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(HL): Wieder ein Pünktchen mehr

- Hessenliga -


SV Steinbach gegen TUS Dietkirchen 0:0 (0:0)


Klar, wach, energisch, neutral, über jeden Zweifel erhaben.

Man ahnt es schon, es kann nicht um die Spieler, wenn von Neutralität die Rede ist, sondern direkt am Anfang dieses Berichtes nur um den Schiedsrichter gehen.

Es gibt Menschen, die eine Ausstrahlung haben, die man nicht beschreiben oder erklären kann, eine Art Aura. An diesem Abend die Aura der Schiedsrichterin Julia Boike. Von Anfang an, sogar schon beim Warmlaufen vor dem Spiel, war klar, dieses Spiel würde nicht über den (wegen dem) Schiedsrichter gewonnen oder verloren, falls irgendein Spieler diesen Gedanken hätte haben wollen.

Selbst der Charming-Boy des TUS Dietkirchen, Moses Nickmann, keiner kann weltweit so beeindruckend den Unschuldigen mimen und mit seinem treuen Blick und gleichzeitig ausgestreckten Armen einen Strafstoß für sich selbst „einklagen“, „blitzte“ bei Boike, freundlich und bestimmend bleibend, „ab“ und das will was heißen.
Oder und das hat man (ich) wirklich noch nie gesehen, eine gelbe Karte gegen einen Spieler der gastgebenden Mannschaft und fast gleichzeitig den anderen Arm hochgerissen mit drei abgespreizten Fingern Richtung Zuschauer. Aha, für alle war sofort klar, dies war das dritte Foul dieses Spielers, jetzt habe ich die Nase endgültig voll mit meinen wohlwollenden Ermahnungen, jetzt ist Schluss, gelb. (Dieses konsequente Auftreten würde man sich im unserem Bildungssystem auch wünschen, wo man „als Spieler“ nicht selten selbst nach gefühlten 50 Fouls noch nicht mit der gelben Karte rechnen muss. Zum Glück ist beim Fußballspiel nicht die Zeit mit dem Spieler oder sogar seinen Eltern am Spielfeldrand noch mal darüber zu reden und zu reden und zu reden, warum er ständig foult). Folge war, dass das im Ansatz schon aufkommende Gemurre der einheimischen Zuschauer im Keim erstickt wurde. Schlagartig war Ruhe! Ein Schiedsrichter, der die Zuschauer „anspricht“, ernst nimmt, im Blick und im Griff hat! Ein Schiedsrichtertalent! Vermutlich wird sie das WM Finale 2034 pfeifen!

Für die TUS Spieler und auch mitreisenden treuen Zuschauer führten die Spiele wie gegen Unter-Flockenbach im Süden und Steinbach weit ab im Osten Hessens in wenigen Wochen bildlich vor Augen, was es heißt Hessenliga zu spielen, HESSENLIGA! Es geht kreuz und quer durch Hessen mit teilweise enormen Anfahr- und Rückfahrzeiten innerhalb weniger Tage. Diesmal waren acht Stunden „weg“ und das mitten in der Woche während Arbeitstagen. Falls jemand die Idee haben sollte später sein Kind/Enkelkind Richtung Hessenliga zu puschen: denkt an den Preis dafür, aber auch an die Freude (s.unten).

Ein Glück, dass in der Bundesregierung noch niemand auf die Idee gekommen ist den ökologischen Fußabdruck von Fußballspielen zu untersuchen, die Kilometer, die da in einer Woche in ganz Deutschland zusammenkommen an Fahrten zum Training und den Spielen, das möchte man nicht wissen!!!!!!! Ein voller Öltanker nur dafür im Jahr? Wer weiß.

Auch will man nicht wissen wie groß die Fläche mittlerweile alleine in Deutschland ist, die mit Kunstrasen „zugepflastert“ ist!! Dessen ökologischer Fußabdruck ist wahrscheinlich verheerend und auch nicht ganz aus der Kritik zu entlassen, weil den Maulwürfen der Spaß zunehmend verdorben wird den Platzwart zu ärgern.

Und ein Glück, dass niemand darüber weiter nachdenkt. Denn die Freude, die damit verbunden ist in Gemeinschaft etwas zu erleben und erreichen, aber auch Enttäuschungen auszuhalten lernen und die Erweiterung der Menschenkenntnis, ist durch nichts zu bezahlen!!!!
Erkenntnis der letzten Spiele in Unter-Flockenbach und Steinbach, also irgendwo im Nirgendwo: je abgelegener, desto herzlicher, aufmerksamer das Umfeld, entspannter die Zuschauer. Alleine die verschiedenen Dialekte der Zuschauer, ein Riesenspaß! Die andere Architektur der älteren Häuser, also noch vor dem Bauhaus-Einheitsbrei, der mittlerweile ganz Deutschland überzieht, sehenswert. Man wird sogar angelächelt, schöne heile Welt, jedenfalls könnte man diesen Gesamteindruck gewinnen. Vielleicht aber auch alles nur Zufall, Einbildung, weil das Fremde immer reizvoll ist.

Ach ja, fast das Spiel vergessen:). Vorweg ein wirklich gerechtes 0:0. Chancen „hüben wie drüben“ (Zusammenfassung eines Zuschauers nach dem Spiel) auf beiden Seiten vor pechschwarzer Umgebung hinter den Flutlichtlampen (selbst die Dunkelheit war dort dunkler!), nicht übermäßig viele, aber doch hochkarätige.
Die ersten 25 Minuten war Steinbach spieldominierend, aber nicht zwingend vor dem Tor. Dietkirchen war gut organisiert und ließ alles „in Ruhe auf sich zukommen“. Kleinere Fehler immer mal wieder auf TUS Seite, aber nichts Beunruhigendes. Dann, ganz seltsam, stellte Steinbach die Angriffsbemühungen fast komplett ein, nahm den Angriffsdruck aus dem Spiel. Entweder war das Anfangspulver von Steinbach verschossen oder aber Steinbach wurde misstrauisch angesichts der Spielweise des TUS, die sich ja langsam rumgesprochen haben müsste. Vielleicht die Angst im Nacken, das der TUS bald aus dem Nichts in die eigenen ständigen Angriffsbemühungen hinein zuschlagen könnte?
Vielleicht sollte der TUS gelockt werden, zum „Aufmachen“ verleitet werden. Absicht oder nicht? Er ließ sich nicht klären! Jedenfalls fand der TUS nach einer halben Stunde in sein „ munteres Spielchen, hatte richtige Torchancen. In der 36. fischte Torwart Bagus mit einer Traumparade einen durch Abpraller leicht abgelenkten Ball durch Mann und Maus (von der Strafraumgrenze) aus der linken unteren Ecke. Wenige Sekunden später ging etwas unübersichtlich irgendwie im Gedränge ein schon fast im Tor gesehener Ball doch nur unten an den rechten Pfosten. Hier wäre ein Auswärtssieg deutlich möglich gewesen.

In der zweiten Halbzeit weitere gute Möglichkeiten von den üblichen „Verdächtigen“ wie Kratz, Leukel, Zuckrigl und ein Lattenknaller von der Strafraumgrenze aus von Colin Schmitz (81.). Irgendwie wurde man den Eindruck nicht los, dass Steinbach über größere Zeitabschnitte mit dem TUS nichts Richtiges anzufangen wusste. Trotzdem aber auch auf Steinbacher Seite Chancen zum Luftanhalten. Laux riss blitzartig wie ein Hampelmann bei einer schrägen Granate aus Strafraumgrenze beide Arme nach oben über den Kopf, unglaublich (82.)! 0:0.
Und in der 88. nach Flanke von rechts von der Torausgrenze aus kurz vor den vorderen Pfosten gelang es Paliatka ,wirklich heranfliegend, aus kürzester Entfernung, das ganze rechte Tor vor sich, wie durch ein Wunder nicht, da doch stark bedrängt, den Ball ins Tor zu bringen, sondern rechts daneben.

Beide Mannschaften hätten gewinnen können, der Verlierer hätte sich dann aber ins „Hinterteil beißen“ müssen, angesichts der liegen gelassenen Gelegenheiten.

So war alles gut und der Zeitaufwand und Fahrtaufwand des TUS fand eine gerechte Entlohnung und man fuhr mit der Erkenntnis nach Hause, dass Vieles in die richtige Richtung läuft und der Selbstbewusstsein-Tank sich in den letzten Wochen deutlich und zurecht gefüllt hat, umgekehrt zu den Autotanks der mitreisenden Zuschauer. Yin und Yang also auch hier.

Und: schon wieder ein Pünktchen mehr für den TUS.


SV Steinbach: Bagus, Tom Wiegand, Fabian Wiegand, Stadler, Uth, Hütsch (83.Wittke), Budesheim, Kehl (73.Bott), Hildenbrand, Reith, Paliatka

TUS Dietkirchen: Laux, Nickmann (81.Kazerooni), Schmidt, Hautzel, Kratz, Leukel, Dankof (85. Schmitt), Zuckrigl, Bergs, Mink (72.Klöckner), Schmitz


Schiedsrichterin: Julia Boike

Zuschauer: 200