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Goalgetter ohne Allüren

Dirk Hünerbein absolvierte 523 Spiele für den RSV Würges und erzielte dabei unglaubliche 434 Tore. Foto: Claus Coester.

Bilder und Berichte aus der Dokumentenmappe von Dirk Hünerbein abfotografiert. Fotos: Claus Coester

Interview mit Dirk Hünerbein geführt am 10.08.2017 in Wallrabenstein (Sportheim Forsthaus Arena)

Zur Person: Dirk Hünerbein, Bankkaufmann, 51 Jahre verheiratet, zwei Söhne

Vereine: SV Limbach, RSV Würges, TuS Beuerbach, SG Hünstetten, SV Wallrabenstein

flw24: „Come on, Dirk, let the good times roll“. Schön, dass wir plaudern können. Wie geht es dem früheren „Hünerstraßenbomber“?

Dirk Hünerbein: Danke, mir geht es gut. Ich bin zufrieden.

flw24: Wer hat Dir eigentlich das Etikett „Hühnerstraßenbomber“ oder HÜ verpasst?

Dirk Hünerbein: Das kann nur Manfred Disper gewesen sein. HÜ wurde ich seit eh und je genannt. Heute rufen die Kumpels meinen „Kleinen“ so.* Das wird offenbar vererbt.

flw24: In den 1980er und 1990er Jahren warst Du jedem in Hessen, der sich für Fußball interessierte, ein Begriff. Wie hat das Ganze angefangen?

Dirk Hünerbein: Ich bin ja Rheinländer und kam als Kind mit meiner Familie aus Köln hierher. Mein Vater übte in Frankfurt seinen Beruf aus. Die Jugendmannschaften spielte ich komplett beim FC Limbach. Im zweiten Jahr A-Jugend und die zwei regulären ersten Seniorenspielzeiten spielte ich dann bei Limbach. Wir waren in der KOL erfolgreich. In den ersten beiden Jahren haben wir als Zweiter zweimal leider den Aufstieg verpasst. Danach war es nicht so toll.

flw24: Wer spielte z.B. in der damaligen Mannschaft?

Dirk Hünerbein: Edelbert Elze, mein späterer Trainer in Würges, war Spielertrainer, und z.B. „Hacki“ Wawrock war dabei. Von Edelbert Elze habe ich die Freistöße gelernt.

flw24: Deine Bewerbung für höhere Aufgaben hast Du ja frühzeitig durch Deine „Lieblingsbeschäftigung“ abgegeben.

Dirk Hünerbein: Du meinst das Toreschießen. Nun, wenn man oft trifft, wird das registriert. Im ersten Limbacher Jahr bei den Senioren sind mir 38 Tore gelungen.

flw24: Wie sah das in der Jugend aus?

Dirk Hünerbein: Da habe ich es ja gelernt. Da sind 600 Tore zusammengekommen. Bei einem C-Jugendspiel in Rückershausen haben wir 26:0 gewonnen. 25 Treffer gingen auf mein Konto.

flw24: Hat man in Rückershausen danach den Fußball eingestellt?

Dirk Hünerbein: Sicher nicht.

"Hü" hatte 13 tolle Jahre in Würges

flw24: Kommen wir zu Deiner erfolgreichsten Zeit. 1986 kam dann der Ruf nach Würges. Wie lief das?

Dirk Hünerbein: Ganz einfach. Karl Bermbach, der Würgeser Vorsitzende, der mein früherer Mathe-Lehrer in Wallrabenstein war, fragte mich, ob ich zum RSV wechseln wolle. Und das habe ich gemacht.

flw24: So einfach geht das also. Es wurden dann in Würges 13 Jahre mit vielen Erfolgen.

Dirk Hünerbein: Das kann man sagen. Würges holte zum zweiten Mal den Hessenpokal. Teilnahme an der ersten Hauptrunde im DFB-Pokal. Zwei Aufstiege in die Hessenliga, aber leider auch zwei Abstiege.

flw24: Was hat Dich so lange in Würges bleiben lassen?

Dirk Hünerbein: Das war einfach ein toller Verein.

flw24: Das ist mir zu einfach. Kannst Du das näher erläutern?

Dirk Hünerbein: Von der Sportanlage angefangen bis zur Führung des Vereins. Das war schon außerordentlich. Die Atmosphäre bei den Heimspielen, besonders bei den Flutlichtspielen am Freitagabend. Wir spielten ja als Dorfverein einige Jahre auf oberster Amateurebene. Alles ging familiär zu. Man hatte das Gefühl, in einer guten Gemeinschaft zu sein. Und in der Mannschaft stimmte es auch.

"Die Eisbachtaler brachten Stimmung mit"

flw24: Apropos Mannschaft. In der 1996er Aufstiegsmannschaft spielte mit Andy Schuy, Frank Weisbrod, Thomas Meuer und Rüdiger Ackermann ja die „Eisbachtal-Connection“. Wie klappte das?

Dirk Hünerbein: Das war einwandfrei. Wir waren sportlich erfolgreich. Und außerhalb des Platzes funktionierte das auch hervorragend. Die Eisbachtaler brachten Stimmung mit. Donnerstags ging es nach dem Training immer zu Karin und Rüdiger ins Gemeindezentrum. Eine tolle Zeit, die ich nicht missen möchte.

flw24: Ich möchte mal auf ein Thema kommen, über das immer geredet wird und das auf der anderen Seite tabu ist. Ich rede vom lieben Geld. Du hast freie Hand zu sprechen. Kannst aber auch schweigen.

Dirk Hünerbein: Was gibt es da zu erzählen? Über Zahlen zu sprechen, verbietet sich verständlicherweise. Dass Spieler im oberen Bereich Prämien bekommen oder Aufwandsentschädigungen, ist doch okay. Was ansonsten ein Spieler mit dem Verein vereinbart, ist seine Sache. Da weiß der eine nichts vom anderen. Und was ist dagegen zu sagen, wenn ich mein Auto beim Auto-Müller über die Jahre gemacht bekam oder Hermann-Josef Löw mich beim Hausbau unterstützte? Als junger Mensch freut man sich doch und ist diesen Menschen dankbar.

flw24: Jetzt wissen wir Bescheid. Und ich finde das auch okay. Dirk, lass mich auf ein anderes Thema kommen. In einer Saison wurdest Du vom HR Regionalsport als Torschützenkönig der Landesliga Mitte ausgezeichnet. Wie war das?

Dirk Hünerbein: Das stimmt. Ausgerechnet in der Saison, in der wir dann als Meister der Landesliga in die Oberliga aufstiegen, war die Ausbeute nicht so riesig. 21 Treffer. Am letzten Spieltag lag ich vor dem zweitplatzierten Klaus von Lich. Ich selbst traf nicht und mein Konkurrent auch nicht, obwohl Lich hoch gewann. Das war schon sonderbar.

flw24: Gab es eine Auszeichnung?

Dirk Hünerbein: Ja, von Hessen-Lotto gab es 1000 DM. Die haben wir mit der Meistermannschaft in Mallorca verbraten.

"Uli Stein war zweimal zu Gesprächen in Würges"

flw24: Bleiben wir beim Torjäger Dirk Hünerbein. Gab es eigentlich Begehrlichkeiten anderer Vereine?

Dirk Hünerbein: Die gab es schon sehr früh. Als ich noch auf der Schule war, saß eines Tages Bernd Rupp, der damals als Scout für Mönchengladbach in unserer Gegend tätig war, in unserem Wohnzimmer und machte mir ein Angebot für Borussia Mönchengladbach II. Das habe ich nicht angenommen, da ich gerade im Abitur stand. Auch Eintracht Frankfurt war an mir dran. Uli Stein, der damals Kapitän war, kam zweimal zu Gesprächen, die bei Auto-Müller in Würges stattfanden. 

flw24: Warum wurde nichts draus?

Dirk Hünerbein: Timo Zahnleiter, der 1987 kurzzeitig Cheftrainer bei Eintracht Frankfurt war, wollte mich haben. Der wurde dann aber abgelöst. Sein Nachfolger Kalli Feldkamp hatte dann keinen Bedarf mehr für einen jungen Spieler. Damit war das geplatzt.

523 Spiele für den RSV Würges und 434 Tore

flw24: So geht das eben. Lass mich noch kurz die Frage nach Deiner Tore- und Spielebilanz in Würges stellen. Ist das irgendwo dokumentiert?

Dirk Hünerbein: Ich selbst habe darüber kein Buch geführt. Da muss ich Manfred Disper als Chronisten heranziehen. Der hat genau recherchiert und herausgefunden, dass ich für Würges insgesamt 523 Spiele gemacht und 434 Tore geschossen habe. Manfred Disper verdanke ich auch meine umfangreiche Dokumentenmappe.

flw24: Eine unglaubliche Bilanz. Gab es neben den Pflichtspielen für Würges andere Highlights gegen bekanntere Teams?

Dirk Hünerbein: Ich erinnere mich an Spiele gegen St. Pauli, die U23-Nationalmannschaft des DFB in Riedelbach oder gegen Panathinaikos Athen. Gegen die Griechen haben wir 2:4 verloren. Ich habe beide Tore geschossen und die Griechen wollten mich mitnehmen. Ein Highlight war auch das DFB-Pokalspiel 1987 gegen Fortuna Düsseldorf, das wir 0:3 verloren haben. Mein Gegenspieler war Holger Fach.

flw24: Ein Spiel dürfen wir nicht unerwähnt lassen, quasi „Ein Spiel für die Ewigkeit“. Eintracht Frankfurt II. Muss ich weiter nachhelfen?

Dirk Hünerbein: Richtig. Das 8:4 in Würges. Das steht mit ganz oben. Ich traf viermal, davon zwei Freistöße.

flw24: Zweimal vom selben Punkt innerhalb von ein paar Minuten ins kurze Eck. Keeper Kevin Knödler hat trotzdem nicht die Handschuhe an den Nagel gehängt, sondern seine Karriere später in Hoffenheim fortgesetzt. Alex Schur war auch dabei.

Dirk Hünerbein: Ja, ein unvergessliches Erlebnis. Die BILD titelte „Kickers legen 2 Eier im Entenpark. Eintracht von Hünerbein gerupft.“

flw24: Jetzt lassen wir die guten alten Zeiten mal ruhen. Vergessen wollen wir natürlich nicht die Post-Würges-Zeit. Da waren sieben erfolgreiche Jahre beim TUS Beuerbach als Spielertrainer mit Direktaufstieg in die Gruppenliga. Das näher zu behandeln, würde jetzt zu weit führen. Was macht Dirk Hünerbein mit dem Fußball heute?

Dirk Hünerbein: Seit ein paar Jahren bin ich dem SV Wallrabenstein verbunden. Hier bin ich im Vorstand, der vier gleichberechtigte Mitglieder hat. Mein Aufgabenbereich umfasst den Fußballbereich. Ich bin für das Budget verantwortlich und führe z.B. zusammen mit dem Trainer und einem weiteren Vorstandskollegen Gespräche mit neuen Spielern.

flw24: Welche Zielsetzung hat der Verein mit der Fußballmannschaft?

Dirk Hünerbein: Wir wollen in der KOL oben mitmischen, junge Spieler aus der Umgebung integrieren und perspektivisch in die Gruppenliga.

flw24: Was ist für Dich bei dieser Aufgabe die Motivation?

Dirk Hünerbein: Es macht mir einfach Spaß an einer Aufgabe mitzuwirken und mit Kollegen zusammen zu arbeiten und mich einzubringen.

flw24: Da bleibt mir, Dir dafür viel Glück zu wünschen. Vielen Dank, Dirk,  für das ausgiebige Gespräch und alles Gute.