FLW24: Ja, kommen wir doch mal zurück zum Fußball. Berichte uns doch mal bei welchem Verein Du begonnen hast und was die weiteren Stationen waren.
Jenny Stammler: Wie bereits eben schon angesprochen, war der Ball immer in meiner Nähe und mein ständiger Begleiter. Mit 10 Jahren habe ich mich dann intensiver dem Fußball gewidmet.
Angefangen hat alles in der Jugendabteilung des Karlsruher SC, dort habe ich die „ersten Schritte“ gemacht und das Fußballspielen erlernt. Ich spielte beim KSC drei Jahre lang, ehe es für mich dann zum 1. FFC Frankfurt für zwei Jahre ging.
FLW24: Wow – das hört sich nach Profifußball an. Der Karlsruher SC ist ja jedem fußballbegeisterten Leser bekannt – auch der 1. FFC Frankfurt (Frauenfußballbundesliga – heute Eintracht Frankfurt).
Berichte doch mal bitte wie es dazu kam vom Karlsruher SC zum 1. FFC Frankfurt zu wechseln? War das eher zufällig, hattest Du ein Angebot oder womit stand dieser Wechsel in Verbindung?
Jenny Stammler: In Karlsruhe beim KSC habe ich mit dem Fußball begonnen. Das war ja „nur“ die Jugendmannschaft, diese spielte zur damaligen Zeit keine Bundesliga, war aber auch sehr erfolgreich. Dort spielte ich bei den damaligen B-Juniorinnen des KSC Regionalliga und wir konnten später in die 2. Bundesliga aufsteigen – eine sehr tolle und interessante Zeit zu Beginn meiner fußballerischen Karriere.
In Frankfurt beim 1. FFC war es dann später die Frauen-Bundesliga – das stimmt. Der Wechsel kam so zustande, dass mich Monika Staab (damals Trainerin beim 1. FFC Frankfurt) bei einem Spiel von mir mich gesichtet hatte und mich ab diesem Zeitpunkt unbedingt nach Frankfurt zum 1. FFC holen wollte.
FLW24: Nicht schlecht. Da hattest Du ja mal das große Los gezogen. Bist Du dann direkt nach Frankfurt zum 1. FFC gewechselt oder wie ging es weiter?
Jenny Stammler: Ja, bin nach der Saison beim KSC nach Frankfurt gewechselt und durfte hier in der höchsten Spielklasse, der Bundesliga, ran.
FLW24: Kannst Du etwas von dieser Zeit berichten? Wie oft hattet ihr denn Training beim 1. FFC?
Jenny Stammler: Beim 1. FFC Frankfurt bin ich gut aufgenommen worden und es war eine sehr schöne und gute Zeit. Natürlich musste man sich bei den „alten Hasen“ im Verein erstmal als Jungspund beweisen und durchsetzen. Da gab es schon eine gewisse Rangordnung. Training hatten wir jeden Tag zweimal – das war schon eine ganz schöne Belastung, die ich aber ganz gut gemeistert habe. Ich bin nämlich immer sehr ehrgeizig gewesen und wollte mich auf jeden Fall durchsetzen. Alles hat sich in dieser Zeit ausschließlich um den Fußball bei mir gedreht – dem habe ich alles untergeordnet. Anders geht es glaube ich auch gar nicht, denn da bleibt nicht viel Zeit für andere Dinge. Auf der einen Seite schade, aber man weiß ja auch für was man es macht und dass man hier auch schließlich in der höchsten Frauenspielklasse antreten darf. Das kommt ja nicht von ungefähr und es wird einem nichts geschenkt. Alles muss man sich erarbeiten und deswegen auch mal Abstriche machen.
FLW24: Das bedeutet, dass Du in dieser Zeit auch nicht nebenbei arbeiten gegangen bist bzw. nichts schulisch oder ausbildungstechnisch gemacht hast oder doch? Man hört ja von vielen Spielerinnen, die nebenbei noch arbeiten gehen oder einen Nebenjob haben, da der Verdienst bei den Frauen ja nicht mit dem der Männer vergleichbar ist.
Jenny Stammler: Das stimmt allerdings, hier ist die Gehaltsspanne doch eine ganz andere und man muss (sollte) eigentlich noch etwas nebenberuflich machen, da man zwar von dem Gehalt gut leben kann, es aber nicht dafür reicht, um so viel anzusparen, dass man nach 5-10 guten Jahren davon noch anschließend zehren kann. Ich habe zu dieser Zeit nichts nebenbei gemacht, da das Pensum einfach zu hoch war und ich ja auch noch sehr jung war.
FLW24: Es ist sehr schön und interessant, einen Einblick in den Frauenprofifußballbereich durch Dich zu bekommen. Mit welchen damaligen Fußballgrößen warst Du denn beim 1. FFC Frankfurt im Team?
Jenny Stammler: Das waren schon einige echte Stars die wir beim 1. FFC Frankfurt in unseren Reihen hatten. Hier spielte ich zusammen mit den Fußballgrößen Steffi Jones (6x Deutsche Meisterin, 3x Deutsche Pokalsiegerin, Welt- u. Europameisterin), Birgit Prinz – die zu dieser Zeit als Stürmerin das Maß aller Dinge im Frauenfußball war (9x Deutsche Meisterin, 10x Deutsche Pokalsiegerin, Welt- und Europameisterin, 4x Torschützenkönigin der Bundesliga, 1x Torschützenkönigin der WM, Weltfußballerin usw.) – Renate Lingor (Weltmeisterin, Europameisterin, 7x Deutsche Meisterin, 7x Deutsche Pokalsiegerin) und Nia Künzer (=> erzielte das Golden Goal im Finale der Weltmeisterschaft 2003 - am 12. Oktober 2003), um nur ein paar Stars in den Reihen des 1. FFC Frankfurt zu nennen. Wenn man nach diesen Spielerinnen mal im Internet etwas recherchiert stellt man schnell fest, dass es in dieser Zeit im Frauenfußball nichts Besseres gab. Diese Spielerinnen würde man, wenn man sie mit den männlichen Bundesligaspielern vergleichen würde, in einem Zug mit Namen wie Manuel Neuer, Bastian Schweinsteiger oder Philipp Lahm nennen. Und mit solchen Frauenfußballstars durfte ich gemeinsam trainieren und auflaufen. Einfach nur genial. Darauf bin ich auch immer noch super stolz.
FLW24: Beim 1. FFC Frankfurt warst Du dann insgesamt zwei Jahre und hast Dich dann in unsere Fußballregion zum VfR 07 Limburg verabschiedet. Wie kam es zu diesem Wechsel?
Jenny Stammler: Das ist auch eine ganz interessante Sache. Ich hatte in Frankfurt eine sehr gute Rolle gespielt und war gut dabei, aber eine sehr gute Freundin von mir, die damals in Limburg beim VfR 07 spielte und die ich bereits aus der Hessenauswahl kannte, ließ irgendwie nicht locker und fragte immer und immer wieder an. Da der VfR 07 Limburg damals auch eine sehr gute Mannschaft hatte und in der Oberliga spielte, dachte ich mir, dass ich dort auch sportlich was bewegen könnte und habe mich dann irgendwann drauf eingelassen und mich auf die Reise nach Limburg begeben. Das war auch eine tolle, aber kurze Zeit, denn dort spielte ich nur eine Saison, ehe es dann wieder in Richtung meiner Heimat ging. Dort habe ich mich dann Germania Pfungstadt angeschlossen die in der Regionalliga angesiedelt waren.
FLW24: Danach folgten die weiteren Stationen Hallescher SC sowie Eintracht Leipzig Süd. Warum ging es denn so weit weg in den Osten?
Jenny Stammler: Das ist eine längere Geschichte und zu privat. Was ich aber dazu sagen kann, dass es für mich eine Herzenssache war. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
FLW24: Das ist auch alles ok so und wir bohren gar nicht weiter nach. Dann fragen wir Dich einfach mal ein paar allgemeinere Dinge. Wo lagen beim Fußball denn eigentlich Deine Stärken und was würdest Du als Deine Schwächen bezeichnen, wenn es welche gab?
Jenny Stammler: Hm, solche Fragen sind immer schwer bzw. schwierig zu beantworten, da man sich selbst nicht so loben möchte. Ich bin auch nicht die Frau, die sich in den Vordergrund stellen möchte. Aber ich denke, dass es meine Schnelligkeit war von der ich sehr profitiert habe. Das macht schon einiges im Spitzenbereich aus, wenn man eine gewisse Schnelligkeit und Dynamik an den Tag legt. Technisch war ich sicherlich auch nicht gerade die Schlechteste und konnte durch diese Kombination die ein oder andere Gegnerin schon gut an der Nase herumführen. (lach) Zudem hatte ich einen guten linken Fuß. Mein Siegeswillen hat mir auch immer wieder geholfen im Spiel und auch im Training alles zu geben.
Zu meinen Schwächen würde ich meinen rechten Fuß nennen und leider auch meine Trainingsmotivation – also ein Trainingsweltmeister wäre ich nie gewesen, aber da wurde man in der Bundesliga nicht nach gefragt, wenn Training war hattest Du auf dem Platz zu stehen. Da gab es kein „soll ich heute mal ins Training oder eher nicht!“
FLW24: Hattest Du auch eine Lieblingsspielerin, die in Deiner Anfangszeit Dein Vorbild war?
Jenny Stammler: Ja, die gab es allerdings. Ich fand Heidi Mohr schon immer super gut und vor allem sehr sympathisch. Sie war immer bodenständig und sehr bescheiden, obwohl sie zu ihrer Zeit eine absolute Ausnahmespielerin war. Sie ist sich trotzdem immer treu geblieben und nie abgehoben. Außerdem fand ich sie auch noch gut, da sie aus meiner Region stammt und Nationalspielerin war. Leider ist sie zu früh verstorben.
FLW24: Was hat sich Deiner Meinung nach in den letzten Jahren im Fußball am meisten verändert?
Jenny Stammler: Ich finde der Fußball wird immer schneller und technisch besser. Das kommt natürlich auch zustande, da man sich modernster technischen Hilfsmittel bedienen kann, die es früher so noch gar nicht gab oder an die keiner gedacht hatte. Die Regeländerungen haben natürlich auch ihren Teil dazu beigetragen, genauso wie die Weiterentwicklung der taktischen Schulung, aber am Ende ist und bleibt es immer noch ein Spiel 11 gegen 11.
FLW24: Warum sollte man sich auch heute noch für den Fußball oder generell eine Mannschaftssportart entscheiden? Was könntest Du hier als eine Art Werbung erwähnen?
Jenny Stammler: Man lernt Zusammenhalt und dass man nur gemeinsam etwas erreichen kann und an einem Strang ziehen muss. Außerdem kann man hier Freundschaften für das Leben knüpfen und hat ein großes Netzwerk. Im Fußball kennt ja jeder jeden in einem gewissen Umfeld. Und dazu darf man sich mit der schönsten Nebensache der Welt befassen – was will man also mehr?! (lach)
FLW24: Wo steht der deutsche Fußball Deiner Meinung nach aktuell? Ist er wieder im Aufwind oder ist das DFB-Team eher nur noch im Mittelmaß?
Jenny Stammler: Das ist schwer zu beurteilen, aber wenn man die letzten Spiele so betrachtet muss man ehrlich zugeben, dass man hier den Anschein hat, dass das Team aktuell nicht wirklich die Qualität besitzt um erfolgreich ein großes Turnier zu bestreiten. Bei den Frauen ist es übrigens ähnlich zu bewerten.
FLW24: Wie kam es eigentlich, dass Du 2015 die Fußballschuhe an den Nagel gehängt hast?
Jenny Stammler: Das kam irgendwie mit den Jahren. Ich hatte mit höherem Alter immer mehr Probleme mit Verletzungen und durch den Schichtdienst bei der Arbeit war der Fußballsonntag – wenn ich die Nacht davor Dienst hatte und mittags wieder auf den Platz musste – echt einfach nur noch Stress. Dann habe ich für mich mal irgendwann die Reißleine gezogen und mich vom Fußball verabschiedet.
FLW24: Hast Du denn nach 2015 nochmal ab und zu Fußball gespielt oder war das eher endgültig und nur noch „Just for fun“?
Jenny Stammler: Nach meinem Karriereende habe ich mich dem Fußball eher abgewandt und nur noch mal bei einem „Spaß-Turnier“ mitgespielt – das war dann auch ganz ok für mich.