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TuS Dietkirchen dreht überraschend Kreispokalendspiel

Kreispokal Finale 2019/2020 am 29.08.2020 in Waldbrunn-Ellar

TUS Dietkirchen gegen SV Rot-Weiß Hadamar 3:2 nach Verlängerung (0:0, 2:2, 3:2)

„Aller guten Dinge sind vier“(neues Sprichwort) - „Hochmut kommt vor dem Fall“ (altes Sprichwort)

Dieser Bericht ist von einem Menschen geschrieben und nicht von einem Reporter verachtenden Computerprogramm. Torhüter Laux trug strahlendes Blau, das ein sich an den Spieldaten orientierender Computer nie erkennen könnte. Ein Computer macht auch absichtlich keine Rächtschreibefehler!

Vor dem Spiel:

Welche Stadt besucht man lieber? Das sich äußerlich kaum verändernde Paris mit dem mächtigen Louvre (Laux) und dem filigranen schlanken hochragenden Eifelturm als Stadtzeichen (Zuckrigl) oder das finanzkräftige Shanghai, wo jedes Jahr Wolkenkratzer abgerissen und neue schlanke, elegante, sich etwas ähnelnde, hochgezogen werden? Geschmacksache!

Zwei- bis dreimal im Jahr kann man beide Städte, man höre und staune, im Westerwald (!) gleichzeitig besichtigen.

Wenn im Casino dreimal hintereinander Rot kommt (rot gekleidete Dietkirchener), wer setzt dann unter gleichen Bedingungen noch mal auf Rot und wer auf Schwarz (nach der zuvor dritten Niederlage hintereinander gegen Dietkirchen diesmal in passendem Schwarz gekleidete Hadamarer)? Dietkirchen hatte bis zum Finale nämlich schon dreimal hintereinander Hadamar besiegen können (einmal im Kreispokal und zweimal in der Hessenliga).

Welcher Fußballfans kennt das nicht, wochenlang sieht man Spiele, die man nach kürzester Zeit vergessen hat und dann kommt d a s Spiel, wo das Vielfache des Eintrittsgeldes auch noch zu vertreten gewesen wäre, ein Hitchkock Film zum billigen Abklatsch wird, unbeachtet von der Weltpresse versteckt im Westerwald? Schock, Schock, Freude, Freude, Schock, Freude ...ein Wechselbad der Gefühle. Einfach herrlich (zumindest für den Sieger)!

Zum Spiel allgemein:

Die Chancen auf beiden Seiten gebührend zu würdigen, ist angesichts ihrer Vielzahl fast unmöglich, wer, wann, wie, wenn angespielt oder überrannt hat usw.. Chancen, die zunächst noch  berichtswürdig schienen, wurden ständig von neuen noch denkwürdigeren abgelöst.

Deshalb soll das Hauptaugenmerk etwas mehr auf die Stimmung, die natürlich jeder anders empfunden haben kann, gelenkt werden.

Vielleicht ist das gesamte Spiel mit einer großen Wiese zu vergleichen, wo nach 14 Minuten das erste kleine Feuerchen auflodert, nach spätestens 66 Minuten das erste Großfeuer ausbricht, keine acht Minuten später (74.) das nächste, beides auf einer Seite, dann eine Minute später das nächste (75.), wieder eines (84. Platzverweis nach Gelb-Rot für Velemir), wieder eines ( 85. verschossener Foulelfmeter von Rademacher nach Foul an Zuckrigl), wieder eines (89.), diesmal alle auf der anderen Seite. Verwirrend? So war es!

Am Ende des regulären Spieles Brandstellen auf der ganzen Wiese und es sollte in der Verlängerung so weitergehen.

Trotz der Brisanz des Begegnung und einiger gelber Karten war das gesamte Spiel nicht übertrieben unfair, die Schiedsrichterleistung angenehm unauffällig, wie es sein sollte, unparteiisch.

Etwas mehr im Detail, einfach kurz aneindergereiht:

Die Kennenlernphase, Dietkirchen etwas verhaltener, akustisch untermauert vom besonders auffallenden Apachengeschrei von Markus Neugebauer aus der Abwehr heraus, wurde  nach 14 Minuten mit einem flachen 16 Meter Schuss beendet, den Laux erst im Nachfassen bereinigen konnte; in der 18. Minute wurde Cakir, schon fast alleine vor Torhüter Hasselbach, nach angeblichem Stürmerfoul zurückgepfiffen; Nickmanns Flanke von rechts bilderbuchhaft auf den Kopf von Dankof, drüber (23.); Kratz Ecke von links auf den entgegen laufenden Zuckrigl, mit der Hacke vom 16er oben auf die Latte gelenkt (28.); Stahl ließ sich den Ball links vor dem eigenen Strafraum abluchsen, der Gegenspieler flankte flach nach innen auf die 16 Meter Linie und Schaefer hämmerte den Ball oben rechts an die Latte (32.); Kratz Ecke von rechts auf den vorderen Strafraum, Böcher verlängerte mit dem Kopf Richtung linker Pfosten, nach langem Weg vorbei (40.); Rücker lief völlig unbedrängt rechts, zog in Strafraumnähe flach auf das linke Toreck und wie durch ein Wunder durch Feind und Freund hindurch wurde der Ball immer länger und länger und länger, um dann vom linken Torpfosten ins Feld zurückzuspringen (41.); Kratz bekam am 5er den von Dankof geschickt in den Strafraum gehobenen Ball nicht endgültig unter Kontrolle (44.); nach der Pause klärte Torwart Hasselbach nicht zum ersten Mal mit einem sehenswerten Flugkopfball vor der Strafraumgrenze, direkt auf Kratz, der mit einem direkten Heber auf das verwaiste Tor zielte, Hasselbach klärte im Zurücklaufen (54.); Dietkirchen vertändelte den Ball am eigenen 16er, Pistor schnappte sich den Ball und zog eiskalt zum 0:1 ab (66.).

Jetzt ganze Sätze!

Das Spiel schien gelaufen, Dietkirchen angezählt, erst recht als Herdering in der 74. Minute einen geschickt hinter die Dietkirchener Abwehr gehobenen Ball aufnehmen konnte und alleine auf Torwart Laux zulief. Von Dietkirchen zu leicht gemacht, sodass selbst ein C-Liga Spieler diesen Ball noch hätte verwandeln können. Es stand jetzt 0:2.

Warum ein Spiel dann doch noch völlig unerwartet so kippen kann, wie es kam, kann viele Gründe haben. Einer lag, neben dem z.B. schlitzohrigen Einwechseln von Colin Schmitz, den niemand auf der Rechnung hatte und der sich die Lunge aus dem Leib rannte, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber am extrem ungewöhnlichen Verhalten der beiden Hadamarer Torschützen, die direkt nach ihren Toren auf die Dietkirchener Fangruppe zuliefen, so, als ob sie nicht Besseres zu tun hätten und keine eigenen Anhänger hätten, um sich provozierend, mit beiden Händen ihre Ohren vergrößernd, in kürzestem Abstand vor diesen aufzubauen. Der zweite Torschütze tat sich dabei besonders überheblich hervor.

Dies heizte die Dietkirchener Fans, wie selten gehört, gesanglich an und noch während man sich über das Verhalten der Torschützen wunderte, erzielte die geschmeidige Raubkatze Zuckrigl direkt im Gegenzug, indem er sich den Ball selbst erwurschtelte und vom 16er flach in rechte lange Eck zog, den Anschlusstreffer zum 1:2. Jetzt war „die Hölle los“.

Die Magie des Fußballspieles begann!! Intuition verdrängte das kontrollierte Nachdenken. Hektik setze ein, die bei Hadamar in der 82. Minute in einem Gelb-Rot, und damit Platzverweis, von Veldemir sichtbar wurde. Dies verstärkte die schon mehrfach gezeigte Tugend des TUS bis zum Schluss alles zu versuchen, Kampf.  Dietkirchen witterte Morgenluft. Zuckrigl wurde in der 83. im Strafraum von den Beinen geholt. Elfmeter für Dietkirchen. Auch hier verfrühter Jubel, den von Rademacher etwas halbherzig geschossenen Elfmeter konnte Torwart Hasselbach im Flug souverän parieren. Das Spiel schien für Dietkirchen verloren, Rademacher als trauriger Verlierer ausgemacht. Der Abpfiff rückte unaufhaltsam näher.

Ein wie gewohnt satt geschossener Freistoß von Kratz aus unverdächtiger Entfernung Nähe der Mittellinie (88.) wurde von Paris Zuckrigl am 16er mit dem Kopf genial nach hinten auf das Tor verlängert. Dies dachte sich der Fußball selbst wahrscheinlich auch und senkte sich zur Belohnung unter den staunenden Blicken der 249 Zuschauer ins lange, lange, lange rechte Eck zum nicht mehr für möglich gehaltenen 2:2 Ausgleich. Die angeheizten Gesänge der Dietkirchener Fans Richtung Hadamarer Spieler möchte man aus Pietätsgründen nicht zitieren. Verlängerung nach 90+5.

Falls von einer Überlegenheit der Hadamarer in der zweiten Halbzeit die Rede gewesen sein sollte, war sie in der Verlängerung völlig dahin. Dankhof übte in der 3.Minute der Verlängerung das Torschießen, indem er zunächst relativ alleine Richtung Tor zog, um dann nach innen gedrängt zu werden und im Lauf aus 16 Metern mit seinem Schuss an Torhüter Hasselbach scheiterte. Eine Minute später, nach dem Einüben, lief Dankof, schön freigelupft, alleine aufs Tor zu, um dann eiskalt in Seelenruhe rechts am machtlosen Torwart vorbei zum 3:2 „einzutüten“. Hadamar versuchte jetzt alles nach vorne zu werfen, alles zu riskieren mit dem Wissen des Rückstandes und dem Feldverweis im Rücken. Mit der Einwechselung von Bergs kurz vor Schluss (116.) schloss Trainer Wörsdorfer hinten endgültig die Tore. Zwei Konter vom zurückgewechselten Cakir in der 119. und 120. Minute, beide Male von der Mittellinie aus fast völlig alleine loslaufend, mit lockerer Hadamarer Begleitung, hämmerte dieser jeweils in vollem Lauf, an der Strafraumgrenze angekommen, rechts am Tor vorbei. Da müsste die Kimme neu eingestellt werden.

Ohne die Hochnäsigkeit jetzt auf den TUS Dietkirchen übertragen zu wollen:

Vier Niederlagen hintereinander gegen den scheinbar leicht schwächer eingeschätzten Lokalrivalen, das gilt überall auf der Welt als Schmach!

Sollte sich dies in der Zukunft umgekehrt wiederholen, dann stände es 1:1.

Übrigens: Der kürzlich verstorbene treue Dietkirchener Fan Rudi Lang hätte am ersten wichtigen Spiel nach seinem Tod seine helle Freude gehabt!

 

TUS Dietkirchen: Laux, Nickmann (86.Weis), Rademacher, Hautzel, Kratz (116. Bergs), Dankof, Zuckrigl, Stahl, Kuczok, Böcher (76.Koenigstein), Cakir (67.Schmitz)

SV Rot-Weiß Hadamar:  Hasselbach, Paul, Markus Neugebauer, Teller (65.Wölfinger, 109. Basmaci), Pistor, Zey (88. Kittel), Schäfer, Velemir, Rücker, Herdering, Matthias Neugebauer (46. Sedy)

Schiedsrichter: Marcel Rühl (Wettenberg)

Tore: 0:1 Jacob Pistor (66.), 0:2 Jonas Herdering (74.), 1:2 (75.) und  2:2 (89.) beide Maximilian Zuckrigl, 3:2 Robin Dankof (94.)

Zuschauer: 249 (von Corona bestimmt; wem das zu sehr nach Frauenfeindkeit klingt, kann auch Coronus sagen)