flw24 Experten-Tipp

Winterpause: Kurze, wichtige Regeneration für Kopf und Körper

Knappschaftsexperte Dr. Hölzl: Bis zu zwei Wochen trainingsfreie ist ideal / Riskanter Hallenfußball

Dr. med. Friedrich Hölzl, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme und Aufnahmestation der Rhein-Maas Klinikum GmbH in Würselen.

Während es in den Küchen nach frischen Plätzchen duftet und auf den Straßen abgemurkste Koniferen in die heimischen Wohnzimmer verschleppt werden, glitzern nicht nur Kinderaugen, sondern auch Raureif und Pfützen auf gefrorenen und matschigen Fußballplätzen im ganzen Land.

Winterpause im deutschen Fußball: Still und starr ruht dann der Spielbetrieb – im Jugendbereich zumindest gut für all die Eltern, die mit laufenden Nasen und schwerstbeschäftigt mit Erkältungsprävention ihrer hoffnungsvollen Zöglinge am Spielfeldrand zu erfrieren drohen.

Erholung für Muskeln, Sehnen und Bänder

Doch mangelnde Bespielbarkeit und bibbernde Zuschauer sind natürlich nicht die einzigen Gründe für die Spielpause. Auch die Spieler selbst benötigen eine Regenerationsphase. In der Regel gibt es dann ein bis zwei Wochen trainingsfrei. Aus medizinischer Sicht sollte eine Trainingspause von bis zu zwei Wochen idealerweise etwa alle drei Monate eingeplant werden. Die Sorge vor Muskelabbau und Kraftverlust ist unbegründet, weiß Knappschaftsexperte Dr. Friedrich Hölzl. Vielmehr können sich in dieser Zeit Muskeln, Sehnen und Bänder von Überlastung und Mikroverletzungen erholen. Dadurch verbessern sich die sogenannten  Nozizeption und Propriozeption, also Schmerz- und Tiefenwahrnehmung des Körpers und das Verletzungsrisiko sinkt, ergänzt der Chirurg.

Ob man allerdings gleich für vier Wochen den Spielbetrieb einstellen muss ist fraglich. Schon der weise Franz Beckenbauer stellte einst fest, dass wir eine der wenigen Nationen mit derartiger Winterpause sind.  In England oder Spanien zum Beispiel kennt man das so nicht. Unsere Pause hat eher historischen Charakter und ist ein Relikt aus Vor-Rasenheizungszeit und mag im sibirischen Dauerfrost noch sinnvoll sein, aber in Deutschland?

Nach den komplett sportfreien ersten ein bis zwei Wochen muss natürlich wieder trainiert werden. Hier bietet sich Ausdauertraining mit Läufen an, Gymnastik hält Gelenke und Bänder beweglich und Krafttraining verhindert den dann nach zwei  Wochen doch beginnenden Muskelabbau. Trotz Wiederaufnahme von sportlicher Aktivität erholt sich der Körper weiter, da die Wettkampfbelastung entfällt. Schließlich erholt sich auch der Kopf und wird frei für die nächsten Pflichtspiele. Da macht die Spiel-Pause schon Sinn.

Viele Profivereine zieht es nun wie die Zugvögel in wärmere Gefilde. Flog man früher nach Spanien oder auf die Kanaren, so darf es heute auch ruhig mal etwas extravaganter sein. Dabei sind die Übungen unter südlicher Sonne durchaus keine schlechte Idee, wenn man sich gut eincremt.

Aufwärmphase wichtig

Der gewöhnliche Kreisligakicker hingegen muss sich jetzt mit widrigsten Witterungsbedingungen herumschlagen. Schlechte Platzverhältnisse erhöhen das Verletzungsrisiko genauso wie nicht ausreichend aufgewärmte Muskulatur. Daher sollte auf eine ausreichende Aufwärmphase geachtet werden. Nach dem moderaten Laufprogramm kommt erst später der Ball dazu, wenn die Muskeln wirklich ihre Betriebstemperatur haben. Intervalltraining ist ungeeignet, empfehlenswert ist dagegen kontinuierliche Bewegung, denn der Köper kühlt in klirrender Kälte schneller aus.

Selbstverständlich muss der Sportler nicht nur seinen Bewegungsapparat warm halten, sondern sich auch ganz banal vor Erkältungen schützen. Daher ist eine winterliche Sportbekleidung Pflicht. Gerne wird vergessen, dass der unbedeckte Kopf zu erheblichen Temperaturverlusten führt. Mützen und Handschuhe sind genauso obligat wie lange Hosen – zumindest bei unter zehn Grad. Schließlich schützen wir uns so nicht nur vor Erkältungskrankheiten und Verletzung, sondern wir stärken sogar unser Immunsystem, wenn wir regelmäßig bei niedrigen Temperaturen trainieren.

Verletzungsrisiko Halle

Wem nun der Winter doch zu kalt ist und das Geld zum Betriebsausflug an den Ballermann fehlt, dem bietet sich noch eine Alternative: die Halle!

Allerdings hat der Hallenfußball seine Glanzzeiten längst hinter sich gelassen. Immer weniger Vereine melden ihre Mannschaften zu Hallenturnieren und selbst die Bambini trainieren lieber draußen als in miefigen Sporthallen. Und die Eltern sparen den jährlichen Erwerb neuer Hallenfußballschuhe mit der berühmten nicht-abfärbenden Sohle. Der seit den 70er Jahren in Deutschland gespielte Hallenfußball war anfangs eher für den Jugend-und Amateurbereich interessant, lockte dann aber auch immer mehr Proficlubs. Diese ziehen sich aber inzwischen immer mehr zurück und tatsächlich ist der Indoor-Kick nunmehr mit ebenfalls fallender Beliebtheit eher noch für Jugendmannschaften interessant. Die gesunkene Attraktivität konnte auch durch die Futsal-Modifikation nicht verbessert werden. Zwar erfreut das im Vergleich zum Feldfußball schnellere und abwechslungsreichere Hallen-Spiel mit zahlreichen Torabschlüssen und kaum langatmigen Spielzügen den Zuschauer, aber das Verletzungsrisiko ist enorm höher – gerade für Spieler, die sonst von “draußen“ kommen. Viele Vereine und Kicker scheuen dieses Risiko und können sich gerade in der Vorbereitungsphase keine Spielerausfälle erlauben.  

Erhöhte Gelenkbelastung

Der kleinere Platz, der ungewohnte und schlechtere Kontakt zum Hallenboden und die geringere Mannschaftsstärke sind fremd für die Spieler. Das Spiel ist deutlich schneller und das permanente Umschalten der fremden Bewegungsabläufe führt zu einer ungewohnten und auch erhöhten Belastung vor allem vom Knie- und Sprunggelenk. Auch die Muskulatur ist in der Regel nicht darauf vorbereitet, mahnt der Experte der Knappschaft. Hölzl: im Spiel kommt es wesentlich häufiger zu direkten Zweikampfsituationen und auch immer wieder zu schmerzhaftem Bandenkontakt. Vermehrte Prellungen, Platzwunden und Knochenbrüche sind die Folge.  Schließlich steigen in der stickigen Halle meist Atem- und Herzfrequenz sowie Blutdruck mehr als draußen und lassen die Akteure oft aggressiver zu Werke gehen als bei minus zwanzig Grad im Schnee und Halbdunkeln auf einem gefrorenen Acker.

Also doch lieber Trainingslager? Der ehemalige Bayern-Profi Franz Michelberger stieß 1975 im sonnigen Winterlager mit einem Kamel zusammen und verletzte sich genauso am Knie wie Jerome Boateng, den eine Stewardess mit ihrem  Servierwagen anfuhr und in der Winterpause 86/87 erlitt Rudi Völler beim Toben im Schnee einen Rodelunfall. Da ist es sportlich gesehen eher harmlos, dass sich Gladbachs Dariusz Kampa in der Pause 04/05 in der Hotel-Lobby in Marbella eine Mischung aus Rotwein und Bier erneut durch den Kopf gehen ließ. Das anschließend vom aufmerksamen und gut ausgerüsteten und wohl mit deutschen Gästen erfahrenen Nachtportier eingesetzte Lavendelspray würde allerdings auch in mancher muffigen Sporthalle gute Dienste leisten.