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„Er ist ein Mensch!“

Interview mit dem Limburger Sportwissenschaftler, Fitness-Coach und flw24-Kolumnist Ralf Ohrmann

 

Foto: Tobias Schneider (r) im Gespräch mit Ralf Ohrmann (l)

Jürgen Drews, Willi Herren, Marc Terrenzi, dazu einige Bundesligaspieler wie Pirmin Schwegler und Sonny Kittel – die Liste von Ralf Ohrmanns Kunden ist prominent besetzt. Und das, obwohl er anfangs eher zufällig in die Rolle des Fitnesscoachs geschlüpft ist. Wie sich seine Kundenliste gefüllt hat, wie er Leistungssportler noch besser machen kann und welche Rolle die Ernährung für den Trainingserfolg spielt und warum auch er nur ein Mensch ist, erzählt der 37-jährige im Interview mit der flw24-Redaktion.

flw24-Redaktion: Hallo Ralf! Schön, dass du vor deinem Training mit Sonny Kittel von Eintracht Frankfurt noch Zeit hast. Wie genau unterstützt du ihn denn, damit er nach seinem Kreuzbandriss von Anfang Mai wieder genauso stark zurückkommt?

Ralf Ohrmann: Hi, grüßt euch! Mit Sonny trainiere ich alles außer seinen Beinen – denn die trainiert er mit der medizinischen Abteilung der Eintracht. Der arme Kerl, schon wieder so eine schwere Verletzung. Aber Sonny hat eine super Einstellung, der kommt auf jeden Fall wieder zurück!

flw24-Redaktion: Mit welchen anderen bekannten Sportlern trainierst du noch?

Ralf Ohrmann: Zu meinen Kunden gehören unter anderem Ex-Eintracht-Kapitän Pirmin Schwegler, Marc Terrenzi, Willi Herren, Jürgen Drews. Die letzten drei sind zwar natürlich keine Sportler, müssen aber für ihre Bühnenshows auch fit sein. Im Profifußball habe ich bislang mit Heidenheim, Ingolstadt und dem 1.FC Kaiserslautern gearbeitet.

„Fitnesstrainer bin ich mehr oder weniger zufällig geworden“

flw24-Redaktion: War „Fitnesscoach“ dein Wunschberuf oder bist du auf Umwegen dazu gekommen?

Ralf Ohrmann: Ach, Trainer bin ich eigentlich mehr oder weniger zufällig geworden. Während meines Studiums der Sportwissenschaften war ich bei „Polar“ (Hersteller von Herzfrequenz-Uhren; Anmerkung der Redaktion) als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt und konnte da schon in den Leistungssport reinschnuppern und hatte mit Ärzten und Wissenschaftlern zu tun. Schon während dieser Zeit habe ich die ersten Privatkunden bekommen – was sich aber wirklich eher zufällig ergeben hat: Wir bekamen öfter Anrufe von Kunden, die Unterstützung bei der Bedienung ihrer Pulsuhr wollten. Dafür hatten wir aber niemanden. Also bin ich irgendwann einfach zu den Leuten gefahren und habe ihnen erklärt, wie die Uhr funktioniert und was sie alles kann. Dann fragten einige, ob ich nicht gleich beim Training dabeibleiben könne. So bekam ich nach und nach meine ersten Privatkunden und habe meine ersten Stunden als Fitnesscoach gegeben.

flw24-Redaktion: Wie ging es dann weiter? 

Ralf Ohrmann: Nach meinem Studium habe ich dann Fitnessstudios beraten, vom Aufbau über das Konzept bis zur Einstellung von geeignetem Personal und der nötigen Ausbildung. Zwischenzeitlich habe ich auch mal zwei Studios geleitet. Was Fußball angeht, habe ich anfangs einige Fußballer aus der 3. und 4. Liga betreut. Mit der Zeit konnte ich dann über Weiterempfehlungen und über Spieler, die in höhere Klassen gewechselt sind, Kontakte knüpfen und schließlich erst mit den Jungs von Wehen/Wiesbaden arbeiten, bevor es mich dann sogar nach Aserbaidschan verschlagen hat. (lacht) Dort habe ich erst mit einem Erstligisten während seines Trainingslagers trainiert, anschließend habe ich quasi bei jeder Nationalmannschaft Aserbaidschans die Athletik trainiert – auch bei der Herren-Nationalmannschaft, die damals von Berti Vogts trainiert wurde.

flw24-Redaktion: Kennst du dich denn aus mit Fußball? Und hast du selbst gespielt?

Ralf Ohrmann: Während meines Studiums konnte ich den Trainer-A-Schein machen, ich kenne mich also schon ein bisschen aus. (lacht) Selbst gespielt habe ich auch, aber dafür hat mir schnell die Zeit gefehlt.

flw24-Redaktion: Was unterscheidet denn dein Fitnesstraining von dem anderer Coaches?

Ralf Ohrmann: Im Wesentlichen geht es hier um den ganzheitlichen Ansatz. Ich betrachte die einzelnen wichtigen Leistungsaspekte nicht isoliert, sondern als ganzes System. Wenn ich einen Athleten betreue, wird er ganzheitlich von mir betreut. Athletik-Training, Ernährung, Anatomie, muskuläre Defizite, Dysbalancen, Fehlstellungen der Hardware, Bänder, Fasziensysteme etc.. Was den Leistungssport angeht, ist mein Ziel, durch verschiedene Übungen zu erreichen, dass Spieler im Ernstfall handlungsschneller werden. Unter Druck muss ein Profi blitzschnell zwischen mehreren Möglichkeiten die richtige wählen. Und wer schneller als andere reagiert und dazu noch richtig, der hat oft einen Vorteil gegenüber seinem Gegner. Ansonsten gehört immer auch eine Ernähungsberatung zu unserem Konzept, denn es bringt natürlich nichts, wenn wir fleißig trainieren, aber anschließend der erste Weg zu McDonald’s führt. (lacht)

„Ich will nicht der Oberlehrer sein“

flw24-Redaktion: (lacht) Wie hältst du es denn mit McDonald’s beziehungsweise Fast Food im Allgemeinen? Tabu oder erlaubt?

Ralf Ohrmann: Das sehe ich eigentlich relativ locker – ich will ja nicht der Oberlehrer sein. Und wer trainiert, soll sich auch mal was gönnen und sündigen. Zu dem Thema hatte ich neulich auf dem Limburger Altstadtfest ein witziges Erlebnis: Ich habe mir an einem Stand ein Körbchen Bier bestellt und war gerade dabei, eine Bratwurst zu essen, da hörte ich das eine Mädel hinter der Theke auf einmal zu dem anderen sagen: „Er ist ein Mensch! Er trinkt Bier und isst Bratwurst!“ Die zwei hatte ich einige Tage vorher in einem Kurs von mir – das hat wohl bleibenden Eindruck hinterlassen. (lacht) 

flw24-Redaktion: (lacht) Ralf, am Mittwoch erscheint deine erste Kolumne auf flw24. Worum wird es in deiner Kolumne gehen? 

Ralf Ohrmann: In meiner Kolumne werde ich einige vermeintliche „Trainingsweisheiten“ aufgreifen und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. Außerdem werde ich immer mal wieder einige Übungen vorstellen, die daheim leicht umzusetzen sind, und Tipps geben für die richtige Ernährung. Ein buntes Programm also.

flw24-Redaktion: Prima, darauf freuen wir uns schon. Vielen Dank für das Interview!

Ralf Ohrmann: Gern geschehen.