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Corona ist auch für durchtrainierte Sportler gefährlich

Sportmediziner und Knappschaftsexperte Dr. Markus Bruckhaus-Walter.

Interview mit dem Sportmediziner und Knappschaftsexperten Markus Bruckhaus-Walter über Viruserkrankungen 

Freizeitvergnügen und Sport auf Sparflamme: Corona ist für viele längst auch eine mentale Belastung. Die Pandemie schlägt auf die Psyche. Was kann ich jetzt am besten für meine Gesundheit tun?

Markus Bruckhaus-Walter: Nachdem über den Vereinssport der Ausnahmezustand verhängt ist, empfiehlt es sich, individuell aktiv bleiben. Regelmäßige Bewegung sollte gerade in der Corona-Krise nicht zu kurz kommen. Sport stärkt das Immunsystem. Schon moderate Bewegung an der frischen Luft hebt die Stimmung und reduziert Gesundheitsrisiken wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Übergewicht.

In der kalten Jahreszeit häufen sich Atemwegserkrankungen. Kann ich eine Erkältung noch weg trainieren? Ab wann sollte ich auf Sport besser verzichten? 

Markus Bruckhaus-Walter: Bei einem leichten Schnupfen können sie vermutlich ohne schwerwiegende Folgen noch Nordic-Walking betreiben oder moderat Joggen. Im besten Fall steigert das sogar Ihre Abwehrkräfte. Bei erhöhten Körpertemperaturen oder einer  Virusinfektion sieht das schon ganz anders aus. Wer mit einer Grippe Sport treibt, setzt seinen Körper zusätzlich unter Stress und schadet diesem. Bei  fiebrigen Infekten sollte man mindestens eine Woche pausieren und auch danach nicht gleich mit voller Power wieder loslegen. Verschleppe ich eine Krankheit, benötigt der angegriffene Körper eine umso längere Pause, im Extremfall auch bis zu einem halben Jahr.

Auch bei  extremer Kälte kann intensives Training kontraproduktiv sein. Ältere und untrainierte Menschen sollten es schon bei niedrigen Temperaturen langsam angehen lassen. Wie lautet Ihre Empfehlung für fitte, durchtrainierte Menschen ? 

Markus Bruckhaus-Walter: Grundsätzlich sollte man seinen Puls beobachten. Der sollte mit dem Sportprogramm nicht gleich in die Höhe schießen. Achten Sie auf ihr persönliches Wohlbefinden. Womöglich existieren nicht diagnostizierte Vorerkrankungen. Ein virusindizierter Herzmuskel kann extrem gefährlich werden. In Deutschland sterben beim Sport jedes Jahr 1000 Menschen den plötzlichen Herztod. 

Schützt körperliche Fitness vor Corona? 

Markus Bruckhaus-Walter: Es gibt deutliche Anzeichen dafür. Eine bis dato noch nicht in die Analyse eingeflossene Auffälligkeit besteht darin, dass die sich nur noch wenig körperlich belastende Altersgruppe eine erhöhte Sterblichkeitsquote aufweist.

Auch unter Profis sind beim Coronavirus Herzmuskelentzündungen und schwerwiegend verlaufende Lungenerkrankungen bekannt geworden. Der Wolfsburger Eishockey-Spieler Janik Möser (25) verzeichnete einen milden Covid-19-Krankheitsverlauf ohne größere Beschwerden, ehe ihm beim routinemäßigen Belastungs-EKG Myokarditis diagnostiziert wurde.

Markus Bruckhaus-Walter: Alle Viren können auf das Herz schlagen. Wenn das Immunsystem überfordert ist, kommt es oft zu schwelenden Entzündungen. Das Corona-Virus kann nicht nur Nase, Rachen und Lunge befallen sondern auch in die Blutgefäßen und das Herz eindringen. Bei jedem vierten Covid-Patienten, der aufgrund seiner schweren Erkrankung stationär behandelt werden musste, war der Herzmuskel beeinträchtig. Untersuchungen zufolge sind sogar Monate später noch Herzveränderungen zu beobachten.

Corona ist also auch im Fall einer auskurierten Erkrankung eine schleichende Gefahr für Leistungssportler?  

Markus Bruckhaus-Walter: Das gilt vor allem im Falle von Herzmuskelentzündungen. Wenn das Virus die Lunge befällt, spüren sie das in Form von Husten und Atemnot. Beim Herzen  merken sie nichts und trainieren einfach weiter. Schon vor Corona sind deswegen jedes Jahr Fußballer im Training oder auf dem Platz plötzlich umgefallen. Dann kann vielleicht noch ein Defibrillator helfen.

Bei mehreren Fußball-Profis wurde schon Covid-19 diagnostiziert. Ilkay Gündogan von Manchester City klagte, ihn habe das Virus heftig getroffen, gefühlsmäßig sei das Immunsystem komplett runtergefahren. Nach  jedem Training habe er einen Mittagsschlaf gemacht. Es habe eine Weile gedauert, bis er wieder komplett fit gewesen sei. Andere Sportler sagten sogar, sie kämen einfach nicht wieder auf die Beine. 

Markus Bruckhaus-Walter: Das zeigt, dass eine Corona-Infektion auch für junge, vermeintlich kerngesunde Profi-Sportler schwere Folgen haben kann. Um die Langzeitfolgen einer Infektion seriös zu prognostizieren, gibt es noch zu wenige Erfahrungen.  

Corona wirbelt also nicht nur den Spielplan im Fußball durcheinander sondern hat angesichts  möglicher Spätfolgen den Leistungssport generell  empfindlich  getroffen? 

Markus Bruckhaus-Walter: Um Spätfolgen für Blutgefäße und Organe wie Herz oder Nieren einzugrenzen, werden Studien unter 2000 Sportlern analysiert und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Niemand darf Corona auf die leichte Schulter nehmen.  Selbst Sportler mit symptomfreien Verlauf sollten knapp drei Wochen pausieren. Schwere Erkrankungen könnten bis zu einem halben Jahr Sportkarenz zur Folge haben.