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SGS II: Ein Wahnsinn - In jeder Hinsicht!

Nach drei Punkteteilungen in Serie tritt Selters II ein wenig auf der Stelle und will im Duell Dritter gegen Vierter gegen die FSG Gräveneck/Seelbach/Falkenbach mit einem Sieg einen Konkurrenten vorläufig ausstechen und zum anderen mit einem positiven Gefühl in die Winterpause. Dass das Oberselterser Winterholz immer mal seltsame Abende erlebt, ist längst kein Geheimnis mehr. So auch an diesem Abend, an dem die "Wassermänner" schier Unglaubliches leisten. Zwei Platzverweise in der ersten Halbzeit, ein 1:3-Rückstand, alles scheint gelaufen. Selters II dreht das Spiel irrwitzig zum 4:3, und rettet letztlich ein 4:4-Unentschieden in doppelter Unterzahl über die Zeit. Das Abendessen von Schiedsrichter Jürgen Menger hatte scheinbar abgelaufene Zutaten.

Eigentlich begann das von Sonntag vorgezogene Spiel ganz normal. Christian Roos brachte die Einheimischen früh in Führung, als er von einer ungewollten Ballverlängerung eines Grävenecker Abwehrbeins profitierte und überlegt zum 1:0 abschloss (6.). Die Gäste, in der Anfangsphase optisch auch ein wenig feldüberlegen, schlugen allerdings prompt zurück: Die Selterser Defensive bekam das Leder nicht klar genug geklärt, Nils Gerstner roch den Braten und vollendete zum 1:1-Ausgleich (10.). Die Gastgeber agierten fortan hektisch, verzeichneten zu viele Ballverluste und ermöglichten der FSG Oberwasser. Die 25. Minute zeigte dann alle Arten von Ungerechtigkeiten, die es beim Fußballsport gibt. Matthias Wenz wurde ein Foul an Binh Long Nguyen angelastet, welches schlichtweg keines war. Schiedsrichter Menger entschied auf Strafstoß und schickte SG-Torhüter Lars Gendritzki mit Rot vom Feld, weil dieser korrekterweise anmerkte, dass der Pfiff ein Witz sei. Was den Unparteiischen dazu bewegt hatte, den Torhüter des Feldes zu verweisen, wird sein Geheimnis bleiben, denn derartige Aussagen kommen in etwa 60 mal pro Fußballspiel vor. Gästeakteur Kevin Kühmichel war's egal, er verwandelte den Elfmeter sicher zum 1:2 (25.). Selters II musste umstellen, A-Jugend-Torhüter Niklas Muth ging in den Kasten, Stürmer Felix Vormann vom Feld. Die Gäste blieben aber gnadenlos und legten nach: Niklas Muth hielt einen Freistoß nicht fest, Binh Long Nguyen staubte ab und es stand 1:3 (32), die Partie war quasi entschieden. Doch Selters II kämpfte, gab nicht auf, und hätte durch Vincent Gotthardt verkürzen können, doch die Kugel landete an der Oberkante der Latte (41.). Der Anschluss fiel aber dennoch, als Matthias Wenz einen Freistoß aus etwa 30 Metern Torentfernung auf die Kiste jagte und Schlussmann Jann-Thorben Gräf klassisch daneben gegriffen hatte (44.). Und noch immer war nicht Pause, denn Vincent Gotthardt hätte ausgleichen können, scheiterte jedoch aus dem Gewühl heraus an der Fußabwehr Jann-Torben Gräfs (45.). Spätestens in der Nachspielzeit nahm der Auswärtssieg des Tabellen-Vierten endgültige Formen an. Die Platzherren forderten wild Handelfmeter, beim anschließenden Gegenangriff foulte Jan Hendrik Pabst wiederholt und sah zurecht den Gelb-Roten Karton. Neun gegen Elf, 2:3, nichts sprach für die "Wassermänner".

Was sich dann aber wieder in den ersten fünfzehn Minuten des zweiten Abschnitts ereignete, hatte epische Züge. Die Gäste zeigten, wie man sich in doppelter Überzahl blöder nicht anstellen kann und mussten plötzlich einem Rückstand hinterher hecheln. Benedikt Schardt besorgte mit strammem 16-Meter-Schuss nach Vorarbeit von Peter Spitzlay den 3:3-Ausgleich (50.), und Christian Roos markierte nach feinem Doppelpass mit Moritz Knödler wahrhaftig das 4:3 (54.). Den Einheimischen reichten drei Spieler, um den gesamten Abwehrverbund der Grävencker in arge Probleme zu bringen und hätten eigentlich noch das 5:3 machen müssen, doch Peter Spitzlay visierte nach feinem Zuspiel von Christian Roos den Querbalken an (58.). Lange nichts mehr von Schiedsrichter Menger gehört. Dieser hatte dann auf der Gegenseite seinen nächsten Auftritt: Nils Gerstner kam im Strafraum im Zweikampf mit Peter Spitzlay zu Fall, wieder gab es Elfmeter, wieder mehr als fragwürdig. Wieder nahm Kevin Kühmichel das Geschenk an und sorgte unmissverständlich für den 4:4-Ausgleich (60.). Folglich hatte man den Eindruck, dass die "Wassermänner" dem Druck nicht standhalten würden, doch die FSG agierte kopflos und erarbeitete sich kaum Nennenswertes. Selters II sorgte ab und an für Entlastung, die auch immer wieder für Gefahr sorgte. Gräveneck/Seelbachs Schlussmann Gräf flatterten dann gleich mehrfach die Finger: Zunächst lenkte er einen 40-Meter-Freistoß von Nils Toffeleit an die Latte, wenig später blockte selbiger Akteur einen Klärungsversuch, den sich der Torwart beinahe selbst ins Tor gelenkt hätte (71., 74.). Dann war wieder der Referee an der Reihe, diesmal allerdings zum Leidwesen der Gäste: Nils Gerstner schoss das vermeintliche 4:5, soll aber im Abseits gestanden haben (78.) - wieder falsch, diesmal die Selterser im Glück. Hand aufs Herz: Auch wenn der Treffer gegeben worden wäre, die Mannschaft von Trainer Steffen Reh hatte sich den Sieg aufgrund ihrer desolaten Vorstellung im zweiten Durchgang nicht verdient.

Als Menger alle Beteiligten nach 93 Minuten mit dem Abpfiff erlöste, die Gastgeber noch einige brenzlige Situationen im Vorfeld zu überstehen hatten, stand ein 4:4-Unentschieden, dass sich für die SG Selters II wie ein Sieg angefühlt, für die Gäste wie eine peinliche Pleite angefühlt haben muss. Der Selterser Mannschaft kann man gar nicht hoch genug anrechnen, was es an Willen und Kampfeskraft bedeutete, in doppelter Unterzahl einen 1:3-Rückstand zu drehen. Die FSG Gräveneck/Seelbach/Falkenbach, die sich jederzeit völlig fair verhielt, in der ersten Hälfte auch stark spielte, dürfte sich dennoch in den Allerwertesten beißen.

Selters II: Gendritzki, Knödler, Schardt, Wenz, Pabst, Spitzlay, Reifert, Roos, Vormann, Gotthardt, Toffeleit (Muth, Kiefer, Schönbach)

Gräveneck/Seelbach/Falkenbach: Gräf, B. Zwitkowics, M. Zwitkowicz, Schade, M. Schön, A. Schön, Kühmichel, Nguyen, Österling, Gerstner, Stiller (Konrad, Mai, Klein)

Tore: 1:0 Christian Roos (6.), 1:1 Nils Gerstner (10.), 1:2 Kevin Kühmichel (25., Foulelfmeter), 1:3 Binh Long Nguyen (32.), 2:3 Matthias Wenz (44.), 3:3 Benedikt Schardt (50.), 4:3 Christian Roos (54.), 4:4 Kevin Kühmichel (60., Foulelfmeter)

SR: Jürgen Menger (Weilburg)
Rote Karte: Lars Gendritzki (Selters, 24.) -
Gelb-Rote Karte: Jan Hendrik Pabst (Selters, 45.)
Zuschauer: 50