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Der „Baumeister“ ist gegangen

Zum Tod von Leo Martin, dem Mitglied des RSV Würges

Mit 93 Jahren ist Leo Martin vorgestern Nacht friedlich eingeschlafen.

In Würges und auf den Sportplätzen, auf denen der RSV auswärts spielte, hieß er nur der Leo. Mit 93 Jahren ist Leo Martin vorgestern Nacht friedlich eingeschlafen.

Seit 1982 hatte sich der Bad Camberger dem Traditionsverein angeschlossen. Leo war nie aktiver Fußballer, aber am Vereinsleben mehr als interessiert. Und er wollte sich in die Gemeinschaft einbringen. Das hatte er auch schon beim Camberger Karnevalsverein in Jahrzehnten zuvor getan. Nicht dass er in die Bütt ging. Elfer Rat, ja. Doch sein Metier war das Organisieren und Anpacken.

Der Verbindung Leo Martins zum Karnevalverein ist letztlich zu verdanken, dass im Stadion „Goldener Grund“ seit Mitte der 1980er Jahre die schon vorhandene Westtribüne ihre komplette Holzüberdachung bekam. Welche großartigen Fußballspiele haben die Fans von dort beobachten können!

Holz findet neue Verwendung

Der ursprüngliche Gedanke, bei den Karnevalisten in der Kurstadt eine Montagehalle für den Bau der Karnevalswagen zu errichten, war dort nicht in die Tat umgesetzt worden. Jahre lang lagerte das Holz verwaist. Da hatte Leo Martin die geniale Idee, dem RSV Würges das Holz für den Tribünenbau zu überlassen. Und wer anders als er, der gelernte Schreiner, sollte da die Bauleitung übernehmen? Den Ehrentitel „Baumeister“ hatte er schnell weg. Am Ende freute sich der RSV über eine wunderbare überdachte Tribüne, die viele fleißige Hände zustande gebracht hatten. Das Sahnehäubchen folgte bald, als am Nordende der Stehtribüne die Sprecherkabine mit dem Glockenturm und der legendären Schiffsglocke angefügt wurde. Glocke und Turm haben es sogar ins bekannte Fußballmagazin „11 Freunde“ geschafft.

Ehrenplatz für die „Alten Geister“

Unterhalb der Sprecherkabine befindet sich sozusagen die Ehrentribüne des Stadions, in der ältere Herrschaften während des Spiels Platz nehmen. Karl Bermbach, der Ehrenvorsitzende, verriet, dass diese liebevoll „Alte Geister“ genannt werden. Keine Frage, dass auch der „Baumeister“ hier seinen Stammplatz hatte.

Wann immer möglich, live dabei

Leo Martin war ein leidenschaftlicher Autofahrer. Wenn er einen fahrbaren Untersatz hatte, war er glücklich. Wahrscheinlich hat er in den langen Jahren kaum ein Auswärtsspiel verpasst. Selbst mit 90 saß er noch am Steuer. Zuletzt wurde er zu den Spielen chauffiert.

Jetzt hat sich das verdienstvolle Vereinsmitglied für immer verabschiedet. Die Holztribüne ist wie ein Denkmal für den rührigen Vereinsmenschen. Und wenn künftig bei einem Torerfolg für die Heimmannschaft die Sturmglocke geläutet wird, dürfte so manch‘ einer im Stadion sich auch an den „Baumeister“ erinnern.