Wisst ihr noch? Verrücktes Relegationsspiel in Frauenstein

Relegation Gruppenliga Wiesbaden 2011/12

 

In der Vorbereitung zum 3:1 schüttelt Daniel Roßbach (grünes Trikot) alles, was sich in den Weg stellt ab, und passt schließlich zum bereit stehenden Patrick Kolodziejczyk. Fotos: Claus Coester

Torjubel.

Nach dem Abpfiff grenzenloser Jubel im Löhnberger Lager.

06.06.2012 19:30 Uhr - 2. Spieltag

SV Frauenstein - TuS Löhnberg 4:5 (1:3)

Der 6. Juni 2012 wird im Vereinskalender des TUS Löhnberg rot angestrichen. An diesem Tag fährt die Relegationsmannschaft aus dem ehemaligen Oberlahnkreis einen der bedeutendsten Siege der Vereinsgeschichte ein. Dass die Trauben beim Rheingauer Verein SV Frauenstein hoch hängen würden, wusste man. Dass sie aber von einem an diesem Abend hervorragend funktionierenden Team so geerntet würden, hatte niemand für möglich gehalten. Es bedurfte indes eines harten Stücks Arbeit gegen ein mit großer Laufarbeit, hohem Tempo und tollem Passspiel operierendes Team der Gastgeber.

Den Eröffner präsentierte die Elf von Ingo Vermeer in der 2. Minute. Deniz Karaayak feuerte aus halblinker Position auf Benjamin Mengers Gehäuse, der TuS-Keeper, der trotz vier Gegentoren zum Zerberus wurde, parierte mit Bravour, den abgewehrten Ball drosch Karim El Bakkaoui über den Querbalken. Fortuna hatte sich in diesem Augenblick auf die Seite der Oberlahner geschlagen. Den ersten von am Ende vier Blitzen schleuderte Patrick Kolodziejczyk zwei Minuten später. In einem unglaublichen "Kolo-Solo" ließ der schlaksige Stürmer drei seiner Gegner wie Statisten stehen und vollendete flach ins lange Eck. Der Außenseiter hatte früh seine Gefährlichkeit dokumentiert. Das wenig beeindruckte Frauenstein antwortete in der 9. Minute, als Ingo Vermeer abzog, Bejamin Menger konnte nur abklatschen und Tim Mernberger egalisierte.
Zwischen der 20. und 28. Minute buchte Daniel Roßbach die Frauensteiner Bühne für zwei glänzende Soloauftritte. Er hatte offensichtlich mit seinem kongenialen Sturmpartner Kolo ein Abkommen geschlossen, das Letzteren zu einem Hat-Trick verhelfen sollte. Und so kam es. Die eine Vorbereitung war schöner als die andere. Beim 2:1 versetzte Löhnbergs 10 zwei gegnerische Spieler und produzierte einen traumhaften Pass ins halblinke Feld an ohnmächtigen Frauensteiner Defensiven vorbei und Kolo kannte kein Pardon. 
Bei der Vorbereitung zum 3:1 setzte der frühere Wirbelau/Schupbacher aus der eigenen Hälfte zu einem unwiderstehlichen Sololauf über gut und gerne 40 Meter an - Gegenspieler zwar vorhanden, aber von Roßbach zur Passivität verurteilt -, zog nach halbrechts, um aus der Drehung mit Flachpass seinen "Einlocher vom Dienst" zu finden: Kolo hatte keine Mühe einzunetzen. Mit dem Zwei-Tore-Polster ging es in die Kabinen. Im Lager der Frauensteiner war es merklich ruhig geworden, der Löhnberger Anhang war aus dem Häuschen und konnte allmählich zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden.

Dass die Rheingauer mit der 46. Minute eine Generaloffensive starten würden, war zu erwarten. Und gleich fiel der Anschlusstreffer. Ingo Vermeer führte aus halblinker, für einen Rechtsfuß idealer Position (22 Meter) einen Freistoß aus, der sicher einen Abnehmer finden sollte. In Löhnbergs Abwehr verließ sich der eine auf den anderen nach dem Motto "Hinten steht ja auch noch der gute Beni" und schon ging's in die Hose. Vermeers Ball senkte sich ohne Hindernis ins lange Eck - 2:3. Ein "ekelhafter" Ball für alle Torleute. Es gehörte zu den herausragenden Kennzeichen auf Löhnbergs Seite, dass das Team bei jedem Rückschlag immer wieder aus dem drohenden Unheil herausfand und die richtige Antwort gab. Bis die allerdings von Maurice Zochert gegeben wurde, hatte Löhnberg die schwertse Phase zu überstehen. Frauenstein hatte nun Blut geleckt und erhöhte permanent die Schlagzahl. Beonders auffällig bei den Roten nun neben Vermeer der elegante Dribbler Philipp Swars auf der linken Seite, der eingewechselte Maximilian Gossner und Deniz Karaayak. In der 59. und 60. Minute musste Maurice Zochert zweimal das drohende Feuer löschen. Inzwischen war für den angeschlagenen Daniel Roßbach (Zweimampf mit Ingo Vermeer) Sascha Reitz auf dem Spielfeld.
Beim 20-Meter-Freistoß, den Sascha Theis ausführte, hielt Löhnberg den Atem an., bevor Maurice Zochert seinen Freistoß aus 22 Metern halblinker Position ins lange Eck zimmerte. Wieder war der Zwei-Tore-Vorsprung für die Gäste hergestellt. In den nächsten Minuten stand Benjamin Menger im Fokus: Kontrolle eines tückischen Flachschusses von Deniz Karaayak im Nachfassen, dann Fußabwehr gegen ein Geschoss des selben Akteurs. Dazwischen wäre Kolo beinahe das 5:2 gelungen, aber die Volleyabnahme ging hoch über den Kasten. Auf der Gegenseite prüfte Philipp Swars mit Flachschuss den Löhnberg-Keeper, der seine Klasse unter Beweis stellte. Einen Entlastungsangriff nutzte abermals Kolo mit seinem Schuss zum 5:3, eine Minute später verkürzte Sascha Theis erneut. Mit dem Glück des Tüchtigen überstand Löhnberg in den letzten 10 Minuten wütende Angriffe der Frauensteiner. Mariusz Komorek & Co klärten alles mit Kopf und Fuß oder als letzte Instanz bereinigte Benjamin Menger. Glück für Löhnberg, dass Deniz Karaayak sich in der 88. Minute allein vor Menger keine Ecke aussuchte, sondern die Kugel in die Arme des Keepers schoss.

Dann pfiff der souveräne Spielleiter 90 Minuten mehr als attraktiven Fußballs ab. Die dabei gewesen sind, werden den Abend nicht vergessen. Frauenstein kann man nicht den Vorwurf machen, schwach gespielt zu haben. Vielmehr muss man bewundernd festhalten, dass die Mannschaft nach jedem Rückschlag, der wie ein Keulenschlag durch eine heute überragende Gästemannschaft wirken musste, die über sich hinaus wuchs, immer wieder aufgestanden ist, um heran zu kommen.

Löhnberg bot eine geschlossene Mannschaftsleistung, aus der man selbstredend den Schützenkönig des Abends, Patrick Kolodziejczyk, und den glänzenden Vorbereiter Daniel Roßbach sowie den tadellosen Keeper Benjamin Menger hervorheben muss, ohne die engagierte und aufopferungsvolle Leistung der übrigen Teamplayer zu schmälern.

Fazit des Löhnberger Trainers Jürgen Schuster:"Wir können uns jetzt über einen großen Sieg freuen. Das ist der Lohn für eine erfolgreiche Arbeit in dieser Saison. Ich möchte die Leistung des ganzen Teams würdigen. Jetzt holen wir erst einmal Luft. Wenn wir am Sonntag gegen Bierstadt 1000 Zuschauer hätten, wäre das eine tolle Belohnung für die Mannschaft."

Dem ist nichts hinzuzufügen.

SV Frauenstein: Ferreira, Swars, Carrera, Hoch, Mantel, Schmid (36. Podhumljak), El Bakkaoui (36. Theis), Karaayak, Röther, Mernberger (68. Gossner), Vermeer, Brück, Fiedler (79. Dick), 

TuS Löhnberg: Menger, Komorek, V. Pflaum, Zochert, Bördner, Hänsel (87. Zocha), Kolodziejczyk, Roßbach (60. Reitz), C. Kiyak

Tore: 0:1 Kolodziejczyk (4.), 1:1 Mernberger (8.), 1:2 Kolodziejczyk (22.), 1:3 Kolodziejczyk (27.), 2:3 Vermeer (48.), 2:4 Zochert (65.), 3:4 Gossner 73.), 3:5 Kolodziejczyk (75.), 4:5 Theis (76.)

Schiedsrichter: Lukas Nöh (Breitscheid) 1. Assistent: Thomas Möller // 2. Assistent: Kevin Maximilian Bechtum

Zuschauer: 470.

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Von Spielbeobachter Kurt Kaulbach:

Torefilm:

  • 0:1 Kolodziejczyk (4.) - Patrick „Kolo“ erobert links am Strafraum den Ball, umspielt noch einen Gegner bevor er flach in die rechte lange Ecke verwandelt.
  • 1:1 Mernberger (8.) - Nach einer schönen Kombination schießt Ingo Vermeer aus 18 Metern flach als Aufsetzer in die rechte Ecke, TW Benjamin Menger wehrt ab, Tim Mernberger trifft mit dem Nachschuss.
  • 1:2 Kolodziejczyk (24.) - Nach einem Konter passt Daniel Rossbach wunderbar diagonal nach links ins „Gässchen“ zu „Kolo“, der am herauslaufenden Torwart Lucas Ferreira vorbei einschiebt.
  • 1:3 Kolodziejczyk (28.) - Der überragende Roßbach zieht mit dem Ball von der Mittellinie über die rechte Seite los, spielt am Strafraum einen Querpaß nach links auf „Kolo“, der flach ins rechte Eck trifft.

- Pause -

  • 2:3 Vermeer (48.) - Spielertrainer Vermeer, Techniker und Regisseur vom SV Frauenstein, knallt einen Freistoß aus 20 m, halblinke Position an Freund und Feind vorbei in die rechte Ecke.
  • 2:4 Zochert (65.) - Freistoß für Löhnberg. Sehr wichtiges, herrliches Tor durch Maurice Zochert. Aus 17 m schießend, trifft er angeschnitten an der Mauer vorbei, präzise in den rechten, oberen Torwinkel.
  • 3:4 Gossner (73.) - Der 6 Minuten zuvor eingewechselte Maximilian Gossner sorgt für den Anschluss und lässt die Männer von der „Bodenwaage“ wieder hoffen. Die TuS-Fans bangen um ihr Team.
  • 3:5 Kolodziejczyk (75.) - Auch ohne seinen verletzten Partner Roßbach zeigt sich „Kolo“ stark. Nach einem Dribbling rechts an der Strafraumlinie zieht er flach ab. Das Runde fliegt in das lange Eck zum 3:5.
  • 4:5 Theis (76.) - Wenige Sekunden später kommt Sascha Theis nach mehreren Abwehrversuchen des TuS ans Leder und trifft aus 20 m flach in die linke Torecke (Perspektive TW). 17 Minuten lang stürmt der SVF weiter an.

- Ende -

Spielverlauf:

Blitzstart vom SVF, bereits in der 3. Minute wird eine klare Torchance vergeben, als Menger abwehrt und der Nachschuss über die Querlatte fliegt. In der 17. Minute wieder eine tolle Chance vom SV die nicht genutzt wird. Der erfolgreiche Nachschuss landet im Tor. Abseits wird vom sehr guten Referee gepfiffen. Frauenstein hatte bereits in Hälfte 1 ca. 60% Spielanteile, später noch mehr. Ingo Vermeer war trotz der Sonderbewachung von Rene Fiedler selten zu bremsen. Sehr gut funktionierte die Taktik von Trainer Jürgen Schuster (TuS Löhnberg). Viererkette hinten, vier Spieler davor, die an der Mittellinie anfingen, das Spiel von Frauenstein zu stören. Die Konter über die schnellen Spitzen waren der Schlüssel zum Erfolg. - In der 51. Minute wurde Löhnberg durch die Verletzung von Roßbach erheblich geschwächt (Austausch, 60. Minute). Glück für den TuS, in der 62. Minute als Theis mit einer Freistoßgranate aus 30 m nur um wenige Zentimeter das linke, obere Toreck verfehlte. Der Gastgeber hatte oft viel Pech bei seinen vielen Tormöglichkeiten. Eine Superchance zum 2:5 läßt „Kolo“ aus, als er in der 70. Minute hoch über das Tor feuert. Gezittert wird bei Löhnberg noch einmal in der Schlussminute (93.). Der Freistoß von Vermeer zischt aber flach am linken Pfosten vorbei. Anschließend jubeln die Gäste und feiern!