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Qatar 2022 - Stimmen rund um das Thema "Boykott"

Robin Eisinger, hier am Ball im Trikot des SV Thalheim vertritt die Meinung, dass ein Boykott der WM 2022 deutlich zu spät kommt und das Kind schon vor langer Zeit in den Brunnen gefallen ist.

Da war der rote Karton schon gezückt. Artur Baus, hier beim Verlassen des Platzes abgelichtet, ist der Meinung, dass die WM 2022 boykottiert werden sollte, auch wenn der Boykott zu spät kommt und es an der Austragung nichts mehr ändern würde.

Die Austragung der Fußball Weltmeisterschaft 2022 in Katar sorgt für eine Menge Gesprächsstoff. Wir haben auf Instagram nach EURER Meinung gefragt und wollten wissen:

Seid ihr Team „Pro-Boykott“ oder Team „Anti-Boykott“?

168 Teilnehmer konnten wir für diese kurze Umfrage gewinnen. Ein Thema, was in den Medien oft sehr einseitig diskutiert wird, führte bei unseren Teilnehmern zu einem nicht ganz so eindeutigen Ergebnis, welches lautet:

109 Stimmen für einen Boykott der WM 2022

59 Stimmen gegen einen Boykott der WM 2022

Wir wollten es uns nicht nehmen lassen und haben aus jeder der beiden Gruppen einen Teilnehmer um ein Statement gebeten. In diesem Sinne bedanken wir uns vielmals bei Artur Baus (Pro Boykott) von der SG Selters und Robin Eisinger (Anti Boykott) vom SV Thalheim!

Die Statements der beiden zu diesem wirklichen sehr brisanten Thema möchten wir euch natürlich nicht vorenthalten.

Beginnen möchten wir mit Robin Eisinger, der gegen einen Boykott der WM 2022 ist. Seiner Meinung nach ist das Kind schon vor langer Zeit in den Brunnen gefallen, aber lest selbst:

„Für mich kommt der Boykott 11 Jahre zu spät. Die Nationen hätten direkt nach der Vergabe reagieren müssen. Jetzt wo das Kind eigentlich schon in den Brunnen gefallen ist, kommen die Heuchler des Profitums um die Ecke und reden aus Imagegründen das nach, was sich eine Mehrheit der Menschen wünscht. Was aber bringt dieser Boykott in Zeiten in denen international anerkannte Vereine mit Katar kooperieren oder sich Weltklassetrainer wie Guardiola Repräsentationsaufgaben in zweistelliger Millionenhöhe bezahlen lassen? Meiner Meinung nach überhaupt nichts. Weder würden alle Nationen geschlossen einem Boykott zustimmen, noch würden die vielen auf der Welt verteilten Fußballfans sich dieses Event entgehen lassen (auch wenn sie es aktuell behaupten). „Die Mannschaft“ kann noch so viele T-Shirts zum Einlaufen anziehen. Im Endeffekt findet das Winter-Trainingslager eines Großteil der Nationalspieler auch im nächsten Jahr wieder in Doha statt.“

Artur Baus spricht sich für einen Boykott der WM 2022 aus, kritisiert die Vergabe der WM nach Katar und spricht auch das Thema „Nachhaltigkeit“ an:

„Zunächst einmal wird aus Sicht der DFB-Elf gar kein Boykott nötig sein, wenn man weiterhin so Auftritte abliefert wie gegen Nordmazedonien…

Spaß beiseite.

Dass die WM überhaupt erst an Katar vergeben wurde, hatte ja von Anfang an schon einen faden Beigeschmack. Zwar haben die Konkurrenten, die sich um die Austragung beworben haben (USA, Japan, Südkorea und Australien), mich auch nicht wirklich vom Hocker gehauen, jedoch weisen immerhin ein paar dieser Länder die infrastrukturellen Bedingungen auf, die für eine Weltmeisterschaft vonnöten sind.

Jeder von uns weiß aber, was passiert, wenn diese Infrastruktur erst aus dem Erdboden gestampft werden muss:

WM2010 in Südafrika: Aus dem propagierten finanziellen Schub wurde ein Finanzloch. Nicht mal im Rugby kriegen die regelmäßig das Stadion voll.

Ähnlich ergeht es den Brasilianern als Gastgeber der WM2014. Aus dem legendären Maracanã werden Sitzschalen geklaut, teilweise wurde der Strom abgestellt, weil die Rechnungen nicht gezahlt werden.

Was aus den Nobelarenen Russlands wird, wird die Zeit zeigen.

Gerade in der heutigen Zeit, in der das Wort „Nachhaltigkeit“ fast schon inflationär benutzt wird (unabhängig, wie man dazu steht – ich persönlich bin auch nicht der größte Verfechter davon), gerade in einer Zeit, in der Funktionäre mit der Vorbildfunktion des Fußballs prahlen, werden zukünftige Betonruinen errichtet, welche nicht genutzt werden, nachdem der Hype verpufft ist.

Katar wird diese finanzielle Sorgen nach der WM wahrscheinlich nicht haben. Katar wird es nicht jucken, dass Ihre Bauten mit den Jahren im Wüstensand verschwinden. Katar stört es auch nicht, dass man von Anfang an damit konfrontiert wurde, die WM durch Bestechungsgelder für sich gewonnen zu haben.

Von allen Seiten war nach der Vergabe der Aufschrei groß, gerade auch mit Hinblick auf das wohl wichtigste Thema: den Menschenrechten.

Und dennoch haben sie eine Chance bekommen. Man zeigte sich gesprächsbereit, wollte in den Dialog gehen und Reformen anstoßen. Manche wollten sogar so weit gehen, dass Katar künftig als Vorreiter für alle anderen arabischen Länder gilt.

Ein paar Jahre später sieht die ganze Sache so aus: Passentzug, Verweigerung der Ausreise, Zwangsarbeit, nicht gezahlte Gehälter… Tod!

Und wir sprechen hier immer noch von einem Ölstaat.

Jetzt, ein Jahr vor der WM, fangen die Fußballverbände langsam an, auf das Thema aufmerksam zu machen. Dass es letztendlich zu einem Boykott kommen wird, schließe ich zwar selbst nahezu aus. Eines sollten der DFB & Co. aber wissen: mit heuchlerischen Aktionen wie selbstgemalten T-Shirts werden diejenigen verhöhnt, die vor Ort ihre Arbeit unter falschen Versprechungen verrichten - unabhängig davon, ob sie dafür ihr Leben lassen mussten oder nicht. Die Problematik war lange genug bekannt.

Ich bin kein Moralapostel. Man kann über viele Dinge hinwegsehen und man weiß, dass das Fußballgeschäft nicht das Sauberste ist. Für mich war die WM2006 als Jugendlicher wahrscheinlich die Geilste auf ziemlich lange Sicht. Ob es nun eine schwarze Kasse im Zuge der WM-Affäre gab oder nicht, ist mir ziemlich schnuppe im Nachhinein.

Wenn man aber anfängt, im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen zu gehen, der braucht sich am Ende nicht zu wundern, dass es zu Plakataktionen kommt in den Kurven unserer Stadien (was freue ich mich wieder darauf, nach Corona jemanden im Stadion zu beleidigen!!!).

In diesem Sinne: auf einen Glühwein im Eröffnungsspiel der WM2022!“

Passender hätten wir das Schlusswort nicht wählen können. Schreibt uns gerne auch eure Meinung in den sozialen Medien unter den dort verlinkten Beitrag dieses Artikels. Wir freuen uns sehr zu erfahren, welche Ansichten ihr vertretet.