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Vor 20 Jahren: Der „Fall Kaiser“ bewirkt eine Satzungsänderung der Jugendordnung

Thorsten Kaiser war bereits 19 Jahre alt, um endlich für seinen Heimatverein straffrei spielen zu können. Repro: Helmut Griesand

Ein kleiner Verein liegt mit dem Hessischen Fußball-Verband (HFV) im Clinch. Vor 20 Jahren sorgte im Kreis Limburg-Weilburg in der Saison 1998/99 der Sportclub Dombach über die Heimatgrenzen hinaus mit dem „Fall Kaiser“ für Furore.

Der B-Ligist wollte den damals 18 Jahre alten Nachwuchsspieler Thorsten Kaiser in seiner Seniorenmannschaft einsetzen, doch die gültigen HFV-Statuten verhinderten das. Was aus der Sicht des 280 Mitglieder zählenden SC Dombach bei der Antragstellung logisch erschien, gestaltete sich fortan als eine unüberwindbare Hürde. Die Chronologie der Ereignisse: Der Ur-Dombacher Thorsten Kaiser hatte sich am 2. Juni 1998 beim SV Bad Camberg schriftlich abgemeldet. Am 11. Juli beantragte der SC für Kaiser bei der HFV-Passstelle die Erteilung einer Spielberechtigung für Seniorenmannschaften. Diese wurde dem Verein am 16. Juli 1998 mit Verweis auf die Satzung verweigert. Denn der Paragraf 15 a) Nr. 7 der Jugendordnung besagte, dass ein A-Jugendlicher nicht zu einem Verein wechseln kann, der mit keinem A-Jugendteam am Spielbetrieb teilnimmt.

Thorsten Kaiser, der bereits am 18. März 1998 seinen 18. Geburtstag feierte und somit vor dem Gesetz volljährig war, durfte somit nicht bei den SC-Senioren eingesetzt werden. Der Klub war jedoch nicht bereit, klein beizugeben. Der Limburger Rechtsanwalt Michael Jung wurde engagiert, um durch eine einstweilige Verfügung beim Amtsgericht Frankfurt die Spielberechtigung zu erwirken. Doch die Hoffnung auf Erfolg zerschlug sich mit Hinweis auf die HFV-Satzung ebenso wie der weiter unternommene Versuch, eine Härtefallregelung zu erreichen. Das war im August 1998.

Der Verein ging danach auf Konfrontation mit dem Verband, setzte den Blondschopf über mehrere Wochen in der ersten Seniorenmannschaft ein, nahm dadurch etwaige Punktabzüge und Geldstrafen bewusst in Kauf. Als nichts passierte, schaltete der SC Mitte Dezember 1998 die Printmedien und den Hessischen Rundfunk ein. Am 15. Januar 1999 fand schließlich in Limburg die mit Spannung erwartete Sportgerichtsverhandlung statt, die für den SC Dombach freilich bitter endete. Thorsten Kaiser erhielt eine einjährige Spielsperre bis zum 7. Januar 2000 auferlegt; der Verein musste eine Geldstrafe von 1050 Mark berappen. Zudem wurden die Partien gegen SV Thalheim (2:2), SG Schadeck/Hofen/Eschenau (4:1) und FSV Würges (1:1) mit 2:0 Toren und drei Punkten für den jeweiligen Spielpartner gewertet.

Doch der  „Fall Kaiser“ war mit dem Sportgerichtsurteil noch nicht vom Tisch. Denn das große Interesse in Print und Funk bewirkte ein Umdenken beim Fußball-Verband, nachdem sich der damalige Präsident Rolf Hocke eingeschaltet hatte.

Auf dem Weg des Gnadenerlasses reduzierte der HFV-Vorstand die Spielsperre für Thorsten Kaiser vom 7. Januar 2000 auf den 1. Juli 1999. Zudem wurde am 1. Juli 1999  die zuvor in den zuständigen Gremien beschlossene Neuregelung der Jugendordnung zum Einsatz von Jugendspielern in Seniorenmannschaften wirksam. So wurde beispielsweise für den Einsatz von Jugendspielern in den Kreisligen A und darunter eine Sonderregelung für betroffene Klubs ohne A-Jugendmannschaften erlassen.

Aktuell heißt es nun in der Jugendordnung, Paragraf 29, Nr. 1 kurz und bündig: „ Ein A-Junior, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, darf in Seniorenmannschaften spielen“. Wäre dieser Passus schon im Sommer 1998 in der Jugendordnung verankert gewesen - den „Fall Kaiser“ hätte es nie gegeben…