Ex-Eisbär wird in amerikanischem Wolfsrudel aufgenommen

Julius Duchscherer erhält Fußballstipendium in den USA

Foto: Julius Duchscherer möchte in den Staaten für guten Fußball sorgen

Foto: Julius Duchscherer (links) mit unserem Redakteur Tobias Schneider (rechts) - Fotos: flw24

„Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu“ – wir alle kennen dieses berühmte Zitat des Ex-Profis Jürgen Wegmann. In umgekehrter Form trifft dieses Zitat auf Julius Duchscherer aus dem Hadamarer Stadtteil Oberweyer zu, denn erst war er fleißig und dann kam auch noch Glück dazu. Das Resultat: Julius hat ein Stipendium der North Carolina State University bekommen und darf die nächsten drei Jahre als Student den Traum vom Profifußball weiterleben. Dabei sah es in der A-Jugend erstmal gar nicht gut aus für ihn. 

„körperlich zu schwach“

„Vor drei Jahren hätte ich mir niemals träumen lassen, dass sich alles so entwickelt“, erzählt der 21-jährige im Gespräch mit der flw24-Redaktion. Damals war er gerade im ersten A-Jugend-Jahr von Wehen/Wiesbaden aussortiert wurden – „körperlich zu schwach“, so die Meinung des dortigen Trainer. Also wechselte Julius nach Eisbachtal, wo er gleich den Sprung in die erste Mannschaft schaffte und mit zehn Treffern in seiner ersten Saison in der Rheinlandliga zum besten Torschützen der „Eisbären“ avancierte. Das blieb der TuS Koblenz nicht verborgen, die das Talent verpflichtete – zunächst für die zweite Mannschaft. „Dort wollte ich möglichst viel spielen und mich empfehlen“, so Julius. Lange empfehlen musste er sich nicht, denn schon nach dem ersten Spiel, in dem er gegen die alten Bekannten aus Eisbachtal mit zwei Treffern zum Matchwinner wurde, hatte der Co-Trainer der TuS Koblenz genug gesehen. „Bereits zwei Tage später stand ich im Kader der ersten Mannschaft für das Heimspiel gegen Freiburg II in der Regionalliga. Das war natürlich unglaublich!“

„Ich wurde auf Facebook angeschrieben, ob ich mich nicht für ein Sportstipendium bewerben wolle"

Seinen ersten Einsatz konnte er zwar erst drei Wochen später feiern, aber von nun an war er fester Bestandteil der ersten Koblenzer Mannschaft und kam im ersten Jahr auf 23 Einsätze. Im zweiten Jahr waren es immerhin noch 18 Einsätze, doch unter dem neuen Trainer Petrik Sander waren im Abstiegskampf andere Qualitäten gefragt: „Da wurde eher auf Zweikampf und Erfahrung gesetzt. Abgestiegen sind wir leider trotzdem in die Oberliga.“ Da war für Julius, dessen Marktwert auf transfermarkt.de aktuell bei 75.000 Euro liegt, schon klar, dass sein sportlicher und schulischer Weg in die USA führen wird, genauer nach Raleigh in North Carolina an die dortige State University. Wie es dazu kam? „Im August 2014 wurde ich auf Facebook von einer Stipendienvermittlung angeschrieben und gefragt, ob ein solches Sportstipendium nicht etwas für mich wäre. Da habe ich überhaupt erst angefangen, mich damit zu beschäftigen.“

Schnell stellte sich heraus, dass es der Zufall wieder gut mit Julius meinte, denn er konnte sämtliche gestellten Bedingungen erfüllen: man durfte noch nicht professionell gespielt haben - nur die ersten drei Ligen zählen in Deutschland zum Profibereich - und musste Abitur haben. Dazu musste er zwei Englischtests absolvieren und ein Studienmodul nachbelegen, um ein Vollzeitstudium durchzuführen, was die Voraussetzungen für die Zulassung an der Universität in North Carolina sind. Diese Module konnte er zwar im Rahmen seines an der Fern-Uni Hagen begonnenen Studiengangs „Wirtschaftswissenschaften“ absolvieren, „trotzdem war das eine ganz schön anstrengende und stressige Zeit. Teilweise zweimal am Tag Training, dazu das Studium und all die restlichen organisatorischen Dinge für das Stipendium“. Unter anderem musste er seine komplette Verletzungshistorie mit Arztberichten nachweisen.

Angebote von mehr als 15 Universitäten

Doch die Mühe hat sich gelohnt: Nachdem er alle Voraussetzungen erfüllt hat, bekam er Angebote von mehr als 15 Universitäten. Nach Gesprächen mit einigen Trainern der jeweiligen Unis entschied Julius sich schließlich für das „Wolfpack“ (Wolfsrudel), so der Spitzname der Fußballmannschaft der Universität in North Carolina. In dem Stipendium enthalten sind die Studiengebühren für das komplette Studium, eine Wohnung direkt am Campus, die Versicherung und die Verpflegung in der eigenen „Sportler-Mensa“. Die Wohnung teilt sich Julius, der am liebsten im zentralen offensiven Mittelfeld spielt, mit drei anderen Spielern. „Ich bin schon gespannt auf die Mannschaft, denn wir haben Jungs aus allen möglichen Ländern dabei. Unter anderem auch zwei Deutsche aus Wuppertal und Cottbus, zu denen ich schon Kontakt habe.“

Gespielt wird von August bis Dezember, zwei Spiele die Woche sind dabei die Regel. Um für dieses Programm fit zu sein, hat Julius, der bis zur D-Jugend von seinem Vater Andreas Duchscherer in Steinbach trainiert wurde, die Vorbereitung bei den Eisbachtaler Sportfreunden mitgemacht. „Mit dem Trainer an der Uni bin ich auch schon regelmäßig in Kontakt – und habe von ihm ein 60-Seiten-PDF mit Trainingsplänen bekommen. Das versuche ich so gut es geht umzusetzen, denn der Fußball in den USA ist um einiges athletischer als hier.“

„So etwas prägt einen für das ganze Leben“

In der spielfreien Zeit über Weihnachten und Silvester wird Julius der Heimat einen Besuch abstatten, schon vorher bekommt er in den USA Besuch von seiner Freundin und seiner Familie. „Es wird natürlich keine einfache Zeit, aber meine Freundin, meine Familie und meine Freunde unterstützen mich wirklich super. Dafür bin ich ihnen sehr, sehr dankbar. Ich bin mir sicher, dass wir das gemeinsam schaffen werden.“ Entgehen lassen wollte er sich diese einmalige Chance nämlich keinesfalls: „Ich will mich zum einen natürlich sportlich weiterentwickeln, zum anderen eine Grundlage für meinen beruflichen Werdegang legen, aber wichtig sind mir auch die Erfahrungen, die ich machen werde. So etwas prägt einen für das ganze Leben.“ Mit seinem Wechsel in die USA hat Julius auch dem eingangs erwähnten Jürgen Wegmann etwas voraus, für den ein Wechsel ins Ausland nie in Frage kam. So antwortete er auf die Frage, ob er zum FC Basel wechseln werde: „Ich habe immer gesagt, dass ich niemals nach Österreich wechseln würde.“

Lieber Julius, alles Gute, viel Spaß, viel Erfolg sowie viele tolle Begegnungen und Erlebnisse während deiner Zeit in den USA wünscht dir die flw24-Redaktion!