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„…jetzt fährt ein Bus nach Hadamar!“

Das Interview mit Thorsten Wörsdörfer

Kein unbekannter im flw24-Land. Der neue Coach vom TuS Dietkirchen Thorsten Wörsdörfer. Foto: flw24

Zwei der drei ranghöchsten Mannschaften unseres Fußballkreises gehen mit neuen  Trainern in die Ende Juli beginnende Saison. Mit Florian Dempewolf, der vom TuS Dietkirchen den Sprung in die Hessenliga zum SV Rot-Weiß Hadamar gewagt hat, haben wir bereits vor einiger Zeit gesprochen. Nun haben wir seinen Nachfolger Thorsten Wörsdörfer zum Interview getroffen, der vielen in unserem Kreis durch sein Engagement beim damaligen Oberligisten RSV Würges bekannt ist. Im Gespräch mit flw24 erzählt Thorsten von seinen Eindrücken nach den ersten Wochen der Vorbereitung, von seinen Erwartungen an die Saison mit dem TuS Dietkirchen, wie er als Spieler zum Rapport bei Reiner Calmund antreten musste und wie er im Probetraining unter Jupp Heynckes den Weltmeister Jürgen Kohler tunnelte.

flw24: Hallo Thorsten! Na, wie läuft die Vorbereitung mit deinem neuen Club?

TW: Bislang bin ich wirklich sehr angetan – sowohl vom Verein, der sehr familiär ist und wo ehrenamtlich tolle Arbeit geleistet wird und wurde, als auch von den Jungs, die super mitziehen. Das macht schon richtig Spaß. Auch wenn die Voraussetzungen sich etwas verändert haben…

flw24: Du spielst auf den Aderlass an, den ihr vor der Saison verkraften musstet.

TW: Ja, der Verlust an Quantität und Qualität war natürlich enorm. Jetzt haben wir eine ganz junge Mannschaft, in der jeder seine Chance bekommt, auch Spieler, die bislang noch nicht den Sprung geschafft hatten. Dementsprechend trainieren erste und zweite Mannschaft derzeit auch zusammen.

"jetzt fährt allein ein Bus mit unseren ehemaligen Spielern nach Hadamar"

flw24: Wie hast du die Entwicklung beim TuS erlebt? Die Situation war ja so noch nicht absehbar, als du zugesagt hast für die neue Saison.

TW: Nein, das war so nicht absehbar, das stimmt. Ich habe mich natürlich auf die Jungs gefreut und jetzt fährt allein ein Bus mit unseren ehemaligen Spielern nach Hadamar. Das war natürlich nicht die feine englische Art. Doch das muss der Verein und jeder für sich entscheiden und beurteilen. Moral wird heute leider generell überschätzt (mit ironischem Unterton).

flw24: Wie ist die Zielsetzung für die neue Saison? In den letzten Jahren schaffte es der TuS ja immer ins obere Tabellendrittel…

"Jetzt erst recht!"

TW: Das werden wir dieses Jahr sicher nicht anpeilen können. Es wird ein richtig schweres Jahr für uns. Aber dessen sind wir uns bewusst und wir sind bereit, die Aufgabe anzugehen. Unser Plus ist, dass unsere Spieler sich total mit dem Verein und seiner Philosophie identifizieren. Nur auf solche Spieler können und wollen wir bauen. Daher bin ich happy, mit diesen Jungs zu arbeiten und es gilt, den Gesängen des Niedergangs zu trotzen. Von daher lautet unser Motto: Jetzt erst recht!

flw24: Wir können uns heute in der Mittagspause in Limburg treffen, weil du in der Nähe in Westerburg arbeitest. Was genau machst du dort?

TW: Ich bin schon 23 Jahre bei der Firma Deynique Cosmetics als Betriebsleiter tätig. Mein alter Freund Günter Müller aus Leverkusen wurde damals Trainer in Eisbachtal und stellte mit Joachim Röser aus Elz den Kontakt zu Familie Hartmann her, den Inhabern des Unternehmens. Der Trainerjob ist ein schöner Ausgleich zum Beruf. Mittlerweile ist der Fußball einfach ein Hobby.

flw24: Das war zu deinen Profizeiten natürlich anders.

TW: Nicht nur da. Auch als ich Trainer in der Oberliga war, war der Aufwand schon sehr groß. Ich war ja schon einmal im hiesigen Fußballkreis tätig, von 2008 bis 2011 beim RSV Würges. Damals sind wir leider wegen zweier Tore aus der Oberliga Hessen abgestiegen. Als Profi war es vom Aufwand her sowieso etwas anderes. Da war man durch und durch Fußballer.

"Ich hatte nie das Ziel Fußballprofi zu werden"

flw24: Du hast prominente Vereine in deiner Vita stehen: Bayer 04 Leverkusen, Bayern München, Schalke 04, die Stuttgarter Kickers und Darmstadt 98. Was sind deine schönsten Erinnerungen?

TW: Ja, einige Vereine kamen zusammen. Und das, obwohl ich nie das Ziel hatte, Fußballprofi zu werden. Als Jugendlicher habe ich eigentlich noch lieber meinem Opa in der Landwirtschaft geholfen. (lacht) Mit 17 habe ich dann aber trotzdem den Schritt von Wirges zu Bayer Leverkusen gewagt. Reiner Calmund hatte mich verpflichtet und mir neben dem Fußball eine kaufmännische Ausbildungsstelle besorgt. Als ich einmal auf der Arbeit gefehlt habe, natürlich montags, musste ich direkt zum Rapport bei Calli antreten. (lacht) Als Junioren-Nationalspieler der U19 bin ich zur Spielvereinigung Bad Homburg in die Oberliga Hessen gewechselt – damals war das noch die dritte Liga. Von dort kam der Sprung zu den Bayern.

flw24: Wie ging es dann weiter?

TW: Ich bin zu den Amateuren des FC Bayern gewechselt und schaffte es zeitweise sogar in den Profikader. Im Probetraining damals unter Jupp Heynckes habe ich den Weltmeister Jürgen Kohler dreimal getunnelt. Ich habe mir wohl Respekt verschafft dadurch, dass ich mich das getraut habe. (lacht) Die Konkurrenz war dort allerdings sehr groß, sodass ich in der Winterpause zum FC Schalke 04 bin, mit dem ich den Aufstieg in die erste Liga schaffte.

flw24: Trotzdem bist du nach dieser Saison weitergezogen…

TW: Ja, im Nachhinein wäre ich besser auf Schalke geblieben, das ist schon ein ganz besonderer Verein. Obwohl ich nur so kurz da war, kennt man mich dort heute noch. Der Mitaufsteiger Stuttgarter Kickers hat mich verpflichtet, wir sind allerdings gleich wieder abgestiegen. Ein halbes Jahr habe ich noch in Stuttgart verbracht, bevor ich für ein halbes Jahr beim SV Darmstadt 98 angeheuert habe. Danach war es vorbei mit dem Profifußball und ich wurde bei den Sportfreunden Eisbachtal neun Jahre lang sesshaft, erst als Spieler, später als Spielertrainer.

flw24: Interessante Anekdote am Rande: In Eisbachtal hast du ein Trainergespann gebildet mit Friedel Müller, dem Trainer unseres anderen Verbandsligisten FC Dorndorf.

TW: Ja, Friedel habe ich damals kennengelernt und seitdem sind wir sehr gute Freunde. Wir haben damals viel voneinander gelernt und besuchen schon seit vielen Jahren zusammen die jährliche Trainerfortbildung für A-Lizenz-Inhaber, den Internationalen Trainerkongress.

flw24: Dieses Jahr habt ihr ja auf jeden Fall zwei weitere Gelegenheiten, die alten Zeiten wieder aufleben zu lassen. Dafür und für die ganze Saison wünschen wir dir alles Gute und viel Erfolg! Vielen Dank für das Interview.

TW: Gern geschehen. Vielen Dank für die guten Wünsche.

Bild: Ein äußerst sympathischer und interessanter Gesprächspartner. Thorsten Wörsdörfer im Gespräch mit der flw24-Redaktion Dominik Groß (links) und Tobias Schneider (rechts).