dir der „Pizzablitz“ einen bösen Streich gespielt.

AS: Kann man so sagen. Ich wechselte nun mit 17 zurück nach Oberweyer. Die waren gerade in die heutige KOL aufgestiegen. Zwei Jahre wurden es dort. Das schmeckte Eisbachtal natürlich gar nicht.

flw24: Und dann wieder zurück nach Eisbachtal?

AS: Mein Bruder Thomas war in der Oberligamannschaft eine gestandene Größe. Aber nicht er hat mich empfohlen. Andere haben ihn gefragt. Und Thomas sagte: “Wenn Ihr wollt, dann holt ihn.“

flw24: Du hast doch noch einen Bruder.

AS: Ja, Dieter, mein ältester Bruder. Mit ihm habe ich in Oberweyer, mit Thomas in Eisbachtal gespielt.

flw24: Dann ging es südwärts.

AS: Von 1991 bis 1994 habe ich mich als junger Mittelstürmer in der Oberliga Südwest etabliert. Aber es kamen auch ein paar Verletzungen dazwischen. Mittelfußbruch, ein weiterer Bruch im Trainingslager im zweiten Jahr. Dann hatte ich einen Autounfall durch geplatzten Reifen. 

flw24: Und dann eben war Würges-Time.

AS: Ja. Thomas Meuer und ich wechselten nach Würges in die Landesliga. Ein Jahr später folgten Frank Weisbrod und Rüdiger Ackermann. Von Limburg 19 kam Olaf Zuckrigl.

flw24: Später kam es zur berühmten „Limburger Fahrgemeinschaft“. 

AS: Ja legendär: Olaf Zuckrigl, Frank Weisbrod, Matthias Sehr, Winnie Schmitt, Andreas Schuy.

flw24: Welchen Stellenwert hat Eisbachtal, welchen Würges in Deiner Laufbahn.

AS: In Eisbachtal waren meine Lehrjahre. Ich habe mit guten Spielern zusammengespielt. Aber die sechs Jahre Würges waren die schönsten. Wenn es auch schon mal Zoff gab. Aber tolle Spiele, tolle Mannschaft, Aufstieg in die Hessenliga. Mit Dirk Hünerbein hatten wir einen herausragenden Goalgetter. Viele schöne Erlebnisse sind mit Würges verbunden.

"Glaabst Du, mir würde für Euch Bauern da Wasser noifülle?“

flw24: Welche Highlights gab es?

AS: 8:4 gegen Eintracht Frankfurt II. Das vergisst du nie. Beim Gegner Alexander Schur und Michael Guht. Absoluter Höhepunkt ohne wenn und aber: Flutlichtspiel auf dem Bieberer Berg gegen Kickers Offenbach. Rund 5000 Zuschauer. 0:3. Da gab es noch eine kuriose Sache vor dem Spiel.

flw24: Ich bin gespannt.

AS: Wir waren lange vor dem Spiel im Stadion. In der Kabine befand sich ein Ermüdungsbecken, das aber leer war. Ich fragte einen der Ordner: “Warum habt Ihr denn kein Wasser in dem Becken?“ Der antwortete frech im Offenbacher Platt: "Glaabst Du, mir würde für Euch Bauern da Wasser noifülle?“ Werde ich nie vergessen.

flw24: Würges ging dann in einer Winterpause zu Ende und Weyer war die nächste Station.

AS: Ja. Mein Bruder Thomas war da Spielertrainer. Gelegentlich spielte er noch. Und Thomas konnte mich für Weyer gewinnen. Wir schafften den Aufstieg in die heutige Gruppenliga. Es folgte die Rückkehr zu meinem Heimatverein. Markus Mambeck und Mario Klaus kamen mit. Wir hatten guten Erfolg.

flw24: Und 2003 steht Würges wieder auf der Liste. Wie kam das? Andy Schuy wie Phönix aus der Asche.

AS: Jürgen Menger, vielleicht mein bester Trainer unter den vielen, die ich hatte, suchte einen Stoßstürmer. Friedel Müller hatte Schorsch den Tipp gegeben und ich folgte dem Ruf.

flw24: Ein zweiter Frühling. Du spieltest erfolgreich.

AS: Ohne Zweifel ein wunderbares Jahr.

flw24: Und dann kommt die Anfrage von Hadamar.

AS: Das war natürlich verlockend. Ein Trainerjob vor der Haustür. Aber es wurde eine kurze Geschichte. Ich wollte auf junge Spieler bauen. Nach 10 Spielen kam wegen zu vieler Unentschieden die Suspendierung. Aber ich habe mit Jochem Brötz oder Hans Reichwein keine Probleme. Wir können uns in die Augenschauen. Auch mit dem leider verstorbenen Klaus Halberstadt kam ich gut hin. Kein Blick zurück im Zorn. Ich habe damit längst meinen Frieden gemacht.

flw24: Dann kam für Dich eine vergleichsweise lange Pause mit dem Fußball. Dann ging es raus aus dem Kreis.

AS: Richtig. Der FC Burgsolms, ein klassischer Landesligaverein, spielte zu der Zeit in der BOL Gießen/Marburg und wollte wieder dahin, wo er hingehörte. Winnie Schmidt, der mit mir ja in Würges gespielt hatte und später bei Burgsolms war, hat mich dort ins Spiel gebracht. Mein Auftrag lautete, mit einer neuen Mannschaft mittelfristig in die Landesliga zurückzukehren. In der ersten Saison klappte es mit dem 5. Platz noch nicht. Dann verließ eine Reihe Leistungsträger Burgsolms und ich musste das Problem lösen.

"Sie kamen alle freiwillig"

flw24: Wie hast Du die neue Mannschaft zusammengekriegt?

AS: Da ich ein gutes Netzwerk hatte, ist mir das gelungen.

flw24: Du hast auch im Kreis Limburg-Weilburg geräubert.

AS: Was blieb mir anderes übrig? Aber auch dort habe ich mich umgehört. Aber aus dem Kreis Limburg-Weilburg ist keiner mit der Kette nach Burgsolms geschleppt worden. Sie kamen alle freiwillig.

flw24: Der Erfolg hat Dir Recht gegeben. Im zweiten Burgsolmser Jahr Platz 2 auf dem Endtableau.

AS: Richtig. 2007 sind wir zusammen mit Ederbergland in die Verbandsliga aufgestiegen.

flw24: Und dann platzte die Bombe.

AS: Ja. Ich war gerade mit meiner Familie im Urlaub und dort erreichte mich per SMS die Nachricht, dass der Verein zurückzieht und in die A-Liga zurückgeht. Die größte Enttäuschung, nicht nur für mich, sondern auch für die Spieler. Irgendwelche Dunkelmänner hatten aus dem Hinterhalt geschossen. Mit dem Spielausschussvorsitzenden Hermann Heinz oder Peter Weber hatte das nichts zu tun. Das waren prima Leute, die sich für den Verein sehr engagierten. Ich glaube, dass wir jetzt für die Geldsünden der Vergangenheit büßen mussten.

flw24: Andy, inzwischen hast Du den nötigen Abstand von allem gewonnen.

AS: Ja. Das ist gut so.

flw24: Wird man Dich je noch einmal in einer Funktion sehen.

AS: Nein. Das aktive Kapitel Fußball ist Vergangenheit. Natürlich verfolge ich den großen Fußball wie Bundesliga, Champions League oder Länderspiele. Das Gen steckt ja in einem. Meine Familie ist jetzt mein Fußball.

flw24: Andy, vielen Dank für das unterhaltsame Gespräch. Alles Gute für Dich und Deine Familie.

Das Gespräch wurde am 07.05.2018 geführt.