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„Beweglichkeit muss vielmehr trainiert werden“ - Interview mit Diplom-Sportwissenschaftler Joachim Keilholz

Joachim Keilholz

Der Sportwissenschaftler Joachim Keilholz ist Geschäftsführer der FITNESS-pur GmbH am ICE-Bahnhof in Limburg und leidenschaftlicher Fußball-Fan. Der 51-jährige, glühende Anhänger des Karlsruher SC, wohnt zwar im Raum Hanau, arbeitet aber seit 25 Jahren in Limburg und sieht sich daher schon lange als „halber Limburger“. Der frühere Landesliga-Kicker und Verbandsliga-Trainer ist im Besitz der A-Lizenz und hatte für sich zunächst eine Trainer-Karriere im Profisport angestrebt. Mit seinem damaligen Studienkollegen Jürgen Klopp ist das dann einem anderen eindrucksvoll gelungen. Nach seinem Studium hatte sich ein berufliches Engagement im Reha-Zentrum von Klaus Eder, dem Physiotherapeuten der deutschen Nationalmannschaft, in Donaustauf, aus privaten Gründen (Nachwuchs) zerschlagen. Glück für die Limburger Region, denn über Zufälle kam Joachim mit dem bekannten regionalen Sportarzt Dr. Walter Staaden zusammen und landete so im Limburger Reha-Studio „Aesculap“, dem späteren FITNESS-pur.

flw24: Hallo Joachim, wie bist Du dem Fußball und speziell unserer Region verbunden? Kannst du uns kurz über Deine fußballerische Laufbahn aufklären?

Joachim Keilholz: Obwohl ich nicht hier wohne und nicht hier her komme, bin ich doch sehr interessiert am regionalen Sport und speziell am Fußball. Im Laufe der Jahre habe ich unzählige Sportler kennengelernt. Wir haben viele Fußballer von den verschiedensten Vereinen zur Rehabilitation von Sportverletzungen in unserem Gesundheitsstudio betreut. Ich persönlich verfolge bei flw24 unter anderem stets die Spiele vom FCA Niederbrechen, weil ich zu diesem Verein einige Kontakte habe. Patrick Schwarz zum Beispiel, der für den FCA spielt, arbeitet hier bei uns im Studio als Trainer.

Ich selbst habe solange aktiv gespielt, bis es gesundheitlich nicht mehr ging. Im Seniorenbereich habe ich im Hanauer und Frankfurter Raum in der Landesliga gespielt. In relativ jungen Jahren war ich dann schon Spielertrainer, weil es damals mein Berufswunsch war, Trainer im Profibereich zu werden. Zu dieser Zeit habe ich mit dem FC Hochstadt ein Gruppenligateam trainiert. Abschließend bin ich dann zu meinem Heimatverein SV Kilianstädten zurückgegangen und habe da noch einige Jahre als Trainer/Spielertrainer gearbeitet. Letztendlich konnte ich aufgrund von Verletzungen nicht weiter spielen und habe den Trainerjob wegen der zunehmenden beruflichen Belastung bei FITNESS-pur aufgegeben, aber dem Fußball bin ich nach wie vor sehr verbunden.

flw24: FITNESS-pur beschreibt sich als Gesundheitsstudio – was bedeutet das? Worin unterscheidet es sich von anderen „herkömmlichen“ Fitnessstudios?

Joachim Keilholz: Das ist durch unsere Herkunft bedingt, weil wir von Beginn an kein Fitnessstudio waren, sondern ein reines Reha-Studio – gegründet von einem Arzt, einem Physiotherapeut und einem Sportwissenschaftler. Mit dem damaligen Ziel lokalen Sportler, nach Verletzungen eine Plattform zur Rehabilitation zu bieten und gleichzeitig das aufkommende Rückenproblem zu behandeln. Dadurch war unser Hintergrund schon immer sportmedizinisch bzw. sportwissenschaftlich und anfangs noch weniger auf Ernährung und Fitness fokussiert.

„Unser Hintergrund ist sportmedizinisch und sportwissenschaftlich“

Klassische Fitnessstudios kommen ja häufig aus dem Bodybuilding- oder Aerobic-Bereich und haben komplett andere Wurzeln als wir. Bei uns stehen nach wie vor Prävention und Rehabilitation im Fokus. In den Jahren ist dann aber auch zunehmend das gesundheitsorientierte Fitnesstraining hinzugekommen. Dieser Bereich ist enorm gewachsen, weil sich die Lebensqualität und das gesellschaftliche Bewusstsein (bspw. im Alter noch was von der Rente zu haben) stark verändert haben. Diese Entwicklung hat auch dazu geführt, dass wir mit unserem Konzept gewachsen sind und schließlich im Jahr 2007 in größere Räumlichkeiten in den Max Value-Tower am Limburger ICE-Bahnhof gezogen sind.

flw24: Speziell für Reha-Maßnahmen ist FITNESS-pur geeignet – mit welchen Verletzungen kommen die Sportler zu Euch? Und wie werden sie behandelt?

Joachim Keilholz: Die Verletzungen decken natürlich die komplette Bandbreite an Sportverletzungen ab - von Sprunggelenksverletzungen bis zu Kreuzbandrissen im Knie. In der Regel kommen die Sportler post-operativ zwei bis drei Wochen nach der OP zu uns. Dann wird von uns eine Anamnese, also eine genaue Analyse der Verletzung und eine Gesundheitsbefragung durchgeführt und schließlich ein Reha-Programm entworfen. Im Bedarfsfall kommt eine Untersuchung bei unserem langjährigen Kooperationsarzt Dr. Staaden hinzu. Insgesamt  geht es nicht nur um Muskel- und Krafttraining, sondern vor allem auch um Gleichgewichts- und Koordinationsübungen, weil das Dinge sind, die nach Verletzungen komplett verloren gehen. Zusätzlich geht es natürlich auch immer um Ausdauer und Beweglichkeit. Wir bieten ein Rund-um-Paket mit dem Ziel, dass die Sportler am Ende der Rehabilitation nahtlos wieder ins sportartspezifische Training überführt werden können.

Rücken- und Gelenkprobleme

Außerhalb des Sportbereichs geht es bei unseren Reha-Maßnahmen natürlich noch um das Thema „Rücken“, also um Bandscheiben-/Wirbelsäulen-Patienten, aber auch um Gelenkverschleiß und künstliche Gelenke. Dabei kommen Patienten im Anschluss an ihre stationäre Rehabilitation in Kliniken zu uns und werden bei uns weiter betreut.

flw24: Das ist ein sehr großer Bereich, der von Euch abgedeckt wird. Wie seid ihr dahingehend aufgestellt?

Joachim Keilholz: Wir haben momentan ca. 40 Mitarbeitern, die sich um unsere Kunden kümmern. Natürlich sind unsere festangestellten Vollzeitmitarbeiter ausgebildete Fachkräfte. Wir bilden selbst seit zwölf Jahren junge Menschen zu Sport/Fitness-Kaufmännern/-frauen aus. Zusätzlich bieten wir alles an, was im Bereich Prävention/Reha-Sport relevant ist - vom Allgemeinmediziner über Physiotherapeuten, Sportwissenschaftler, Sportlehrer, Diplom-Fitnessökonomen bis hin zum besagten Sport- und Fitnesskaufmann. 

flw24: Wie geht es nach den Reha-Maßnahmen für den Sportler weiter?

Joachim Keilholz: Zunächst einmal geben wir dem Spieler/Sportler nach den Reha-Maßnahmen Tipps fürs Training mit auf den Weg. Wir sprechen hier und da natürlich auch mit den Trainern und geben Anregungen, wie es gelingt, einen Rehabilitanden wieder ins Training einzugliedern und welche Übungen am besten für den jeweiligen Sportler sind. Wir sagen gerne, was zu beachten ist, zum Beispiel, dass nicht direkt wieder Zweikämpfe geführt werden sollen oder intensive Spielformen auf dem Programm stehen sollten. Zunächst muss das verlorene Raum/Zeitgefühl wieder gewonnen werden, um die erneute Verletzungsgefahr zu minimieren.

flw24: Warum sollten denn Fußballer deiner Meinung nach überhaupt in ein Fitness/Gesundheits-Studio gehen – machen Sie denn nicht schon genug im Training?

„Beweglichkeit ist das A und O“

Joachim Keilholz: Wir reden ja hier von Gesundheits-Training und dieses ist die Summe mehrerer Einzelziele. Es geht um Ausdauer, um Kraft, um Koordination und Beweglichkeit. Das Problem bei fast allen Sportarten - auch bei Fußball - ist, dass diese vier Elemente kaum gleichberechtigt balanciert trainiert werden. Ein Fußballer trainiert in der Regel – außer vielleicht im Spitzensportbereich – wenig bis keine Koordination und wenig bis keine Beweglichkeit. Das führt oftmals dazu, dass Fußballer sehr unbeweglich sind, was wiederum zu einer erhöhten Verletzungsanfälligkeit führen kann (Bsp. Zerrungen und Muskelverletzungen).  Das ist der Grund, warum wir sagen: Wenn sich jemand intensiv mit einer Sportart auseinandersetzt, also zwei bis dreimal die Woche trainiert plus Wettkampf am Wochenende, sollte er dringend auf seinen Körper achten und ein entsprechendes Ausgleichs-/Balancetraining im Bereich Beweglichkeit durchführen.

flw24: Du bist Sportwissenschaftler und kennst alle gängigen Trainingsmethoden. Hast du diesbezüglich auch einen Tipp für unsere Fußball-Trainer im Kreis?

Joachim Keilholz: Trainer sollten das Training unbedingt ausgewogen gestalten. Das Thema Beweglichkeit kommt weiterhin viel zu kurz. Das sehe ich auch täglich in meinem beruflichen Alltag. Viele Rücken-,  Arthrose- und Gelenkprobleme sind in allererster Linie auf eine verminderte Beweglichkeit zurückzuführen. Steife und verkürzte Muskeln führen zu einer schnelleren Degeneration. Daher ist Beweglichkeitstraining meines Erachtens der Hauptaspekt im Training der Zukunft.

flw24: Was ist derzeit die beste Trainingsmethode. Was würdest du den Hobby-Sportlern in unserer Region raten?

„FIVE – die beste Methode, um beweglich zu werden“

Joachim Keilholz: Das aus meiner Sicht beste Trainingssystem, das es derzeit auf dem Markt gibt, nennt sich FIVE. Entwickelt wurde es von einem Freiburger Arzt und wurde anschließend von einem Berufskollegen für die Studio-Branche weiter entwickelt. Dieses Konzept besteht aus zwei Bereichen: Einmal ein Zirkel mit Holzgeräten, die schon alleine für sich sehr ungewöhnlich sind und zum anderen ein 40-minütiges Kursprogramm mit immer denselben Inhalten. Da wird der ganze Körper über das Prinzip Muskellängen-Training durchbewegt. Es ist aus meiner Sicht das perfekte Programm, um beweglich zu werden.

Bei FIVE sind auch viele Elemente des sogenannten Faszien-Trainings enthalten, welches zum Beispiel von der deutschen Fußball-Nationalmannschaft oder in der Bundesliga verstärkt angewandt wird. Dabei werden unter anderem durch Rollen das Bindegewebe trainiert, weil nicht nur Muskeln steif sind, sondern häufig auch das Bindegewebe. Dieses verbindet Organe mit Knochen und Muskeln und ist enorm wichtig für den Körper und die Muskulatur: Bei einseitiger Aktivität oder Inaktivität verfilzen die Strukturen und die Beweglichkeit verschwindet. 

flw24: Was erwartet einen Neukunden, wenn er zu Euch ins Gesundheitsstudio kommt?

Joachim Keilholz: Wenn ein Kunde zu uns kommt, machen wir zunächst eine Anamnese, also eine Gesundheitsbefragung (Einschränkungen und Probleme), dann stecken wir die gemeinsamen Ziele ab. Zusätzlich führen wir ein automatisiertes Herz-Kreislauf-Screening durch, um Auffälligkeiten zu filtern, die dann ärztlicherseits abgeklärt werden können. Aus den gesammelten Informationen erstellen wir dann einen Plan mit den entsprechenden Inhalten, die dann individuell trainiert werden. Wenn jemand abnehmen will, ist das natürlich ein komplett anderer Plan als bei einem Sportler mit einem Kreuzbandriss, der wieder Fußball spielen möchte.

Ernährung

flw24: Ein wichtiger Aspekt für Sportler ist die Ernährung? Worauf sollte man besonders achten und welche Tipps kannst Du unseren Amateur-Kickern für Ihre Ernährung geben?

Joachim Keilholz: Im Bereich Ernährung haben wir verschiedene Konzepte. Im Trend liegt aktuell die Stoffwechselkur, wobei es unter anderem um die Entgiftung und Entschlackung  des Körpers innerhalb von drei Wochen geht. Der Erfolg dabei ist, dass man in sehr kurzer Zeit sehr viel abnimmt – und zwar reines Körperfett. Man muss aber auch drei Wochen das Programm durchziehen. Allerdings hat diese Kur eine so nachhaltige Wirkung bei unseren Kunden, dass sie es wirklich schaffen, danach ihr Zielgewicht auch zu halten. Wir haben natürlich auch noch Ernährungsprogramme im Angebot, bei denen es um Ernährungsumstellung und gesunde Ernährung oder mittel- bis langfristige Gewichtsreduzierung geht.

Tipps im Bereich Ernährung sind meines Erachtens allerdings sehr schwierig, da es kaum ein Feld gibt, wo die Meinungen soweit auseinandergehen wie bei der Ernährung. Vernünftig ernähren heißt für mich, natürliche Produkte zu bevorzugen und Industriezucker zu meiden, insbesondere in Getränken wie Cola oder Apfel-Schorle – beim Trinken werden im Übrigen am meisten Ernährungsfehler gemacht. Fertigprodukte sollten die Ausnahme bleiben. Ich gehöre noch zu der Generation die sagt, vor dem Spiel Nudel essen und Kohlenhydrate zu sich nehmen. Da kann nichts schief gehen.

flw24: Du bist stolzer Besitzer des A-Lizenz-Trainerscheins. Worauf sollte beim Fußball-Training deiner Meinung nach geachtet werden? Sollte immer bis zur Obergrenze gepowert werden oder sollten die Trainingseinheiten auch mit Hinblick auf das Spiel am Wochenende dosiert werden?

„Fußballtraining immer mit Ball“

Joachim Keilholz: Aus meiner Sicht sollte beim Fußball zu allererst immer mit Ball trainiert werden – auch in der Vorbereitung und beim Ausdauertraining. Trainingswissenschaftlich gesehen, kann man über die Faktoren Raumgröße, Spieleranzahl, Kontaktzahlen die Intensität des Trainings sehr gut bestimmen. Beim Training kann man auch an seine Grenzen gehen, vielleicht nicht immer, aber man muss bei zwei Trainingseinheiten die Woche keine Angst haben, dass man jemanden überfordert. Die Regenrationszeit bis zum Spiel ist lange genug, so dass es im Amateurbereich in der Regel kein Problem ist.

flw24: Joachim, vielen Dank für das Gespräch und deine spannenden Antworten!

INFO: Am kommenden Sonntag und Montag (01. Und 02. November) finden die „Tage der offenen Tür“ im FITNESS-pur-Studio statt. Besucher sind herzlich willkommen sich die Räumlichkeiten und professionelle Ausstattung anzuschauen und sich zum Thema Gesundheitstraining beraten zu lassen. 

Das Interview führte Timm Henecker.