Jeder hat mehr Potenzial als er denkt!

Kolumne von Thomas Zampach

Wir alle sollten herausfinden, was wir wirklich wollen

Im Fußball-Geschäft trifft man ständig auf neue Spieler und große Talente. Viele von ihnen haben ein überragendes Passspiel, eine tolle Technik und die besten Voraussetzungen für eine große Karriere, schaffen aber nie den entscheidenden Sprung. Woran liegt das? Warum schaffen es einige ins Profigeschäft und andere nicht? Warum nutzen manche Menschen ihr Potenzial besser als andere? Diese Fragen habe ich mir oft gestellt.

Ein Uwe Bindewald, ein Thomas Zampach oder ein Alexander Schur waren sicherlich nicht mit der besten Technik und dem größten Talent ausgestattet. Aber wir haben es geschafft, weil wir den Willen hatten und das Potenzial, das in uns steckte, ausgenutzt haben. Andere - sogenannte Jahrhunderttalente - blieben hingegen auf der Strecke. Warum haben sie ihr Potenzial nicht ausgeschöpft? Dafür gibt es nicht nur einen einzelnen Grund. Die Ursachen (des Scheiterns) sind im Zusammenwirken mehrerer Faktoren zu finden: wenig Erfahrung mit Gegenwind und Problemen, mentale Schwächen durch ewiges Schulterklopfen, falsche Ernährung, schlechte Beratung, mangelnder Kampfgeist oder nie erworbenes  Durchsetzungsvermögen, weil für diese talentierten Jungs schlichtweg alles immer „so einfach“ war. Diese Aspekte haben bei dem ein oder anderen dafür gesorgt, dass er es nicht bis ganz nach oben geschafft hat und sein Potenzial nicht vollends entwickeln konnte.

Zeichen deuten

Im Leben gibt es keine Zufälle. Jeden Tag gibt es Zeichen – entweder man nimmt diese Zeichen wahr oder geht über sie hinweg. Für mich stand immer fest, ich bin Fußballer und bleibe in diesem Geschäft. Aber dann habe ich meinen Blickwinkel auch einmal geändert und die Zeichen, die mir das Leben gegeben hat, gedeutet. Ich habe mein Leben nach meiner Profikarriere betrachtet und für mich herausgefunden, wo mein Potenzial heutzutage liegt. Mein Ziel ist es heute, Menschen so zu motivieren, dass sie die letzten Prozente aus sich herauskitzeln. Das ist bei weitem nicht nur auf den Sport begrenzt, sondern betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche - ob privat oder beruflich. Ich sehe mein Potenzial darin, Menschen an ihre Grenzen zu bringen, sie mental auf Ereignisse einzustellen und alles aus sich heraus zu holen. Andere haben das Potenzial tolle Texte zu verfassen, Events bis ins kleinste Detail zu organisieren oder physikalische Probleme zu lösen. Das ist individuell völlig verschieden. Das Wichtige ist lediglich, sein Potenzial zu erkennen und etwas daraus zu machen.

Den eigenen Weg finden

Leider werden Menschen mit ihren Vorstellungen vom Leben schnell eingeschränkt, weil sie von vorne herein in Kategorien gesteckt werden und das Umfeld gewisse Dinge von ihnen erwartet. Nur weil der Ur-Opa, der Opa und der Vater Ärzte waren, muss es der Sohn doch nicht auch sein, oder? Vielleicht hat er völlig andere Vorstellungen vom Leben, aber kann diese nicht ausleben, weil alles vorprogrammiert scheint. Viele Menschen können ihr Potenzial dann gar nicht ausschöpfen bzw. herausfinden, wo es liegt oder liegen könnte.

Um dies zu verdeutlichen, ein kleine Anekdote dazu: der dritte Torwart eines Zweitligateams hatte mich mal irgendwann gefragt, in welcher Liga er meiner Meinung nach spielen könne. Ich antwortete ihm: „Du bist ein guter Torwart. Wenn du hart dafür arbeitest, wirst du im Profigeschäft Fuß fassen können.“ Doch dann sagte er: „Nein, ich meine als Feldspieler und nicht als Torwart.“ Im weiteren Gesprächsverlauf stellte sich heraus, dass er sein ganzes Leben (bis dahin) immer nur im Tor gespielt hatte, weil es der Vater wollte. Was ich damit sagen will: Vielleicht hätte er ein viel größeres Potenzial als Feldspieler gehabt. Vielleicht hat er sein Potenzial somit nie völlig ausgeschöpft, weil er eigentlich andere Vorstellungen und eine andere Intuition hatte.

Auf die innere Stimme hören

Jeder sollte sich selbst fragen, was er vom eigenen Leben erwartet, welche Ziele er hat und was ihn erfüllt. Philosophisch würde man fragen: Was ist eigentlich meine Berufung? Alle schwimmen in eine Richtung, also schwimme ich auch mit. Aber ist es das, was ich wirklich möchte? Ich kann nur jedem empfehlen, einfach einmal bei sich zu sein und über sich selbst nachzudenken. In schnelllebigen und hektischen Zeiten von Handy, Internet und ständiger Erreichbarkeit ist das sicherlich keineswegs leicht. Aber Menschen müssen sich Auszeiten nehmen, Luft holen und über ihr Leben reflektieren, damit sie erkennen, was für sie der richtige Weg ist. Nur so können sie auf ihre innere Stimme hören und ihr Potenzial – also das, was wirklich in ihnen steckt und wofür sie mit Herz und Leidenschaft kämpfen – ausschöpfen und eine große Zufriedenheit erlangen.

Denkt mal drüber nach!

Euer Zampe