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„Ich bestimme selbst, wann ich gehe“

Jürgen "Schorsch" Menger im Gespräch mit Tobias Schneider

Jürgen Menger im Dress des RSV Würges. Foto: Claus Coester (Archivbild)

Jürgen Menger mit der flw24 Redaktion Timm Henecker, Dominik Groß und Tobias Schneider.

Jürgen Menger mit den damaligen Neuzugängen des RSV Würges. Foto: Claus Coester (Archivbild)

Sechs Vereine trainiert und vier Aufstiege sowie zweimal die Teilnahme an der Relegation erreicht: Jürgen Menger hat als Trainer einige Erfolge aufzuweisen. Derzeit kämpft er in der Gruppenliga mit dem TuS Hahn um Punkte, mit dem es auch erst gut aussah im Aufstiegsrennen. Im Interview mit flw24 erzählt er, warum sein Team im Jahr 2017 schwächelt und wer seiner Meinung nach das Meisterrennen in der Gruppenliga gewinnt. Außerdem blickt er auf die Zeit in Würges zurück und verrät, wie es nach einjähriger Pause zum schnellen Trainer-Comeback kam und wie sich das Trainer-Dasein verändert hat.

flw24: Hallo Jürgen! Du bist mit dem TuS Hahn im Jahr 2017 noch sieglos, ihr habt nur einen Punkt aus vier Spielen geholt. Und das, nachdem ihr eine richtig starke Hinrunde auf Platz drei beendet habt. Was ist im Winter passiert, dass es nicht mehr läuft?

Jürgen Menger: Hallo Tobi! Ja, leider konnten wir bislang nicht an unsere Leistungen aus dem alten Jahr anknüpfen. Mir fehlen derzeit circa zehn Spieler, die im alten Jahr noch zur Verfügung standen. Gleich drei Spieler sind weggezogen, der Rest fehlt aufgrund von Verletzungen, Nachwuchs oder Urlaub. Die Entwicklung hat sich in der Winterpause schon angedeutet, als wir teils deutliche Testspielniederlagen kassiert haben und den letzten Test sogar wegen Personalmangels absagen mussten.

„Andere Teams sind in der Breite einfach besser besetzt“

flw24: Zehn Spieler? Das ist natürlich schwer zu kompensieren auf dem Niveau…

Jürgen Menger: Absolut. Unsere Zweite spielt zwar in der A-Liga, aber von der A-Liga in die Kreisoberliga ist es schon ein großer Schritt und von der Kreisoberliga in die Gruppenliga ist es ein noch größerer Schritt. Das kennst du ja aus eigener Erfahrung. Andere Teams sind in der Breite einfach besser besetzt. Eine so schwierige Situation hat meine Mannschaft eigentlich nicht verdient nach der starken Hinrunde. Ich habe sogar Befürchtungen, dass wir noch hinten reinrutschen könnten.

flw24: Derzeit liegt ihr auf Platz fünf, mit zehn Punkten Polster vor dem ersten Abstiegsplatz. Ein noch dickeres Polster haben unsere zwei heimischen Vertreter Waldbrunn und Hadamar II. Glaubst du, dass das Meisterrennen nach dem Sieg des FC Waldbrunn im Topspiel gegen die Hadamarer entschieden ist?

Jürgen Menger: Die Waldbrunner mit dem Trainergespann Christian Mehr und Steffen Moritz, beides Ex-Spieler von mir aus Würgeser Zeiten, haben jetzt natürlich hervorragende Karten und alles selbst in der Hand. Zum Verhängnis werden könnte ihnen, dass sie auswärts zu unkonstant sind. Zuhause schießen sie ja eigentlich alles in Grund und Boden (Anm. der Redaktion: in der Heimtabelle ist Waldbrunn ungeschlagen Erster, in der Auswärtstabelle nur Fünfter mit fünf Siegen in zwölf Spielen).

flw24: Nach der starken Hinrunde dachte man eigentlich, dass ihr auch ein Wörtchen mitreden könnt im Aufstiegsrennen.

Jürgen Menger: Ja, ich hätte gerne vorne mitgemischt. Aber man muss einfach anerkennen, dass die drei Mannschaften, die jetzt vorne stehen, Waldbrunn, Hadamar II und Niedernhausen, in der Breite besser aufgestellt sind als wir. Ich denke, es wird noch ein spannendes Rennen: Die Niedernhausener präsentieren sich in der Rückrunde sehr stark und kommen noch zum direkten Duell zum FC Waldbrunn.

„Daran merkt man, wie groß der Sprung in die Gruppenliga ist“

flw24: Im nächsten Jahr könnte es dann zum direkten Duell deines TuS Hahn mit deinem Ex-Club RSV Würges kommen. Verfolgst du die Entwicklung der Würgeser mit?

Jürgen Menger: Klar, ich verfolge generell, was sich im Kreis Limburg-Weilburg tut. Dass es mit dem RSV Würges wieder bergauf geht, freut mich natürlich, zumal ich das Trainer-Duo Szekely und Medak früher auch unter meinen Fittichen hatte. Es sind oder waren ja mittlerweile viele meiner Ex-Spieler in eurem Fußballkreis als Trainer tätig: Daniel Dylong und Dennis Leopold in Kirberg/Ohren/Nauheim, Adrian Schenk beim SC Offheim, du in Niederbrechen, Christian Mehr und Steffen Moritz beim FC Waldbrunn, Flo Dempewolf erst bei Dietkirchen und jetzt in Hadamar und eben Krisztian Szekely und Mihael Medak in Würges. Dem RSV Würges wünsche ich, dass er in diesem Jahr aufsteigt, zurück zu alter Stärke findet und sich zumindest wieder in der Gruppenliga etablieren kann. Leicht wird das allerdings nicht, wie die letzten Jahre gezeigt haben.

flw24: Du spielst darauf an, dass die Vereine aus unserer Kreisoberliga in den letzten Jahren meist gleich wieder abgestiegen sind.

Jürgen Menger: Ja, im Endeffekt konnte sich nur der SV Rot-Weiß Hadamar II in der Gruppenliga halten, alle anderen Teams haben sich gleich wieder verabschiedet, sei es der TuS Löhnberg, die SG Weinbachtal, der SV Elz oder in diesem Jahr die SG Kirberg/Ohren/Nauheim. Daran merkt man, wie groß der Sprung in die Gruppenliga ist.

„Die Zeit in Würges war meine schönste Trainerstation“

flw24: In Würges warst du sechs Jahre als Trainer tätig, hast die Mannschaft im Jahr 2006 in die Oberliga geführt und anschließend zweimal den Klassenerhalt geschafft. Wohin hat dich dein Weg anschließend geführt?

Jürgen Menger: Die Zeit in Würges war sicherlich meine bislang schönste Trainerstation – und die erfolgreichste. Trotzdem war es nach sechs Jahren Zeit für einen Tapetenwechsel. Ich habe für drei Jahre den VfB Unterliederbach übernommen, mit dem ich knapp in der Relegation zur Oberliga gescheitert bin. Anschließend habe ich die SG Orlen in der Kreisoberliga übernommen. Wir haben den Aufstieg in die Gruppenliga geschafft, sind aber im Jahr drauf leider gleich wieder abgestiegen. Das war bitter! Diesen Rückschlag musste ich erstmal verdauen und habe eine Pause eingelegt…

flw24: …die du nach einem Jahr wieder beendet hast. Wie kam’s?

Jürgen Menger (lacht): Meine Frau hat gesagt, ich soll wieder einen Trainerjob übernehmen. Dann kam das Angebot des TuS Hahn, das ich angenommen habe.

„Ich bestimme, wann ich gehe“

flw24: Sicher ein neues Gefühl für dich, denn du wohnst in Hahn und kanntest Verein und Mannschaft, während du bei deinen sonstigen Stationen  „fremd“ warst.

Jürgen Menger: Die Aufgabe beim TuS Hahn ist in der Tat auf eine Weise die schwierigste Traineraufgabe bislang. Manche Spieler kenne ich schon, seit sie klein waren und habe deshalb nicht so eine Distanz wie sonst. Aber auf der anderen Seite macht es natürlich auch Spaß. Wenn ich den nicht mehr habe, höre ich auf. Das war mir sowieso immer wichtig: Ich bestimme, wann ich gehe. Als Trainer muss man manchmal wissen, wann es Zeit ist.

flw24: Schön zu hören, dass du noch Spaß hast. Wobei sich die Zeiten sicher sehr verändert haben in den vielen Jahren, in denen du als Trainer aktiv bist.

„Tausend Gründe, warum jemand nicht kann“

Jürgen Menger: Auf jeden Fall. Heute musst du als Trainer Abstriche machen. Früher war es völlig normal, dass die gespielt haben, die auch im Training waren. Heute gibt es tausend Gründe, weshalb jemand nicht kann, von Studium und Arbeit über leichte Wehwehchen und Müdigkeit bis hin zu Valentinstag und Geburtstag. Du weißt ja noch aus der Zeit in Würges, was ich fordere. Aber heute geht das gar nicht mehr, da musst du Kompromisse eingehen. Generell sind einfach alle sehr eingespannt. Und dann hast du drei englische Wochen in Folge, wo ich sagen muss: Es gibt auch Leute, die müssen abends arbeiten, da drückt der Arbeitgeber einmal ein Auge zu, aber in drei Wochen hintereinander? Und dann willst du mit dem Gegner das Spiel verlegen und dann funkt dir der Klassenleiter dazwischen und lässt das nicht zu. Dabei sollten doch die Interessen der Vereine im Vordergrund stehen, statt diesen noch das Leben zu erschweren.

flw24: Zu guterletzt: Wie geht es mit dir weiter? Hast du schon zugesagt in Hahn für die neue Saison?

Jürgen Menger: Wir sind natürlich in ständigem Kontakt, aber in der derzeitigen Situation wollen wir beide erstmal abwarten, wie sich alles entwickelt.

flw24: Wie auch immer es sich entwickelt: Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg, alles Gute und Gesundheit. Vielen Dank für das Interview.

Jürgen Menger: Gern geschehen.

Hier findet ihr ein früheres Interview mit Jürgen Menger aus dem Jahr 2002: