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"Willkommen in der Hölle"

Interview mit Thorsten Becht (43 Jahre), ehemaliger Fußballspieler bei u.a. Kickers Offenbach, Darmstadt 98, Rot-Weiß Frankfurt.

Thorsten Becht mit Claus Coester. Foto: flw24

flw24: Hallo Thorsten, schön, dass wir uns zum Gespräch getroffen haben. Wie geht es Dir?

Thorsten Becht: Vielen Dank. Es ist alles im grünen Bereich.

flw24: Lass‘ uns über Deine aktive Zeit als Fußballer plaudern. Wo hast Du das Spiel mit dem Runden gelernt?

Thorsten Becht: Als Kind bin ich in Delkenheim in den FV eingetreten, ein Dorf, das zu Wiesbaden gehört. Die 1. Mannschaft spielt aktuell in der Kreisliga A.

flw24: Nun hast Du schon frühzeitig über den Tellerrand geschaut in Richtung Offenbach.

Thorsten Becht: Das war mehr mein Onkel. Bis zum ersten Jahr in der C-Jugend spielte ich in Delkenheim. Mein Onkel hat mich sozusagen „entdeckt“. Der war eingefleischter Fan von Kickers Offenbach und dachte sich: „Der Junge hat Talent, den melde ich mal bei meinem Lieblingsverein an.“ Mein Vater war übrigens Fan vom 1. FC Nürnberg.

flw24: Wie lief das organisatorisch? Immerhin war es ja bis nach Offenbach ein paar Kilometer.

Thorsten Becht: Mein Onkel las in der Bildzeitung eine Anzeige der Kickers aus Offenbach: OFC sucht Nachwuchstalente. Da kam er eines Tages mit der Zeitung unter dem Arm zu meinem Vater und sagte: „Da müssen wir mit deinem Kleinen hin. Nach ein bisschen Zögern konnte er meinen Vater überzeugen und so kam ich als zwölfjähriger Nobody zu einem Probetraining, dann die Anmeldung. Die Jugendarbeit beim OFC war intensiv, d.h. ein paar Mal in der Woche ging‘s zum Training und dann die Spiele.

flw24: Wie sah es mit den Jugendauswahlmannschaften aus?

Thorsten Becht: Kreisauswahl habe ich nie gespielt. In Offenbach war man ja dann mehr auf dem Präsentierteller. Ich schaffte es auf Landesverbandsebene in die verschiedenen Hessenauswahlmannschaften. Bis zur U 19 blieb ich dann beim OFC.

flw24: Wie entwickelte sich die Laufbahn dann in der Seniorenzeit?

Thorsten Becht: Es folgten fünf Jahre bei Rot-Weiß Frankfurt in der Oberliga Hessen (bzw. auch ein Jahr Regionalliga Süd). Vier Jahre war ich bei Darmstadt 98. Hier spielte ich auch in der Regionalliga Süd, wobei wir einmal absteigen mussten. Wir schafften jedoch den direkten Aufstieg als Meister der Oberliga Hessen in die Regionalliga.

flw24: Gibt es da Besonderes zu erzählen?

Thorsten Becht: Man erlebt da sicher Vieles. Etwas Besonderes war jedenfalls der Willkommensgruß, als wir einmal mit Darmstadt zum Bieberer Berg kamen. Da hatten die OFC-Fans für uns auf der Gegentribüne ein großes Transparent parat: „Willkommen in der Hölle.“ Das vergisst man nicht.

flw24: Nun hast Du ja auch Anfang der Jahrtausendwende zu den Profis von Kickers Offenbach gefunden. Was kannst Du über diese Phase erzählen?

Thorsten Becht: Der OFC spielte damals in der Regionalliga Süd. Aus vier Regionalligen wurden ja dann zwei gebildet, die RL Nord und Süd. Das war die Vorstufe zu der später gegründeten dritten Liga.

flw24: Welche Erinnerungen gibt es? Und wie lief es für Dich persönlich?

Thorsten Becht: Meine erfolgreichste Saison dort war 2001/02 unter Ramon Berndroth. Es waren hochinteressante Spiele. Da ging es gegen Bayern München II, Augsburg, 1860 usw. Nicht zu vergessen natürlich die hessischen Derbys. Gegen Wehen ging es auf dem alten Bieberer Berg oder auf dem Halberg heiß her.

flw24: Apropos Bayern München. Spielten irgendwelche prominenten Spieler mit?

Thorsten Becht: Ich erinnere mich, dass im Spiel an der Grünwalder Straße der alte Hansi Pflügler mitspielte und ein Tor schoss. Wir verloren 4:1.

flw24: Und dann war noch ein blutjunger Akteur bei den Bayern dabei. Eine Ahnung?

Thorsten Becht: Tut mir leid, keine Ahnung.

flw24: Kein Problem. Er war auch erst 17 und wurde  2014 Weltmeister.

Thorsten Becht: Philipp Lahm? Tatsächlich?

flw24: Richtig. Aber da wusste noch keiner von seiner Karriere. Zurück zu Dir. Die folgende Spielzeit bedeutete dann einen Einbruch.

Thorsten Becht: Meine Karriere war mehr oder weniger für den professionellen Bereich beendet. Große Probleme mit der Achillessehne ließen die Belastung nicht mehr zu.

flw24: Mit dem aktiven Fußball war aber noch nicht ganz Schluss.

Thorsten Becht: Das ist richtig. Eigentlich wollte ich ganz aufhören. Aber Wolfgang Reinhold, der damalige Trainer vom SV Wiesbaden, rief mich mehrmals an. Da habe ich noch rund drei Jahre gespielt. Darin fiel auch der Aufstieg von der Bezirksoberliga (heute Gruppenliga Anm. der Red.) in die Landesliga (heute Verbandsliga Anm. der Redaktion)

flw24: Ein Fußballer kann ja nie ganz vom Leder lassen und beschreitet dann andere Wege.

Thorsten Becht: Du meinst meine Tätigkeit als Trainer. Ich bin an meine Wurzeln zurückgekehrt und habe meinen Heimatverein Delkenheim trainiert. Aus der Kreisliga A sind wir in die Bezirksliga (KOL) aufgestiegen. 2008 haben wir gegen Frauenstein den Kreispokal Wiesbaden gewonnen und dann im Bezirkspokal gegen den RSV Würges 1:6 verloren.

flw24: Und aktuell steht Nordenstadt im Fokus.

Thorsten Becht: Genau, ich trainiere den TUS Nordenstadt. Die Frage „Meister der KOL oder Relegationsteilnehmer?“ ist noch nicht geklärt. Wir tun unser Bestes[BT2] .

flw24: Thorsten, kannst Du ein paar Höhepunkte in Deinem Fußballerleben nennen?

Thorsten Becht: Zwischen meiner Darmstädter und Offenbacher Zeit war ich durch ein Stipendium im Rahmen meines Studiums für sechs Monate in den USA in Birmingham/Alabama. Da wurde natürlich auch Fußball gespielt. Eine sehr schöne Erfahrung. Der Aufstieg mit Darmstadt 98 in die Regionalliga und das oben erwähnte erfolgreiche Jahr in Offenbach zählen dazu und nicht zu vergessen drei Hessenpokalsiege. Je einen mit Kickers Offenbach, RW Frankfurt und Darmstadt 98. Ein Amateurländerspiel mit Reinhold Fanz als Trainer in Estland möchte ich auch erwähnen.

flw24: Gab es im Jugendbereich besondere Erfolgserlebnisse?

Thorsten Becht: Mit der A-Jugend des OFC waren wir Hessenmeister und scheiterten in der deutschen Meisterschaft gegen Eintracht Braunschweig im Elfmeterschießen. Mit der C-Jugend der Kickers wurden wir ebenfalls Hessenmeister, schalteten VFB Stuttgart aus und verloren schließlich gegen Bayern München in Schwandorf.

flw24: Irgendwann erfolgte die Abnabelung vom aktiven Fußball. Wie lief das?

Thorsten Becht: Nach Abschluss meines Studiums war ich Diplombetriebswirt und habe mich zunächst etwas umgesehen. Für einige Monate war ich Geschäftsstellenleiter bei Darmstadt 98. Zu der Zeit war Bruno Labbadia gerade Trainer am Böllenfalltor. Ein halbes Jahr habe ich bei Opel reingeschaut. Schließlich habe ich meinen Platz beim DFB gefunden.

flw24: Das heißt?

Thorsten Becht: Beim DFB in Frankfurt arbeite ich mit fünf Kollegen in der Abteilung „Talentförderung“. Inhalt ist u.a. das seit 2002 bestehende Talentförderprogramm. Zu den Obliegenheiten unseres Referats gehören auch die Leistungszentren der Profivereine und die Eliteschulen des Fußballs. Das sind einmal die 36 Leistungszentren der ersten und zweiten Bundesliga, für die solche Einrichtungen verpflichtend sind. Dazu kommen weitere 18 Leistungszentren aus der dritten Liga und den Regionalligen, die die Vereine auf freiwilliger Basis unterhalten.

flw24: Gerade habt Ihr ja mit Reinhard Grindel einen neuen Chef bekommen. Schon Bekanntschaft gemacht?

Thorsten Becht: Ja, der Präsident hat die Belegschaft in einer Versammlung begrüßt und sich vorgestellt.

flw24: Thorsten, vielen Dank für das Gespräch. Ich wünsche Dir sportlich, beruflich und privat alles Gute.