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Interview mit Christoph Moritz

Foto © Claus Coester

Porträt Christoph Moritz

Zur Person:

  • Alter: 24 Jahre
  • Beruf: Fußballprofi
  • Verein: 1. FSV Mainz 05
  • Familienstand: ledig

Laufbahn Jugend:

  • bis B-Junioren jüngerer Jahrgang bei Viktoria Arnoldsweiler
  • Jugend B-Junioren älterer Jahrgang bis A-Junioren bei Alemannia Aachen (23 Spiele Bundesliga West)

Laufbahn Senioren:

  • 2009 - 2013 Schalke 04 (54 Bundesligaspiele)
  • 3 Spiele Champions League, 4 Spiele Europa League, 8 Spiele DFB-Pokal, 1 Spiel Supercup
  • 2013 Wechsel zu Mainz 05 (Vertrag bis 2017) Saison 2013/14 25 Bundesligaspiele

flw24: Christoph, Dein Einstieg ins Profigeschäft verlief etwas anders als bei den meisten Bundesligaspielern, die im Alter von 12 Jahren schon in einem Nachwuchs-Leistungszentrum ausgebildet werden. Wie kam das?

Christoph Moritz (CM): Das ist richtig. Von Kindesbeinen an spielte ich bei meinem Heimatverein Viktoria Arnoldsweiler. Mein Vater, der dort selbst als Aktiver in der ersten Mannschaft spielte, war mein Trainer. In der Kreisauswahl konnte ich mich weiterentwickeln. Es gab da schon Anfragen von Köln oder Leverkusen. Aber ich wollte in meinem vertrauten Umfeld bleiben, wo auch meine Freunde waren. Und die Bedingungen bei Arnoldsweiler waren gut. Als Kind war es aber schon mein Traum, Bundesligaprofi zu werden.

flw24: So im Alter von 15 kam dann doch der Wechsel zu Alemannia Aachen und eine erfolgreiche Zeit bis zum Ende der A-Junioren z. B. mit Lewis Holtby als Teamgefährten. Warum hat das dann mit dem Übergang zu den Zweitligaprofis bei der Alemannia nicht geklappt?

CM: Nun, am Ende der Jugendzeit fanden Sichtungen für die Profis statt. Lewis Holtby wurde in die erste Mannschaft integriert. Der Chefcoach Jürgen Seeberger war von meiner Qualität offensichtlich nicht überzeugt.

flw24: Wie führte dann der Weg in den Ruhrpott?

CM: Bei Schalke II trainierte mein ehemaliger Jugendtrainer Markus Högner. Der äußerte Interesse und so vermittelte mich mein Berater, der auch Lewis berät. Als ich dann nach Schalke kam, war Markus Högner bereits entlassen.

flw24: Nun hattest Du ja bei der Regionalligamannschaft nur ein kurzes Dasein. Wie kam das denn?

CM: Mein Trainer war Oliver Ruhnert. Bei den Profis gab es in der Phase der Vorbereitung ein paar Verletzte, so dass Felix Magath von Ruhnert ein paar Spieler anforderte. Zu denen zählte ich dann.

flw24: Und dann springt man so einfach in die Startelf und gibt sein Bundesligadebüt? Magath hat ja sicher nicht gerade auf Dich gewartet.

CM: Das stimmt. Wir trainierten in der letzten Woche vor dem ersten Bundesligaspiel mit den Profis und auf einmal stand ich gegen Nürnberg in der Startelf. Das war natürlich nicht nur für mich eine Überraschung.

flw24: Dein erstes Jahr auf Schalke war ja für einen Newcomer außerordentlich erfolgreich. Hattest Du als Youngster ein besonderes Standing bei Felix Magath?

CM: Nein. Es lief einfach gut. Mir gelang sogar beim ersten Heimspiel gegen Bochum ein Tor. Ich musste als junger Spieler nicht viel Verantwortung tragen. Ich erfüllte meine Aufgabe und schwamm mit. Körperlich entwickelte ich mich auch und gewöhnte mich an die neuen Verhältnisse. Als ich in die Bundesliga kam, wog ich 71 Kilo. Das änderte sich dann zügig auf 79.

flw24: Hatte Magath denn Lieblinge?

CM: Jeder Trainer hat seine Lieblinge. Ob ich dazu bei Magath gehörte, weiß ich nicht. Ich erfüllte jedenfalls zu der Zeit meine Aufgabe. Das zählte offensichtlich für ihn.

flw24: Wo Licht ist, fällt auch Schatten. Beim CL-Spiel in Lyon hattest Du nicht den besten Tag erwischt. Eine unglückliche Kopfballrückgabe begünstigte die Führung der Franzosen und besiegelte die 0:1-Niederlage. Wie war das in der Rückschau?

CM: Das spielte keine besondere Rolle. Das passiert und ist ärgerlich. Fehler werden anschließend vom Trainer grundsätzlich angesprochen. Wir qualifizierten uns in die KO-Phase. Die Mannschaft kam ja bis ins Halbfinale. Durch eine langwierige Verletzung an der Patellasehne war ich aber frühzeitig außer Gefecht.

flw24: Machen wir einen Sprung. Nach vier Jahren war bei Schalke Schluss. Wann bahnte sich ein Wechsel an?

CM: Mein zweites und drittes Jahr bei Schalke waren bekanntlich durch Verletzungen gekennzeichnet. So kam innerhalb des dritten Jahres eine erste Anfrage von Mainz. Aber ich hatte ja noch Vertrag und wollte den erfüllen. Im vierten Jahr fragte Mainz erneut an. Da war ein Wechsel in der Winterpause schon in der Überlegung. Aber gewechselt bin ich dann in der Sommerpause letzten Jahres.

flw24: Was war maßgebend für den Wechsel nach Mainz?

CM: 05-Trainer Thomas Tuchel suchte einen Spieler meines Typs. Es fand ein Gespräch in seiner Mainzer Wohnung statt. Später traf ich meine Entscheidung für Mainz.

flw24: Nach einem Jahr Erfahrung in Mainz. Was kommt bei einem Vergleich heraus?

CM: Ich persönlich fühle mich wohl. Ich hatte 25 Einsätze in der Bundesliga. Die Infrastruktur um das Trainingsgelände ist hier sogar besser. Kabinen, Fitnessräume usw. befinden sich alle auf einer Ebene. In Schalke mussten wir uns immer auf verschiede Etagen begeben. Ansonsten ist es in Mainz etwas ruhiger. Beim Training sind paar Zuschauer da. Auf Schalke ist das schon lebhafter. In Mainz wohne ich nicht weit vom Bruchwegstadion weg, wo wir trainieren. Gewöhnlich fahre ich ein paar Minuten mit dem Fahrrad zum Training.

flw24: Zu Thomas Tuchel. Er gehört ja zu den sog. Konzepttrainern. Wie war die Arbeit mit ihm?

CM: Das war taktisch schon eine neue Liga. Das Training ist mit bestimmten Spielformen überladen. Die Spielformen werden intensiv probiert, damit sie auch sitzen.

flw24: Du hast ja mit Magath, Steevens, Rangnick und Keller schon eine Reihe Trainer erlebt. Wo steht Tuchel auf der Skala?

CM: Er ist mit Abstand der beste Trainer, den ich bisher hatte.

flw24: Jetzt hat Tuchel das Handtuch geworfen. Wie und wann habt Ihr davon erfahren?

CM: Das war schon eine komische Situation, die für uns Spieler natürlich überraschend kam. Nach dem letzten Bundesligaspiel gegen Hamburg gab es bei der Feier eine Ansprache und Erklärung von Thomas Tuchel. Die Spieler haben das natürlich mit Bedauern aufgenommen.

flw24: Seit kurzem habt Ihr mit Kaspar Hjulmand einen neuen Coach. Nach der kurzen Erfahrung in der Vorbereitung: Hat sich was Besonderes geändert? Hat der Däne etwa Buddahs mitgebracht?

CM: Nein, hat er nicht. Hjulmand will auch das Rad nicht neu erfinden. Er knüpft an Tuchel an. Er legt viel wert auf Ballbesitz. In Schalke war das anders. Bei einem neuen Trainer musste quasi alles anders gemacht werden.

flw24: Themenwechsel. Ihr Profis geht in die mehrwöchige Sommerpause. Gibt es Empfehlungen seitens der Trainer, was Ihr tun könnt oder sollt?

CM: Die jetzige Pause war wegen der WM mit sechs Wochen die längste. Drei Wochen bewegt man sich eigenständig etwas mit Laufen, Tennisspielen o.ä. Die zweiten drei Wochen sind dann diesbezüglich etwas programmiert: Mittels einer Pulsuhr wird festgestellt, was wir laufen und wieviel wir uns bewegen. Die Ergebnisse werden von den zuständigen Trainern überprüft und ausgewertet.

flw24: Christoph, Du bist noch jung und hast hoffentlich noch lange Jahre in Deinem jetzigen Beruf vor Dir. Wie sieht die Zukunftsplanung aus? Was kommt nach dem Fußball?

CM: Es gab schon mal den Gedanken, über Fernstudium Sportmanagement zu studieren. Aber das ist momentan ad acta gelegt. Ich bin ja voll beschäftigt.

flw24: Kannst Du Dir vorstellen, einmal im Ausland zu spielen wie Lewis Holtby? Ihr seid ja gute Feunde und fahrt zusammen in Urlaub.

CM: Momentan ist das keine Überlegung.

flw24: Wie ist der Kontakt zur alten Heimat?

CM: Sehr gut. Meine Familie besuche ich, wenn die Zeit es zulässt. Es ist etwas weiter zu fahren als von Schalke. In Kürze treffe ich meine Klassenkameraden, wenn wir unser "Fünfjähriges" Abitur feiern.

flw24: Machen wir zum Abschluss ein bekanntes Spielchen. Kannst Du die Sätze vervollständigen?

CM: Für den 1. FC Köln interessiere ich mich, weil ... er heimatnah ist.

Den Fußball in der Premier League mag ich besonders, ... weil es meistens rauf und runter geht.

Das bisher beste Fußballspiel, das ich als Zuschauer erlebt habe ...war das WM-Spiel 2006 Brasilien - Frankreich.

Das Bundesligaspiel, an das ich mich am liebsten erinnere ...war mein zweites, das gegen Bochum. Da habe ich mein erstes Bundesligator geschossen.

Von den gegenwärtigen Spielern bewundere ich am meisten ...Philipp Lahm, weil er der ballsicherste Spieler der Welt ist.

Die Vorzüge des Fußballprofis sind, ...dass Du jeden Tag Fußball spielen kannst und dazu noch Deinen Lebensunterhalt verdienst.

Die Nachteile liegen darin, ...dass Du während der Saison kaum Freizeit hast.

flw24: Christoph, ich danke Dir für das Gespräch und wünsche Dir sportlich wie privat alles Gute.

Das Gespräch wurde geführt am 17.07.2014 in Mainz.