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FLW24-Interview mit Tino Rauch: "Trainer gibt es wie Sand am Meer - Torwarttrainer sind Mangelware..."

Hiermit setzen wir unsere Interviewserie rund um den Amateurfußball im FLW24-Land fort. Vor ein paar Wochen sprachen wir mit Tino Rauch, den vielleicht mehrere von Euch noch als Torhütertrainer der TuS Dietkirchen kennen, in einem Limburger Café.

Darüber hinaus war Tino jahrelang bei zwei Vereinen im Fußballkreis Rheinland aktiv. Derzeit ist er als Seniorentorwarttrainer der Eisbachtaler Sportfreunde Woche für Woche in Nentershausen auf dem Sportgelände und stellte sich zudem unseren Fragen.

Tino Rauch ist aktuell Torwarttrainer in Eisbachtal.

Von 2014-2016 war Tino Torwarttrainer in Dietkirchen.

Mit Dietkirchen war Tino Rauch (hintere Reihe - 3.v.l.) u.a. auch im Trainingslager in der Türkei.

In seiner knappen Freizeit fertigt Tino Rauch hochwertige Holzprodukte.

FLW24: Tino, auch an Dich zuerst die Frage nach dem persönlichen Befinden gerichtet. Geht es Dir in Zeiten der – leider wieder steigenden Zahlen – im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie gut oder bist Du persönlich oder jemand aus Deinem Umfeld betroffen?

TINO RAUCH: Mir persönlich geht es gut, ja. Aber persönlich betroffen war ich auch. Viele haben ja sicherlich mitbekommen, dass wir einen positiven COVID-19-Befund bei der 1. Mannschaft der Sportfreunde Eisbachtal hatten. Dies bedeutete auch für mich zwei Wochen Quarantäne. Aber jetzt ist wieder alles im grünen Bereich…

FLW24: Unschön, aber erfreulich, dass es Dir persönlich gut geht. Dann starten wir mal mit Dir und Deiner Fußballkarriere, die sich ja überwiegend nicht im Fußballkreis Limburg-Weilburg abgespielt hat. Erzähl mal…

TINO RAUCH: Ich war persönlich gesehen eher ein Spätzünder, was den Fußball angeht. Bis ich 17 Jahre alt war, habe ich eigentlich nur Woche für Woche bei uns auf dem Bolzplatz in Cramberg gespielt. Erst im ersten A-Jugend-Jahr habe ich mich als Torhüter dem VfL Altendiez angeschlossen. Mein Vereinssport war bis dato über 10 Jahre Judo.

FLW24: Wie kommt es, dass man dann Torhüter werden will?

TINO RAUCH: Nun, dass lag vor allem am Bolzplatz. Ich bin da immer jedem Ball hinterher gehechtet. Und seither wollte ich Keeper werden.

FLW24: Gab es ein fußballerisches Vorbild in dieser Zeit?

TINO RAUCH: Vorbild ist Übertrieben. Aber ich habe damals immer gerne die Spiele des FC Bayern München mit Oliver Kahn verfolgt.

FLW24: Du wohnst in Cramberg und hast dann in den Senioren jahrelang in Altendiez und Birlenbach in der Bezirksliga Ost das Tor gehütet und Dir im benachbarten Rhein-Lahn-Kreis einen Namen gemacht. Von wem wurdest Du trainiert und wer waren Deine Mitspieler?

TINO RAUCH: Anfangs, als ich aus der Jugend in Altendiez kam, war ich Ersatzkeeper in der damaligen FSG Altendiez/Holzappel, die Bezirksliga Ost spielte. Ich war die Nummer 2 hinter Thomas Würz, der schon früher Rheinlandliga und Verbandsliga gespielt hat. Trainiert wurden wir von Peter Schmidt.

Im Anschluss löste sich die FSG auf und ich blieb in Altendiez. Trainiert wurden wir dann von Bernd Fuhr, ehemaliger Bundesliga-Torhüter und Ex-Trainer des RSV Würges. Von ihm konnte ich in den Trainingseinheiten viel lernen.

Später bin ich dann über die Lahnseite zur SG Birlenbach/Balduinstein gewechselt. Dort war Bernd Moos mein Trainer. Unter ihm stiegen wir als A-Ligist in die Bezirksliga auf. Zudem wurden wir Kreispokalsieger. In der Bezirksliga spielten damals auch die Eisbachtaler Sportfreunde - das waren tolle Derbys. Zeitgleich habe ich begonnen im Jugendbereich mit Mike Döblitz die Junioren zu coachen - ich war natürlich für die Torhüter zuständig.

2009 ging es dann für mich zurück an den Altendiezer Lahnblick. Ich habe dort, unter Trainer Frank Michel (der später auch Coach der SG Heringen/Mensfelden war), wieder in der 1. Mannschaft gespielt. Zudem gab es dort mit Thomas Würz und Guido Schönborn zwei Torwarttrainer, von denen ich nochmals viel mitgenommen habe.

Parallel habe ich meine Torwarttrainer-Lizenz beim Fußballverband Rheinland erworben und als Torwarttrainer in der Jugend gearbeitet.

Zusammengespielt habe ich im Rhein-Lahn-Kreis mit Spielern wie Matthias Arnolds, Heiko „Joschi“ Groh, Mario Dickenberger, Oliver Kahl, Wladimir Stumpf, Simon Kreutz, Daniel Huwer, Marcel Scherer oder Sören Kah, der auch zu Deutschlands Top-Marathonläufern zählte.

2014, mit 33 Jahren ging es für mich dann ins FLW24-Land.

FLW24: Dich zog es zur TuS Dietkirchen – wie kam es dazu?

TINO RAUCH: Ja, ich arbeite bei der Firma Tetra Pak und einige Spieler aus Dietkirchen auch. Zudem ist der Sportplatz von Dietkirchen ja nicht weit entfernt… *schmunzelt*

Es kam einfach eins zum anderen. Der TuS Dietkirchen suchte als Verein einen Torwarttrainer und ich wollte mich umorientieren und habe meine Chance gesehen. Es war zwar ein Schritt in eine unbekannte Richtung (Hessen). Für mich persönlich war es aber der nächste Step, zumal die Jugendarbeit in Dietkirchen super ist.

Und schnell wurde es für mich auch eine Herzenssache. Denn Dietkirchen ist ein super familiärer Verein, den ich heute noch verfolge und dankbar bin, dass ich dort arbeiten durfte.

FLW24: Zum Kader in Dietkirchen zählten Granja, Schwarz, Zuckrigl und Michael Schmitz.

TINO RAUCH: Ja, die genannten Spieler sind Bombenkicker. Trainer war übrigens Florian Dempewolf und im Tor stand im Jahr 2014 noch Sebastian Schmitt.

FLW24: Du hast dann also als Torwarttrainer für Dietkirchen gearbeitet - gib uns mal Einblicke.

TINO RAUCH: Ja, ich habe wöchentlich, auf Wunsch des Vereins, begonnen die Torhüter speziell zu schulen.

So ging es mit Schmitt, Durek und den Jugendkeepern in der Regel schon 30 Minuten vor dem eigentlichen Training los - mit ganz spezifischen Übungseinheiten für das Torwartspiel.

Wenn man Dietkirchen seinerzeit gesehen hat, muss man sagen, dass Sebastian Schmitt als Torhüter bereits auch ein super Fußballer war. Lange Bälle, kurze Pässe - da ging alles… - das ist für die Defensive eine riesige Entlastung, gerade wenn man irgendwann überkreislich spielt. Eine super Entlastung für die anderen zehn Leute auf dem Platz, wenn da einer hinten drin steht, der mit dem Ball umgehen kann.

Das Torwartspiel hatte sich da während meiner Laufbahn erheblich verändert

FLW24: Inwiefern?

TINO RAUCH: Früher war es wichtig, dass der Torhüter die „Null“ oder mal einen Elfmeter hält, sich eventuell durch Paraden auszeichnet. Ganz nach dem Motto von „Huub Stevens“ – DIE NULL MUSS STEHEN. Immer mehr wurde der ‚moderne Torhüter‘ aber zum Mitspieler, zu einer Art Libero. Fußballerische Technik spielt im modernen Torwartspiel eine große Rolle – siehe Manuel Neuer.

FLW24: Bitte geh weiter ins Detail.

TINO RAUCH: Nun ja, aus meiner Sicht – und auch in Abstimmung mit den Trainern, sowohl in Dietkirchen Florian Dempewolf, als auch aktuell in Eisbachtal Marco Reifenscheidt – ist es gewünscht, dass die Torhüter als 11. Anspielstation am Spiel teilnehmen müssen. In den heutigen Spielsystemen ist es gar nicht mehr anders machbar. Die Trainer legen da einen riesigen Wert drauf. Der moderne Keeper muss mitspielen. Daher spricht man ja auch nicht mehr vom „Torhüter“, sondern vom „Torspieler“.

FLW24: D.h. ihr macht z.B. auch regelmäßig „Schwachfußtraining“?

TINO RAUCH: Selbstverständlich. Von einem modernen Torhüter wird heute erwartet, dass er Diagonalbälle „an den Mann bringt“ und das sowohl mit dem linken, als auch mit dem rechten Fuß. Der fußballerische Aspekt nimmt einen großen Teil der Übungen ein.

Häufig liegt das aber auch am Coach. Es gibt immer noch viele Trainer, für die der Torhüter einen Fremdkörper darstellt. So soll es ja nicht sein.

Positive Beispiele sind z.B. Christoph Dillmann (Eisbachtal) oder Metin Kilic (derzeit Trainer in Frickhofen), die die Torhüter aktiv in die Trainingseinheiten einbeziehen und auch viel Feedback an die Keeper geben. Sie achten einfach sehr darauf, dass der „Torspieler“ einbezogen wird.

FLW24: Also ist der Torwart ein schwieriges Thema für einen Trainer?

TINO RAUCH: Ein Torhüter muss kein schwieriges oder ‚sensibles Thema‘ sein - wenn man sich richtig mit ihm beschäftigt - das ist das A und O. Torhüter werden von einem Trainer in den Kreisligen meiner Meinung nach einfach zu selten korrigiert und in das Gesamtspiel der Mannschaft eingebunden.

FLW24: Du bist seit 2016 nun Torwarttrainer in Eisbachtal und dort u.a. auch Nachfolger von Michael Morawiec, korrekt? Wie spiegelt sich das denn dann alles in Deinem Torwarttraining im „Trainingsalltag“ wider ?

TINO RAUCH: Ja, das stimmt. Von 2014 bis 2016 war ich Torwarttrainer am Dikkerischer Reckenforst. Dann bin ich nach Nentershausen gewechselt und dort Nachfolger von „Mora“ , der ja jahrelang für den RSV Würges aktiv war, geworden.

Der Alltag sieht folgendermaßen aus:

Grundsätzlich hat beim Torwartspiel nach wie vor die Torverhinderung die größte Priorität. Darüber hinaus üben wir aber regelmäßig Positionsspiel, Spieleröffnung, Quer- und Steilpässe, Flanken und Ballsicherheit. Und immer wichtiger wird natürlich auch, dass der „letzte Mann“ den Mund aufmacht. Ein moderner Torhüter muss „dirigieren“, er kann die komplette Mannschaft von hinten raus verschieben… - auch das ist heute eine Hauptanforderung an den modernen Torspieler.

Generell versuche ich einfach häufig zu korrigieren und Tipps zu geben.

Ich habe mir beispielsweise ein Stativ für mein Handy gekauft. Wir nehmen häufig die Trainingseinheiten auf. Ich schneide dann gewisse Dinge am Laptop zusammen und versuche meinem Torhüter im nächsten Training auch durch das Video aufzuzeigen, was er besser machen kann. Das hilft ungemein!

FLW24: Das klassische und altbekannte Schusstraining gibt es also gar nicht mehr?

TINO RAUCH: Doch, natürlich gibt es auch noch die Abschlüsse vom 16ner. Aber wir üben eben auch explizit Situation wie Freistöße, Eckballverhalten oder auch Elfmetersituationen.

Es ist wichtig, so spiel- und praxisnah wie möglich zu trainieren. Gerne auch in einer Spielform mit vielen Torabschlüssen. Es geht darum, Automatismen zu schaffen - den Torhüter mit der Ballsicherung eine Gewohnheit zu vermitteln.

FLW24: Du zeichnest neben Trainingseinheiten auch die Spiele von Eisbachtal auf Video auf – ist das korrekt?

TINO RAUCH: Ja, wir arbeiten die Spiele der gesamten Mannschaft einmal wöchentlich in einer Taktikeinheit auch über Videosequenzen auf.

Der Verein hat zudem an den Flutlichtmasten Kameras angebracht, so dass man tolle Sequenzen aus der Vogelperspektive erhält. Das ist spannend und interessant.

Ich filme die Spiele generell eher von der Seite, auch wegen der Bewegungsabläufe.

Das Trainerteam gibt der Mannschaft somit auch nochmals visuell Impulse, zu möglichen Fehlern im Stellungsspiel oder im Zweikampfverhalten. Es ist einfach eine ganz andere Ansprache möglich, wenn man mögliche Fehler selbst sieht. So helfen wir den Spielern besser zu werden - und sie nehmen es gerne und dankend an.

FLW24: Kommen wir zurück ins FLW24-Gebiet. Auch bekannte ehemalige Torhüter im Fußballkreis Limburg-Weilburg der letzten Jahrzehnte wie Schwalbach, Weißbrod, Busche oder Morawiec waren bis zuletzt auch als (Torwart-)Trainer aktiv. Du hast ebenfalls den Weg des Torwarttrainers gewählt. Wäre oder ist es für Dich eine Option auch mal selbst an der Linie die Anweisungen zu geben?

TINO RAUCH: Nein, dass kommt für mich definitiv nicht in Frage. Trainer gibt es wie Sand am Meer - aber gute und qualifizierte Torwarttrainer sind meiner Meinung nach Mangelware.

Ich bilde mich regelmäßig weiter, besuche spezielle Torwartschulen - das ist genau mein Metier. Aber Trainer? Nein, niemals.

FLW24: Ok, dann kommen wir nochmal zu Deinem Fachgebiet. Wer ist denn aus Deiner Sicht aktuell im Fußballkreis Limburg-Weilburg „herausragend“ und wen siehst Du künftig auf dem Weg zum Spitzenkeeper?

TINO RAUCH: Da ich mir regelmäßig auch Spiele anderer Vereine im Rahmen der Sommervorbereitung anschaue, sind es wohl die „üblichen Verdächtigen“, die bei den Vereinen der Hessenliga und Verbandsliga aktiv sind. Konkret also Laux (Dietkirchen), den ich selbst noch 6 Monate trainiert habe, Strauch (Hadamar) oder auch Erbse (Waldbrunn). Eine besondere Beziehung hatte ich zu „Seb“ Schmitt - der für mich ein herausragender Keeper ist. Auch Rock (Würges) kommt natürlich allein aufgrund seiner Größe schon beeindruckend daher.

Mit Daniel Erbse habe ich noch drei Jahre in Eisbachtal gearbeitet. Ich ziehe den Hut vor ihm. In seinem Alter noch so verbissen und ehrgeizig zu sein, da können sich viele junge Keeper eine Scheibe abschneiden. Und auch privat haben wir ein sehr gutes Verhältnis.

Die Frage nach dem künftigen Spitzentorspieler möchte ich nicht direkt beantworten. Dafür bin ich einfach nicht mehr nah genug am Fußballkreis Limburg-Weilburg dran. Aber einige ehemalige Schützlinge aus der Eisbachtaler Jugend wie Marc Kohlhepp, Luca Janz, Julius Roth oder Tristan Schultheis sind ja im Kreis Limburg-Weilburg aktiv und werden sicherlich ihren Weg gehen.

FLW24: Zurück zu Dir. Welche weiteren sportliche Ziele hast Du selbst?

TINO RAUCH: Ich muss sagen, dass ich meine sportlichen Ziele mit dem Torwarttrainer-Posten bei den Eisbachtaler Sportfreunden erreicht habe. Mehr geht einfach auch zeitlich nicht mehr, zumal das ja alles nebenberuflich läuft. Ich bin unter der Woche fast täglich auf dem Sportplatz - zudem am Wochenende mit den „Eisbären“ unterwegs. Das frisst viel Zeit…

FLW24: Kommen wir nochmals zu Deiner Karriere? Was war dein fußballerisch größter Erfolg?

TINO RAUCH: Mit Birlenbach habe ich einige Pokalsiege und Kreismeisterschaften gefeiert. Und im Rückblick muss ich auch sagen, dass Bernd Moos mein bester Trainer war. Er wusste genau, wann er was wie sagen musste, um die Leute zu erreichen.

Ein absolutes Highlight meiner sportlichen Laufbahn war aber ein Testspiel im Rahmen der Sommervorbereitung mit dem VfL Altendiez, als der Bundesligist TSG Hoffenheim am Lahnblick aufspielte.

FLW24: Und die bitterste Niederlage?

TINO RAUCH: Ebenfalls mit Birlenbach. Seinerzeit kam es in der A-Klasse am letzten Spieltag zum Topspiel zwischen Birlenbach/Balduinstein und Miehlen/Nastätten, damals trainiert von Walter Reitz. Zweiter gegen Erster vor rund 1.000 Zuschauern - und wir verloren mit 1:2. Die SG Mühlbachtal stieg damals in die Bezirksliga Ost auf, wir erst ein Jahr später. Eine bittere Pleite!

FLW24: Abschließend wollen wir noch ein wenig persönlich werden – Du trägst den kuriosen Spitznamen „Muddi“. Wie kam es dazu?

TINO RAUCH: Der stammt aus der Zeit in Birlenbach, wo ich als Jugendtrainer im Torwartbereich begonnen habe. Ich wurde „Muddi“ vom damaligen Jugendcoach Mike Döblitz gerufen. Das hat sich irgendwann so verselbstständigt, dass es nicht mehr aufzuhalten war. Mittlerweile kann ich damit gut leben und trage meinen Spitznamen sogar als Tattoo.

FLW24: Und in Deiner knappen Freizeit entspannst Du bei detailverliebten Schreinerarbeiten und fertigst hochwertige Einzelstücke an, die man erwerben kann. Stimmt das ?

TINO RAUCH: Auch das ist korrekt. Gerne könnt ihr die Produkte auf meiner Facebookseite einsehen.

FLW24: Tino, wird danken Dir für die tollen Einblicke und das interessante Interview. Wir wünschen Dir privat und beruflich alles Gute – insbesondere Gesundheit.

 

Bildquellen: Privat - Tino Rauch